Ich hatte von Anfang an kein Interesse daran chirurgisch tätig zu werden, aber hatte mir dennoch erhofft, an chirurgische Krankheitsbilder herangeführt zu werden und theoretisches Wissen aus dem Tertial mitzunehmen. Insgesamt war das Tertial (Zum Glück nur ein halbes) von Anfang bis Ende ein kompletter Reinfall. Die Pflege ist unfreundlich und faul, sodass ihr einen großen Teil der pflegerischen Arbeit wie Botengänge, Abstriche und Pflasterwechsel übernehmen müsst. Dabei könnt ihr so freundlich sein wie ihr wollt, mehr als hohle Blicke werden euch sicherlich nicht entgegnet. Die Ärzte sind noch eine Nummer härter. Am Anfang dachte ich, dass die alle super nett und motiviert sind uns was beizubringen, aber das war eine absolute Fehleinschätzung. Ihr werdet ausschließlich von anderen PJlern mehr schlecht als recht eingearbeitet, da die Assistenten lieber im Arztzimmer sitzen und z.B. stundenlang bei klassischer Musik genüsslich ihr Mittagessen konsumieren. Das ist daher möglich, da die Ärzte sich dank der PJler weder um Aufnahmen, noch um BEs und Zugänge oder Wunden kümmern müssen, sofern diese z.B. nicht infiziert sind. Auch das herumtelefonieren ist euer Job, also bleibt tatsächlich relativ wenig Stationsarbeit für die Ärzte übrig. Welch Luxus! Dankbar ist euch aber niemand, stattdessen werdet ihr permanent angezickt von hysterischen und zickigen Ärztinnen. Bei Visite geht ihr eigentlich nur mit um aufzuschreiben, bei wem ein VW stattfinden soll (Es heißt Verbandswechsel, aber eigentlich dürft ihr nur Pflaster kleben) oder wer seine Redon gezogen bekommen soll. Erklärt wird meistens nicht mal was, wenn man nachfragt und Interesse zeigt. Fairerweise muss man sagen, dass alle Assistenten im OP gerne was erklären, oder einen nähen lassen, aber da die Chirurgie nicht nur aus dem OP besteht, sondern auch aus Symptomerkennung und Diagnostik, ist es für jemanden wie mich, der wenig Interesse am OP hat eher unwahrscheinlich, dass man was lernt. Euch werden die Ärzte auch immer wieder sagen, dass Ihr euch zu Ihnen setzten sollt, damit sie einem was erklären, aber wenn man jedes mal beim Betreten des Arztzimmers ignoriert wird oder das Gefühl bekommt zu stören, hält sich die Motivation doch eher gering. Dafür bekommt ihr umso mehr das Gefühl vermittelt, dass ihr faul seid, wenn ihr nicht gerne 24/7 im OP stehen wollt, um dort regelmäßig von einem gewissen OA (Liebe Grüße an Dr. M. W.) angepöbelt zu werden. Ich weiß gar nicht was ich peinlicher finde: Die Tatsache, dass er permanent rumschreit und seine Inkompetenz dadurch zur Schau stellt oder die Tatsache, dass die Assistenten ihre Würde vergraben und sich alles kleinlaut gefallen lassen. Die restlichen OÄ sind allerdings ganz nett und erklären euch im OP das ein oder andere. Auch der Chef ist sehr nett, wenn er euch denn mal wahrnimmt.
Die Wochenenddienste sind ein weiterer Kritikpunkt, aber diese wurden kürzlich erst abgeschafft.
Die einzigen positiven Dinge am Tertial sind der PJ-Unterricht, dass man nicht von morgens bis abends im OP stehen muss und immer mindestens einer früher gehen kann, da man nach 12 Uhr sehr wenig zu tun hat und es ausreicht wenn 1-2 Leute bis zur Röntgenbesprechung um 15:30 Uhr bleiben. An dieser müsst ihr eigentlich nur teilnehmen, damit ihr schnell sprinten könnt, falls die Pflege anruft und einen Zugang benötigt. Erklärt wird euch selbstverständlich auch hier nichts. Eure Aufgabe ist es lediglich schweigend in der hintersten Ecke zu sitzen und Hirnzellen absterben zu lassen.
Wer gern im OP steht oder null Ansprüche hat was zu lernen und sich darüber freut nicht allzu lange zu bleiben, ist im Marien sicherlich sehr gut aufgehoben. Ich bin mir auch sicher, dass der Umgang mit PJlern, die für den OP brennen ein anderer ist und man daher eine coole Zeit haben kann. Ansonsten würde ich die Finger davon lassen.