Das Pflichttertial im Bereich Chirurgie wird am Juliusspital in Würzburg in zwei Abschnitte mit einer Dauer von jeweils 8 Wochen unterteilt.
In diesem Abschnitt wird über den Bereich Allgemeinchirurgie berichtet.
Wie sich in den Noten bereits widerspiegelt, kann ich mit Ausnahme der reichlich zur Verfügung stehenden Freizeit, leider wenig positives über meine 8-wöchige Rotation im Bereich der Allgemeinchirurgie berichten.
Station:
Es wird grundsätzlich erwartet, dass die morgendliche Visite stets von mindestens einem PJ-Studierenden begleitet wird. Das Tätigkeitsfeld des Studierenden während dieser Visite lässt sich allerdings mit wenigen Worten zusammenfassen. Die Hauptaufgabe des Studierenden besteht im Öffnen und Schließen der Tür zum Patientenzimmer. Gelegentlich dürfen, abhängig vom jeweiligen Assistenzarzt bzw. der jeweiligen Assistenzärztin, Drainagen gezogen und Pflaster aufgeklebt werden. Eine fachliche Einbindung der Studierenden in den Behandlungsplan des jeweiligen Patienten fand grundsätzlich nicht statt. Fragen wurden aufs Spärlichste beantwortet. Das Dokumentieren des bei Visite Besprochenen, oder eine mögliche Betreuung von einzelnen Patienten stand leider nie zur Debatte.
Auf die Nachfrage bzgl. der Möglichkeit sich am Schreiben von Arztbriefen zu beteiligen, erfolgen von nahezu allen Assistenzärzten und Assistenzärztinnen unisono die Aussagen: "Da gibt es nicht wirklich was zu tun", "Bis ich dir das erklärt habe, habe ich es auch selbst gemacht", "Das muss man im PJ nicht wirklich lernen".
Station (Kontakt zur Pflege):
Die Kommunikation zwischen Pflege und PJ-Studierenden im stationären Bereich, besteht im Wesentlichen aus Anrufen seitens der Pflege, mit der Nachfrage nach Blutentnahmen und neu zu legenden PVK´s. Während der Visite findet eigentlich keine Kommunikation statt.
OP:
Zentrale Aufgabe der PJ-Studierenden des Hauses ist es, die 2. oder 3. Assistenz bei anstehenden Operationen zu stellen. Grundsätzlich ist die Kommunikation mit den PJ-Studierenden während den Operationen auf ein Minimum begrenzt. Einige wenige Oberärzte und Oberärztinnen versuchen zumindest theoretisches Wissen während der Operationen zu vermitteln. Das Erlernen praktischer Fähigkeiten (bspw. Hautnaht, Subkutannaht, Führen der Kamera bei laparoskopischen Eingriffen, etc.) ist offenbar nicht vorgesehen. Grundsätzlich drängt sich im operativen Bereich der Eindruck auf, dass die PJ-Studierenden lediglich kostengünstige Arbeitskräfte sind und auch als solche angesehen und behandelt werden.
OP (Kontakt zur OP-Pflege und zur operationstechnischen Assistenz):
Die grundlegende Empfehlung für künftige PJ-Studierende gleich vorweg: Es empfiehlt sich, sich bei jedem einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterin der OP-Pflege ausdrücklich persönlich und wenn nötig mehrmals vorzustellen. Erfolgt dies nicht, ist mit keinem kollegialen Verhältnis während des gesamten PJ´s zu rechnen. Hier bilden selbstverständlich einige wenige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Ausnahme, zu denen ein freundliches und kollegiales Verhältnis möglich war.
Man sollte des weiteren bei jeder OP einige Minuten vorher im Saal sein, um seine Handschuhe in der passenden Größe aus dem Schrank zu holen und dem/der Instrumentierenden steril anzureichen. Entgegen gängiger Praxis in vielen anderen Häusern, werden im OP des Juliusspital zwar allen bereits steril am Tisch stehenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Handschuhe entsprechend vorbereitet, als PJ-Studierender hat man mit einer solch kollegialen Geste allerdings nicht zu rechnen. Auch nachdem man sich während seiner gesamten Zeit professionell und aufmerksam präsentiert hatte, wurde man auch an den letzten Arbeitstagen immer noch mit süffisantem Unterton darüber belehrt wie man "nichts unsteril macht" und "seine Hände anständig vor dem Körper hält".
Notaufnahme:
Es wird jedem PJ-Studierenden grundsätzlich die Möglichkeit einer einwöchigen Rotation in den Bereich der Notaufnahme ermöglicht. Diese Woche stellt in der Lernkurve des PJ-Tertials im Bereich der Allgemeinchirurgie den mit Abstand steilsten Anstieg dar. In der Notaufnahme wird einem die Möglichkeit geboten, eigenständig Patienten zu untersuchen, die getätigten Untersuchungen zu dokumentieren und diese im Anschluss mit Assistenzärzten und Assistenzärztinnen, sowie ggf. zuständigen Oberärzten und Oberärztinnen zu besprechen. Auch Dienste sind im Bereich der Notaufnahme möglich und gerne gesehen. Zusammenfassend betrachtet, wird es im Bereich der Notaufnahme tatsächlich ermöglicht, dem eigentlichen Kern des PRAKTISCHEN Jahres nachzukommen.
Fortbildungen:
Prinzipiell ist es vorgesehen, dass einmalig pro Woche eine Fortbildung für PJ-Studierende stattfindet. Diese wird sowohl von unfallchirurgischer, wie auch von allgemeinchirurgischer Seite betreut. Die Qualität der Fortbildung ist allerdings stark abhängig von der Motivation des zuständigen Arztes bzw. der zuständigen Ärztin. In der Regel bekommt man innerhalb von maximal 45 Minuten (meisten allerdings eher 30 Minuten), den favorisierten Bereich des jeweiligen Dozenten bzw. der jeweiligen Dozentin vorgestellt. Einige Dozenten machen sich allerdings auch die Mühe und bereiten Fallbesprechungen vor, die dann interaktiv unter Mitarbeit der PJ-Studierenden gestaltet werden. Dies blieb allerdings eher die Ausnahme und weniger die Regel.
Freizeit:
Die Freizeitgestaltung ist der zentrale positive Punkt des Tertials am Juliusspital. Da einem ein Studientag pro Woche gewährt wird und die Einteilung dieses Tages durch die PJ-Studierenden selbst erfolgt, bleibt mehr als genug Freizeit zur Verfügung.
Fazit:
Die anfängliche hohe Motivation und Lernbereitschaft, wurden leider relativ zeitnah durch Unzufriedenheit und Resignation ersetzt. Eine proaktive Bereitschaft bzgl. des Vermittelns von theoretischen und insbesondere praktischen, medizinischen Fähigkeiten seitens der Ärzteschaft war leider nur einigen wenigen Einzelfällen festzustellen. Eine Möglichkeit des Umgangs mit dieser Situation, die durch Argumente wie "mein PJ war auch nicht besser" untermauert wird, ist das fokussieren auf den positiven Freizeitaspekt.