Ich habe mich aufgrund der vielen positiven Bewertungen für ein Innere-Tertial in Schwalmstadt entschieden. Meine Erwartungen wurden auf jeden Fall bestätigt und ich kann das Tertial sehr weiterempfehlen.
Die Klinik in Schwalmstadt ist ein eher kleines übersichtliches Haus, das aber medizinisch einiges abdeckt. Aufgrund der größeren Entfernung zu den nächsten Maximalversorgern werden hier viele Notfälle behandelt. Die Innere hat ihre Schwerpunkte in Kardio, Gastro, Intensiv- und Notfallmedizin.
Am ersten Tag wurden wir von einer Assistenzärztin (die PJ-Beauftragte war nicht im Haus) am Haupteingang abgeholt und man kümmert sich um die Schlüsselkarte, den Orbis/PC-Zugang und andere organisatorische Sachen. Wir waren insgesamt 5 PJler (4 neue und eine aus der vorherigen Rotation). In Schwalmstadt erhält man einen Rotationsplan. Dieser beinhaltet jeweils eine Woche Kardio-Funktion/HKL, Elektrophysiologie/HKL, Gastro-Funktion, 3 Wochen Notaufnahme, 3 Wochen Intensiv und etwa 6 Wochen Normalstation. In der letzten Woche kann man sich aussuchen, wo man hingeht. Mir hat der Plan sehr gut gefallen, da man überall mal reinschauen konnte und alle PJler gut verteilt waren. Man stand sich so nicht auf den Füßen und man musste such auch nicht um die "guten" Bereiche streiten.
Der Dienst beginnt jeden morgen um 7:45 Uhr mit der Frühbesprechung. Wenn man in der PJ-WG wohnt, kann man also sehr lange schlafen, da man von der Haustür bis zum Besprechungsraum etwa 3 Minuten braucht. In der Frühbesprechung werden vor allem die Aufnahmen der letzte Nacht sowie die Belegung der Stationen besprochen.
Um 13:15 Uhr ist dann wieder Mittagsbesprechung. Dort werden die Entlassungen und Aufnahmen besprochen. Außerdem kommt ein Radiologe dazu und es werden alle Röntgenbilder demonstriert. Feierabend ist offiziell um 16:15 Uhr, man kann aber öfter auch mal früher gehen.
Vor der Mittagsbesprechung hat man eigentlich immer Zeit etwas essen zu gehen. Das Mittagessen in der Cafeteria ist für PJler kostenlos und in der Regel völlig in Ordnung. Es gibt immer eine vegetarische Option. Etwa alle zwei Wochen bestellt die ganze Abteilung zusammen etwas zu Essen (Es gilt in der Regel das Motto: PJler zahlen nichts). Mir ist besonders positiv aufgefallen, dass überall im Haus Wasserkästen stehen, an denen man sich bedienen darf. Auch für Kaffee ist gesorgt, man findet recht schnell die guten Vollautomaten.
Das Team der Inneren ist sehr nett und jung. Viele Assistenten sind sehr motiviert und man kann einiges von ihnen lernen. Mit vielen habe ich mich auch persönlich sehr gut verstanden. Wenn man motiviert ist, kann man recht selbstständig arbeiten. Zu meinem Tertial gab es recht viele neue Assistenten, die sich natürlich auch erstmal zurecht finden mussten. Das war in der Regel auch kein Problem, da man dann einfach zusammen versucht hat, Probleme/Aufgaben zu bewältigen. Zu den Oberärzten/Chefärzten hat man viel Kontakt in den Funktionsbereichen. Der Umgang ist größtenteils sehr locker und alle sind nett. Wenn man fragt bekommt man in der Regel etwas erklärt. Bei manchen mehr, bei manchen weniger.
Normalstation
Hier beginnt der Tag mit Blutentnahmen und Zugängen. Wenn man Pech hat, kommen schon mal 10 und mehr zusammen. Man muss ein bisschen aufpassen, dass man nicht noch die BEs der Nachbarstationen abnehmen muss. Wenn es einem zu viel ist, kann man das aber auch jederzeit sagen und die Assistenten teilen sich die BEs mit einem. Im Anschluss läuft die Visite bzw einmal in der Woche Oberarztvisite. Den restlichen Tag habe ich häufig mit Aufklärungen, Briefen und was sonst noch so anstand verbracht. Briefe kann man, muss man aber nicht schreiben. Ich habe es immer gerne gemacht, da man sich so richtig in den Fall einarbeiten kann. Wenn man fragt, ist es auch möglich ein oder mehrere Zimmer zu übernehmen. Es wird einem leider nicht automatisch angeboten und manchmal muss man ein bisschen kämpfen, dass die Assistenzärzte nicht doch wieder Dinge für einen erledigen. Wenn auf Station mal nicht so viel zu tun war, konnte man auch öfter mal nach der Visite in die Funktion oder zu bestimmten Untersuchungen, die man gerne sehen wollte. Der Kontakt zur Pflege war bis auf einige wenige Ausnahmen gut.
Notaufnahme
In der Notaufnahme kann man sehr frei arbeiten und hat seine eigenen Patienten. Man kann selbstständig Diagnostik und Labor anfordern oder einfach selbst mal den Schallkopf drauf halten. Der Oberarzt hat aber immer ein Auge auf das was man tut und jeder Patient wird spätestens bei Entlassung auf Station besprochen, man muss also keine Angst haben. Die Notaufnahme ist sehr gut frequentiert, an Patienten mangelt es meistens nicht. Außerdem gibt es immer wieder Schockräume, in denen man mithelfen kann. Das Haus hat auch eine 24h-HKL-Bereitschaft. Bis auf eine ECMO-Anlage wird eigentlich alles gemacht, was man sich so vorstellen kann. Das Team in der ZNA Pflege und Ärzte ist echt gut und alle schätzen die Arbeit, die man macht wert.
Die diensthabenden Ärzte in der ZNA und auf Intensiv haben jeweils ein Notfalltelefon. Steht man also gerade neben einem der beiden, wenn ein innerklinischer Notfall passiert, kann man immer mitlaufen. So kommen im PJ-Tertial auch schnell mal ein paar Reanimationen zusammen.
Gastro
In der Gastro schaut man viel bei Untersuchungen zu (ÖGD, Kolo, ERCP..). Manchmal darf man auch selbst das Endoskop bedienen um ein Gefühl dafür zu bekommen. Die Oberärzte erklären in der Regel sehr viel und man kann immer Fragen stellen. Außerdem werden in der Gastro viele Sonos gemacht. Hier kann man häufig vorschallen und bekommt auch alle Fragen beantwortet. Außerdem darf man auch Punktionen machen, wenn es sich anbietet (Pleura oder Aszites).
Kardio
Die Kardio ist sehr abwechslungsreich. Man kann selbst entscheiden, wo man hingeht: Sprechstunde, Chef-Sprechstunde, Schrittmacher-Sprechstunde. Man kann aber auch den ganzen Tag Echos gucken oder einfach ins HKL. Bei den Echos kann man häufig selbst vorschallen und bekommt (je nachdem wer schallt) auch etwas erklärt. Bei den Herzkatether-Untersuchungen schaut man nur zu, aber der Chef erklärt häufig etwas.
Elektrophysiologie
Die Elektrophysiologie besteht nur aus einem Arzt (Dr. Akin). Er macht an einigen Tagen Sprechstunde und je nach Plan einige EPUs. Außerdem setzt er Schrittmacher im HKL ein. Hier kann man wirklich sehr viel lernen. Dr. Akin erklärt sehr gut und mit viel Geduld. Sollte man eine Frage zu einem EKG haben, kann man ihn jederzeit anrufen. Bei den EPUs darf man immer steril am Tisch stehen und in der Regel die venösen und (wenn man Glück hat) arteriellen Schleusen legen. Außerdem darf man die Elektroden vorschieben und versuche, sie in die richtige Position zu bringen.
Intensiv
Auf Intensiv hat es mir mit am besten gefallen. Die Stimmung hier ist sehr gut und sowohl die Pflege als auch sie Ärzte sind sehr nett und motiviert. Die Tage sind sehr abwechslungsreich. Jeden Tag gibt es eine ausführliche Visite, bei der man viel lernt. Außerdem müssen häufig Zugänge gelegt werden (Arterie, ZVK,.. ). Diese darf man nach Anleitung und unter Aufsicht häufig selbst legen. Häufig wird man auch zu EKVs, Schockräumen oder sonstigen Notfällen dazugerufen. Die Ärzte auf Intensiv sind alle sehr kompetent und erklären viel.
praktische Fähigkeiten
Man hat in Schwalmstadt die Chance sehr viele praktische Fähigkeiten zu lernen oder zumindest auszuprobieren. Man darf Sono-Abdomen, TTE und TEE machen. Außerdem darf man Anleitung Arterien und manchmal ZVKs legen oder Pleura- und Aszites-Punktionen machen.
NEF
Das NEF in Schwalmstadt ist direkt am KH stationiert und wird intern besetzt. Nach der regulären Arbeitszeit kann man jederzeit so lange man will mitfahren. Einen Freizeitausgleich gibt es nicht. Wenn man in der PJler-WG wohnt, kann man den Melder auch einfach mit nach Hause nehmen. Beim Alarm läuft man einfach schnell zur Straße und wird eingesammelt. Je nach Notarzt und Einsätzen kann man hier viel mitnehmen.
Dienste
Dienste werden nicht vergütet, man bekommt stattdessen einen Freizeitausgleich, den man in Absprache mit der PJ-Beauftragten frei einteilen kann.
Für einen Zwischendienst bis 19:00 Uhr gibt es einen halben Tag frei, für einen ganzen Dienst bis 24:00 Uhr einen ganzen. Außerdem bekommt man für Tagdienste am WE einen Tag frei. Man kann auch mal einen 24h-Dienst mitmachen. Die Dienste verbringt man in der Regel in der ZNA. Hier kann man viel selbstständig arbeiten und ist den Assistenten häufig eine große Hilfe. Abends wird oft zusammen gegessen oder bestellt. Ich kann es auch sehr empfehlen mal den ein oder anderen Dienst auf Intensiv mitzumachen.
Unterricht
Leider gibt es in Schwalmstadt keinen regelmäßigen Unterricht. Dr Akin hat einmal ein EKG Seminar angeboten, das war wirklich sehr gut. Fragt ihn auf jeden Fall danach. Manchmal gibt der Chef der Anästhesie auch mal ein Seminar. Wenn genug Zeit ist, bekommt man auch so häufig etwas erklärt und viele Ärzte nehmen sich bei Fragen gerne Zeit.
Klamotten
Die Klamotten werden vom Krankenhaus gestellt. Die PJler tragen blaue Bereichskleidung. Leider ist die Kleidung häufiger leer, das heißt man muss ein bisschen haushalten.
Wohnung
Wenn man möchte bekommt man von der Klinik eine Wohnung gestellt. Man wohnt hier in der Regel mit 3 PJlern zusammen. Die Wohnungen sind 3 min zu Fuß vom KH entfernt. Die Einrichtung ist nicht schön, aber es ist sauber. Unsere WG war etwas in die Jahre gekommen und hatte leider keinen Backofen und einen schlechten Herd/Kühlschrank. Die andere WG war renoviert und besser ausgestattet.
Schwalmstadt
Schwalmstadt ist nicht besonders groß - Partys sucht man hier vergeblich, aber das war mir schon vorher klar. Die Gegend ist ganz nett, viel grün. Wer also mal spazieren oder Fahrrad fahren möchte, kommt auf seine Kosten. Die Fahrt nach Marburg mit dem Auto ist nicht zu unterschätzen, etwa 45 Minuten. Kann man pendeln, kostet aber schon viel Zeit. Es fährt auch ein Bus zum Bahnhof nach Treysa. Von dort aus kann man den Zug nach Marburg nehmen.
Bewerbung
Über das PJ-Portal. Die Plätze sind sehr begehrt, da viele Marburger hier ihr Innere-Tertial machen möchten.