PJ-Tertial Chirurgie in Harzklinikum (11/2021 bis 3/2022)
Station(en)
Gefäß- & Allgemein/Viszeralchirurgie
Einsatzbereiche
Diagnostik
Heimatuni
Magdeburg
Kommentar
Ich bin nach WR gegangen, um mein Pflichttertial Chirurgie "abzusitzen", mit dem größten Respekt und einer Menge Vorurteile aufgrund der Gruselgeschichten, die sich rund um's chirurgische PJ im Allgemeinen (nicht auf WR bezogen) ranken. Nach vier Monaten kann ich sagen, dass ich mir nicht nur vorstellen kann, Chirurgin zu werden, sondern auch in WR anzufangen. An dieser Stelle mein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass es hier KEINE Unfallchirurgie mehr gibt!!!
Wir wurden am ersten Tag mit den Worten "Alles kann, nichts muss" begrüßt. Und nichts könnte die letzten vier Monate besser zusammenfassen... :)
Gefäß:
Die ersten 8 Wochen war ich auf der Gefäßchirurgie. Als ich kam, waren wir Corona-bedingt leider sehr unterbesetzt. Trotzdem haben sich die wenigen anwesenden Ärzte immer die Zeit genommen mir ausführlich alles zu erklären. Ich konnte trotz allem Chaos immer um Hilfe beten, auch für missglückte Flexülen oder Blutentnahmen habe ich nie Unverständnis oder Verärgerung erlebt. Meine Tage bestanden aus Aufnahmen der Patienten (stationär, über die ZNA sowie die Ambulanz), Blutentnahmen, Flexülen, Briefe schreiben und Verbandswechsel jeder Art. Da ebenfalls Corona bedingt eher weniger OPs stattgefunden haben, war ich nur circa 1x wöchentlich im OP. Für die PJler, die nach mir auf Gefäß waren, gab es im OP etwas mehr zu tun. Bei OPs zuzusehen, war immer gerne gesehen. Das Pflegepersonal hat mir immer geholfen, wenn gerade die Ärzte im OP waren, haben mich zu den Verbandswechseln mitgenommen und angeleitet. Mit etwas Eigeninteresse und Engagement habe ich mir auch einige PTAs mit angesehen und habe die Ärzte zu Konsilen begleitet, was auch immer spannend und lehrreich war.
Viszeral:
Anschließend war ich 5 Wochen auf der Viszeralchirurgie eingeteilt. Hier bekommt man ein eigenes Telefon, so dass man z.B. immer angerufen werden kann, wenn im OP noch eine Assistenz gesucht wird oder es etwas Spannendes zu sehen gibt. Im Umkehrschluss musste man auch niemanden suchen, sondern konnte jederzeit immer telefonisch nachfragen. Auch hier bestand mein Tag aus Patientenaufnahmen, Blutentnahmen, Flexülen und Briefen. Da es weniger aufwendige Verbände gab, war ich etwas häufiger im OP oder habe mich mit in die Sprechstunden gesetzt. Je nach aktuellen Coronazahlen gab es mal mehr, mal weniger zu tun. Im OP war ich mehrmals die Woche, an manchen Tagen auch die kompletten 8h. Beeindruckend auf dieser Station ist das herzliche Verhältnis zu den Schwestern und die flachen Hierarchien. Alle Ärzte haben sich zum Teil für Stunden jede Woche Zeit genommen, um Krankheitsbilder, Diagnosen, Codierungen, Patientenfällen... zu besprechen. Sobald man im OP war, durfte man mit an den Tisch und einiges selber machen, wie nähen und knüpfen. Hierbei sind mir alle mit größter Geduld begegnet, obwohl ich keinerlei Erfahrungen hatte. Wenn eine Naht ewig gedauert hat, haben alle entspannt gewartet. Gegen Ende durfte ich sogar als Operateur einen eigenen Abszess ausschneiden. Mit einem der Oberärzte haben wir für uns chirurgische PJler auch einen kleinen Sono Abdomen Kurs organisiert, sowie mit Schweinefüßen verschiedene Nähte geübt.
ZNA:
Meine letzten beiden Wochen habe ich in der ZNA verbracht. Hier gibt es leider immer weniger unfallchirurgisches zu sehen, aber man konnte trotzdem je nach diensthabendem Arzte eine Menge mitarbeiten und das Gelernte der letzten Wochen anwenden. In ruhigeren Phasen habe ich mir dann auch gerne den ein oder anderen internistischen oder neurologischen Patienten mit angesehen.
Ich bin auch einige Mal mit einem der PJ-Beauftragen auf dem NEF mitgefahren, für den es dann einen Einsatzpieper gab. Im Auto haben wir dann besprochen, was mir hätte auffallen sollen, was man diagnostisch/therapeutisch noch hätte machen können und wie es mit den Patienten im Anschluss weitergehen sollte.
Pro's:
- 630€, Unterkünfte, 3 Mahlzeiten täglich kostenlos, Kleidung und kostenlose Parkplätze.
- Respektvoller, wertschätzender Umgang mit uns PJlern, egal von welchem Fachbereich aus. Auf der ITS haben auch die Internisten oder Anästhesisten gerne mal etwas gezeigt und erklärt.
- Viele (!!!) unglaublich (!!!) engagierte (!!!) Ärzte, die mit Leidenschaft erklären und anleiten, ermutigen und ausbilden. Chef- und Oberärzte, die allen auf Augenhöhe begegnen, der Bitte nach Studientagen und freien Tagen nachkommen, Assistenzärzte, die immer erreichbar sind und sich in alle Aufgaben mit mir reingeteilt haben.
- Ein im Vergleich zu anderen Häusern traumhaft kurzer Arbeitstag (8-9h). Die Visite beginnt um 7. Die Abschlussbesprechung ist 15 Uhr.
- Keine Pflichtdienste, aber vergütete, falls gewollt (für 35€ pro Tag).
Con's:
- Ohne Vorwarnung wurde uns gegen Ende das Gehalt gekürzt. Nur aufgrund des Engagements einiger PJler und den zusätzlichen Anrufen unserer PJ-Beauftragten in der Personalabteilung kam zumindest mal etwas Bewegung in die Problematik.
- In der Chirurgie gab es bei uns noch 6 Plätze für PJler, was bei 2 chirurgischen Stationen mit derart wenigen Betten eine Katastrophe ist. Wir standen uns zum Teil auf den Füßen herum und mussten aktiv nach Arbeit suchen. Auch von Seiten der Ärzte wünscht man sich weniger PJler, damit eben jener, von mir sehr geschätzter 1-zu-1-Unterricht in einer guten Qualität möglich ist. Hier haben sich die Ärzte wirklich sehr für uns eingesetzt.
- Während November/Dezember ist jeder PJ-Unterricht ausgefallen. Meist haben wir die Verantwortlichen selbst an die zugesagten Termine erinnern müssen. Haben z.T. 30min in Räumen gewartet, bis jemand dann mal Bescheid gesagt hat, dass der Unterricht ausfällt. Im neuen Jahr sind wir plötzlich mit Angeboten überschüttet wurden. Teilweise hatten wir zwei Mal wöchentlich dann Seminare (zu Beatmungsformen, Reanimation, Leichenschau, diabetischen Notfällen, Sono der Gefäße) neben den regulären Terminen. Ich empfehle hier, je nach persönlichen Interessen einfach die Oberärzte aller Stationen anzusprechen, und dann eher kurzfristige Termine auszumachen, als sich auf die ein Jahr im Voraus geplanten Termine zu verlassen.