Ich habe mein Chirurgie-Pflichttertial komplett (16 Wochen) in der Unfallchirurgie in Gera absolviert und mir hat es dort so gut gefallen, dass ich nur schweren Herzens gegangen bin. Ich möchte außerdem noch erwähnen, dass ich dort auch gerne angefangen hätte, wenn es nicht so weit von meiner ursprünglichen Heimat weg wäre.
Persönlich fand ich das gesamte Ärzte-Team außergewöhnlich nett, sodass ich mich schnell und gut eingelebt habe. Die Hierarchien sind weitestgehend recht flach und es herrscht eine tolle Atmosphäre auf Station und meistens auch im OP. Ich habe mich ziemlich schnell als Teil des Teams gefühlt und hatte einen tollen kollegialen bis sogar freundschaftlichen Umgang mit den Ärzten. Alle waren sehr offen, man konnte jederzeit allen Fragen stellen und sie haben einem gerne was erklärt.
Auch die Arbeit mit der Pflege war weitestgehend gut, leider gab es aber auch einige wenige Pflegekräfte, denen man vielleicht lieber eher etwas aus dem Weg gegangen ist.
Außerdem gibt es noch Frau Schröder, die Chefarztsekretärin. Sie ist die gute Seele des Teams und hat den Laden fest im Griff. Sie ist wirklich top und versetzt einen immer wieder in gute Stimmung und Laune. Am ersten Tag gibt sie eine super Einführung mit kleinem Infoheft und man konnte auch danach immer mit allen Problemen zu ihr kommen. Sie hatte immer ein offenes Ohr und motivierende Worte parat - und hätten wir alle nicht arbeiten müssen, wäre da vielleicht auch mal das ein oder andere Kaffeekränzchen entstanden 😉. Aber auch Kritik konnte man bei ihr loswerden, die dann auch ernstgenommen wurde und zeitnah (teilweise noch am selben Tag) hat man schon die beginnende Umsetzung gemerkt. Sie hat es auch immer geschafft bei persönlichen Anliegen, Studientagen o.ä. mit einem zusammen eine möglichst unkomplizierte und gute Lösung zu finden. Sie ist ein super Ansprechpartner, für alles, was einem so während des Tertials auf der Seele brennt. Organisatorisch und menschlich absolut spitze! Ich vermisse sie jetzt schon!
Ablauf:
Der Tag beginnt um 6.55 Uhr mit der Röntgenbesprechung. Danach geht es zur Visite. Die Station ist in einen vorderen und einen hinteren Bereich geteilt. Da wir zu jeder Zeit 2-4 PJ-ler waren, waren wir den Bereichen fest zugeteilt - haben uns aber natürlich auch immer gegenseitig ausgeholfen und unterstützt. 1x pro Woche war Chefarztvisite (dienstags vorne, mittwochs hinten). Auf Station gibt es pro Bereich 2-3 feste Stationsärzte, bestehend aus Assistenz-, Fach- u/o (Funktions-)Oberärzten, sodass man i.d.R. immer mind. 1-3 Fachärzte als Ansprechpartner auf Station hat. Nach Visite stehen wie üblich Blutentnahmen, Flexülen legen sowie Verbandswechsel an. Die Blutentnahmen halten sich meist recht in Grenzen und umfassen neben dem Routinelabor selten auch mal Blutkulturen. Flexülen gehörten auch nicht unbedingt zu den täglichen Aufgaben (wie auf der Inneren), aber es gab doch genug, dass jeder PJ-ler seine Routine und Übung finden konnte. Die Verbandswechsel und Drainagewechsel/-zug werden – nach einigen supervisierten – meist komplett eigenständig durchgeführt und auch dokumentiert. Bei Auffälligkeiten konnte man natürlich immer einen der Stationsärzte dazu bitten (Tipp: es lohnt sich, immer eine gute Verbandsschere dabei zu haben 😉 - auch schon bei Visite). In Absprache/im Auftrag macht man ab und zu auch Labor-/Radiologie- oder Konsilanforderungen. Einen PC auf Station konnte man meist nutzen um Labore, Röntgen-/CT-/MRT-Bilder anzuschauen oder Arztbriefe zu schreiben.
Im OP wird man fest mit eingeplant und dann i.d.R. angerufen (ja, es gibt 1 PJ-ler Telefon - welches man dann ggf. rumreicht, sobald man in den OP geht); zum 1. Punkt sollte man 7.45 im OP sein. Je nach Operateur darf man vom klassischen Haken halten und Tupfen/Saugen, auch mal Bohren, Schrauben, Knüpfen u/o Nähen. Manchmal lohnt es sich auch, etwas Eigeninitiative zu zeigen und um manches zu bitten. Auch von der OP-Pflege sind wirklich alle freundlich und hilfsbereit. Anders als vielleicht im Studium oft erlebt, macht man in diesen OP-Sälen mit seinen Blicken nicht gleich alles unsteril – und sollte man sich doch mal versehentlich der steril-unsteril Grenze nähern, wird man freundlich darauf hingewiesen und nicht angemeckert. Großes Lob und Dank an Trauma-Schwester Kerstin, mit der das Operieren immer besonders viel Spaß gemacht hat! Man kann natürlich auch sonst immer mit in den OP zum Zuschauen, wenn die Stationsarbeit soweit erledigt oder durch andere PJ-ler abgedeckt wird.
Sollte auf Station mal nichts los sein kann man eigentlich auch immer mit in die Rettungsstelle. Manchmal wird man auch bei spannenden Fällen oder zur Versorgung von Platz- und Schnittwunden angerufen.
Um 15.00 Uhr endet der Arbeitstag dann noch mit der Dienstübergabe bzw. Mittagsbesprechung (ca. 15 Uhr). Zum (gemeinsamen) Mittagessen hat man eigentlich auch immer Zeit (kam nur wenige Male vor, dass ich nicht zum Essen kam).
Dienste:
Es gibt die Möglichkeit an Diensten in gewissem Maß teilzunehmen, natürlich mit kompensatorischem Frei. Ich persönlich habe bei einigen Diensten mitgemacht, denn hier hat man nochmal tolle Möglichkeiten in der Rettungsstelle auch selbstständig Patienten zu untersuchen und versorgen oder mit in den OP zu gehen. Auf Station hängt ein Dienstplan, sodass man sich am besten mit einem der Ärzte abstimmen kann, mit dem man sich gut versteht/viel zu tun hat.
Außerdem kann man sich auch mal in den Spezialsprechstunden in der Ambulanz nach Absprache mit dem jeweiligen OA dazugesellen.
Neben der Klinik für Unfall- und Handchirurgie gibt es eine eigenständige Klinik für Orthopädie sowie eine für Neuro-/Wirbelsäulenchirurgie. Es besteht natürlich die Option dorthin zu rotieren, was ich persönlich allerdings nicht in Anspruch genommen habe.
Die PJ-Seminare fanden bis auf 1-2 Ausnahmen alle statt und waren auch zum großen Teil wirklich interessant und praxisnah und teilweise sogar am Patienten. Ein Seminarplan für den nächsten Monat kam rechtzeitig von der Personalabteilung per Mail.
Zusätzlich gab es einen Abdomen-Sono-Grundkurs von Prof. Will, den wir PJ-ler gerne angenommen haben. Die Vernetzung der PJ-ler lohnt sich hier also durchaus.
Organisatorisches:
Vor Tertialbeginn bekommt ihr rechtzeitig von der Personalabteilung Post mit allen nötigen Informationen. Der Ablauf und die Einarbeitung waren sehr gut organisiert. Die Unfallchirurgie ist sehr beliebt, daher lohnt es sich eine Mail nach Buchung auf dem PJ-Portal mit Screenshot/PDF der Buchungsbestätigung mit Info und Abteilungswunsch zu senden, um einen sicheren Platz in der Unfallchirurgie zu ergattern. Am besten informiert ihr euch bei der Kontaktmesse der Fachschaft noch einmal, wer hier der aktuelle Ansprechpartner ist (von SRH gibt's auch i.d.R. ein Gewinnspiel mit tollen Preisen 😉).
COVID-bedingt waren die OP-Kapazitäten teilweise leider eingeschränkt, sodass 3-4 PJ-ler definitiv zu viel waren. Laut älteren Berichten durfte man irgendwann auch eigene kleine Metallentfernungen durchführen – dies war bei uns leider aufgrund verschiedener Umstände nicht möglich, wofür sich der PJ-Verantwortlich OA Fischer aber auch mehrfach bei uns entschuldigt hat. Alles in allem war es trotzdem ein wirklich tolles Tertial!
Großes Dankeschön nochmal an das Team, ich vermisse euch jetzt schon <3