Vorne weg: Der Bericht ist so ausführlich wie nur möglich. Vielleicht etwas zu lange, aber lest ihn bitte dennoch bis zum Ende durch!
Das BKH Lienz ist ein eher kleines Krankenhaus, welches einen beinahe schon familiären Charakter hat, wenn man sich als KPJler ein paar Monate dort aufhält. Man ist quasi mit Jedem gleich einmal per Du. Das muss man, wenn man in einem Uniklinik-System "erzogen" wurde erst einmal intus bekommen. Es senkt aber dann recht schnell die Hemmschwelle für Studenten, Fragen zu stellen, die stets auf freundliche Art und Weise beantwortet werden.
Generell muss man sagen, dass auf den Internistischen Stationen derer es aktuell (Winter2021/2022) für Studenten 3 (Kardiologie, Hämatom-Onkologie+Pulmo, Akut Geriatrie) zugängliche gibt, ein gutes Klima herrscht, die Leute die dort arbeiten sind großteils freundlich, beantworten Fragen zufriedenstellend und binden einen in den Klinik Alltag ein.
Ein Typischer Arbeitstag startet um 7:45 mit der Morgenbesprechung in welcher der Nachtdienst und sonstige Besonderheiten besprochen werden, der Chef zeigt z.B. gerne einmal ein paar Herzkatheterbilder.
Danach geht man auf die jeweilige Station. (Wo man für die nächsten Wochen eingeteilt wird erfährt man am ersten Tag, man wird auf alle Stationen rotieren. Zusätzlich gibt es meistens 1 Woche in der Ambulanz (bei 8 Wochen Aufenthalt, bei 16 Wochen meist zwei)).
Auf der Station kümmert man sich um die PCR-Abstriche, Blutabnahmen und Venflons die von der Pflege nicht gemeistert wurden.
Danach kommen entweder die ersten PatientInnen welche von Student, Turnusarzt oder Assi aufgenommen werden oder die Visite startet direkt (das ist Stationsabhängig- auf manchen Stationen kann die Visite auch oft bis nach 12 Uhr dauern). Man untersucht/statuiert hier Patientinnen zumeist ganz alleine!
Nach der Visite werden zumeist weitere Aufnahmen gemacht. Sofern nichts zu tun ist (eher selten) kann man auch mal mit in die Endoskopie gehen, bzw. sich (nach Absprache) bei den diversen Spezialambulanzen an den Oberarzt dranhängen (auch teilweise vormittags).
Zur Lehre:
+ alle 1-2 Wochen Turnusarztfortbildung die man besuchen kann
+ 1x/Woche Sono Kurs
+ 2x/ Woche Möglichkeit eine Dermatologische Visite mitzugehen (nicht immer möglich da begrenzte Teilnehmerzahl und Turnusärzte nehmen auch teil)
+ Rotation im Stationsbetrieb/Ambulanz (-> Mehr Pathologien)
- Kein Lehrkonzept, kein richtiges Teaching (Sonokurs ausgenommen)
- Die Stationsarbeit die man macht wird nicht wirklich kontrolliert/supervidiert
Freizeit und Verdienst:
*Der Arbeitstag endete meist zwischen 15 und 16:30 Uhr.
*Die Wochenenden waren frei.
*Wir hatten zusätzlich noch Chirurgischen OP-Bereitschaften (von 15-7 Uhr) für die wir kompensatorisch einen Tag frei bekamen. !!Bleib den Tag wirklich zu Hause auch wenn du nicht angerufen wirst, du bekommst auch kein extra Geld dafür (Vor 1 Jahr wurden die Dienste bezahlt und zwar gar nicht schlecht)!!!
*350€ auf Geringfügiger Basis (Achtung, check ab ob du Krankenversichert bist!!!)
* Unterkunft gestellt
* Essen 3x Tgl möglich (allzu heikel darfst aber nicht sein)
Unterm Strich würde ich das BKH-Lienz unter den oben beschriebenen Aspekten gerne jedem weiterempfehlen, doch jetzt kommt noch eine persönliche Fußnote dazu, welche die im Verhältnis doch nicht so gute Gesamtbewertung erklären soll:
Ich wurde dort nach 9 Wochen vom Primarius der Internen Diskussionslos aus der Abteilung geschmissen, aber lest selbst:
*
Ich war bei einer Herzkatheter Untersuchung als Zuschauer anwesend. Der Untersucher (OA …) dessen Assistenz und der RTA sowie KPJ Student … waren ebenso anwesend. Bis auf den RTA, der mal ein- und ausging, waren alle Personen beim Patienten im Interventionsraum, ich war nach Weisung des Oberarztes im Raum davor und saß auf einem von mehreren Stühlen vor einem Bildschirm welcher mir die Untersuchung live aufzeigte. Nach ungefähr einer halben Stunde wurde der Primarius der Inneren Abteilung (…) um seine Meinung gebeten. Als dieser kam und mich mit den Worten:“ Stehen Sie auf oder wollen Sie sitzen bleiben?!“ aufforderte den Platz vor dem Bildschirm zu räumen ging ich mit den Worten „Ja, Selbstverständlich“ beiseite und ließ ihn Platz nehmen. (Daneben stand ein leerer Stuhl)
Wenig später wurde die Hilfe des Primarius wieder benötigt und er betrat erneut das Herzkatheterlabor. Ich hatte zu jener Zeit wieder auf dem Stuhl vor dem Monitor Platz genommen. Da ich mir manche Sachen nicht auf Anhieb erklären konnte, versuchte ich nebenbei Nachforschungen anzustellen.
Einige Zeit später verließ der Primarius den Raum, legte die Röntgenschürze ab und sagte danach zu mir:“ Sie stehen entweder hier (mit Handzeichen auf die Hinterwand), oder Sie verschwinden; Nein Sie verschwinden, raus hier!“
Ich war komplett perplex, nicht sicher ob das gerade passiert ist oder nicht, also ging ich zurück auf die Station.
10 Minuten später wurde ich ins Büro des Primarius zitiert.
Dort angekommen nahm ich gegenüber des Primarius Platz, er fragte mich wer ich sei und was ich hier tue. „… ist mein Name, ich absolviere hier mein KPJ“, darauf erwiderte er, dass ich mich so nicht verhalten kann, es wäre eine Respektlosigkeit wenn er den Raum betritt nicht aufzustehen, dass ich während einer Untersuchung zu der er uns aus Lehrzwecken mitnimmt nicht so ein „Sackverhalten“ an den Tag legen darf, bei Ihm gibt es so etwas nicht und dass ich mein KPJ ab sofort nicht mehr an seiner Abteilung machen "darf". Des Weiteren erwähnte er, dass ich so auf keinen Fall ein guter Arzt werden kann.
Ich sagte, dass es mir Leid täte sofern ich etwas falsches getan hätte. Daraufhin wurde mir mit den Worten „Verschwinden Sie“ die Türe gezeigt. *
Die Moral von der Geschichte:
Wenn du Pech hast, dann geht es dir dort wie mir.
Wenn du Pech hast, dann bewirbst du dich zwei Jahre im Vorhinein für diese Stelle, bist 50 Stunden pro Woche da drinnen und wirst aus einer "Laune der Natur" vor die Türe gesetzt.
Einige Oberärzte und auch der Ärztliche Leiter haben versucht mit dem Primarius zu reden, ohne Erfolg. Der Ärztliche Leiter meinte mir gegenüber "Er ist nicht Weisungsbefugt einem Primarius vorzuschreiben mit wem er zusammenarbeiten muss". So war meine Zeit auf der Inneren Medizin abgelaufen.
Die Lösung für mich war Gott sei Dank jene, dass mir eine andere Abteilung Asyl gewährte, sonst hätte sich mein kompletter Studienabschluss um mehr als 4 Monate verschoben und einige andere Dinge auf privater Basis wären auch ins Wanken geraten.
Ich schreibe den Bericht deswegen so ausführlich und offen weil das Internet nicht vergisst! An mir hat der Blitz abgeleitet werden müssen, doch wie weit der Schaden reicht liegt bei Jedem der Das hier ließt.
Für mich wäre das Haus richtig interessant gewesen, da man sowohl Basis als auch (fast) den kompletten Turnus (Österreichische "Lösung" für den Facharzt für Allgemeinmedizin) dort machen kann, aber unter diesen Rahmenbedingungen hat sich das erledigt, unter diesen Rahmenbedingungen muss man schon dezent masochistisch veranlagt sein um diesen "Pakt" einzugehen.
Ganz allgemein möchte ich DIR ins Gedächtnis rufen: Unsere Generation ist eine Neue. Unsere Generation ist eine die sich auf Grund der beginnenden Pensionierungen der Baby-Boomer Generation den Arbeitsplatz nach ganz anderen Kriterien aussuchen wird. Der Kluge Chef heutzutage, der in 10 Jahren auch noch eine intakte Abteilung leiten will, der veranschaulicht sich das, vor allem wenn sich der Standort seiner Abteilung in einer Region befindet die soweit weg von jeglicher Attraktivität liegt (in Anbetracht der Work- Life Balance).
Was Du aus diesem Bericht schließt bleibt dir überlassen, man kann eine gute Zeit haben in diesem Haus aber du sitzt wie es aussieht auf einem Schleudersitz.