Gastro (Station B) Kardio (Station 2C) Intensivstation (U1C)
Einsatzbereiche
Diagnostik, Notaufnahme, Station
Heimatuni
Hamburg
Kommentar
Absolut zu empfehlen.
Wer das Innere Tertial nicht nutze muss/will um sich in einer bestimmten Klinik außerhalb von Stade einen guten Namen zu machen bzw. einen Fuß in die Tür zu kriegen dem emfpehle ich wärmstens eine kleine Reise nach Stade.
Wertschätzung
In kaum einer Klinik ist mir, obwohl ich offen kommuniziert habe, dass ich nicht Internistin werden möchte, so viel Wertschätzung und Freude an Lehre entgegen gebracht worden.
Das Mindset fast aller Ärzte in der Inneren Medizin in Stade ist, dass man als Pjler zum lernen und nicht zum ausgebeutet werden da ist und man genießt als Pjler sowohl bei den Ärzten als auch der Pflege ein wirklich hohes Ansehen und ist nicht der "dumme Student" im Vergleich zu anderen Häusern / was man so aus anderen Berichten liest.
Spätestens nach einer Woche kennen die Ärzte, mit denen man zusammen arbeitet den Namen und man ist nicht wie anderswo "der Student/die Studentin".
Die Betreuung durch die PJ Koordiation sowie die Sekretariate der einzelnen Abteilungen und in der Kardiologie durch PD.Dr.Philipp ist hervorragend und immer sehr freundlich und entgegenkommend, auch wenn es an einigen Punkten mal hakt (wie IT Zugang/Kleidung, aber das ist eher ein Systemproblem der Klinik und nicht auf mangelndes Engagement der Abteilungen zurückzuführen).
Am Ende gibt es ein wirklich gutes Feedbackgespräch mit dem PJ Beauftragten Prof. Schmidt, der Verbesserungsvorschläge dankend aufnimmt und daran interessiert ist dass man als PJler eine gute Zeit in Stade hat. Natürlich kann nicht alles sofort umgesetzt werden und solche Dinge, dass es zum Teil noch Papierakten gibt liegt leider an der Klinikleitung als an den Chefs selbst.
Rotationen
Es gibt eine Aufteilung in Gastro und Kardio. Innerhalb der einzelnen Abteilungen kann man sich relativ frei bewegen und flexibel mit den entsprechenden Ärzten absprechen, was man gerne machen/ sehen würde.
In der Gastro gibt es die Möglichkeit auf Station mitzuarbeiten, in die Funktionsdiagnostik (Sono, ERCP, Colo/ÖGD) oder in die Notaufnahme zu rotieren, dies ist Tage oder auch wochenweise möglich.
In der Kardiologie kann man entweder auf die Normalstation, auf die Ãœberwachungsstation (Inklusive Chest pain Unit), in die ZNA, ins Echo, ins Coro-Labor, in die Schrittmacherambulanz und auch sicher mal mit in den Schrittmacher-OP, sowie absolut zu empfehlen auf die internistische Intensivstation.
Tätigkeiten
Die Tätigkeiten ergeben sich ehrlicherweise aus dem gezeigten Engagement, man kann, wenn man möchte in Stade Verantwortung übernehmen und viel lernen, man kann aber auch (grade wenn am Ende des PJs mal ein kleines Motivationsdefizit besteht oder man noch nicht so firm in einem Fach ist auch einfach mit den Ärzten mitlaufen und von ihnen lernen (oder Kaffe trinken und (Fall)bücher lesen, wenn die Visite durch ist und Arztbriefe geschrieben werden).
Man freut sich immer darüber, wenn man als Pjler Hilfe anbietet oder Aufgaben übernimmt, es wird aber keineswegs von einem erwartet und wenn man mal einer Aufgabe nicht gewachsen ist, nimmt es einem niemand übel.
Blutentnahmen werden größtenteils von Blutenentnahme Pflegekräften gemacht. Wenn diese mal nicht da sind, wird schon gehofft, dass man als Pjler mithilft und auch akute Verlaufs-BE s nimmt man mal ab, aber wenn es mal viel ist, haben die Ärzte auch immer mitgeholfen und man verpasst dadurch nicht wie man es aus anderen Häusern kennt die Visite oder andere spannende Dinge. Dass man als Pjler mal Blut abnimmt oder einen Zugang legt gehört ja auch dazu, es war aber nie so, dass ich es als lästig empfunden habe.
Auf Station läuft man bei Visite mit und kann sich im Arztbriefe schreiben üben, dies wurde bei mir immer gut supervidiert und da es auf freiwilliger Basis war und ich nicht das Gefühl hatte dazu genötigt zu werden, hat es sogar spaß gemacht, vor allem, wenn man sich die patienten aussuchen und ein bisschen intensiver in die Fälle einlesen konnte.
Empfehlenswert ist es, wenn man bei einem erfahrenen Kollegen CPU-Dienst mitmachen kann, dann darf man die Patienten quasi "selbst behandeln" und wird dabei nur supervidiert.
Intensivstation
Mein absolutes Highlight war allerdings die Zeit auf der Intensivstation. Wer im letzten Tertial ist und nicht grade frisch gestartet ist, dem empfehle ich diese Rotation von ganzem Herzen. Direkt am Anfang ist es je nach Vorerfahrung eventuell etwas viel auf einmal und man kann sich nicht so sehr einbringen und muss sich aufs Zuschauen beschränken, das habe ich von einigen anderen Pjlern,die nur 1-2 Wochen und im ersten Tertial dort waren mitbekommen.
Da ich schon aus meinem Wahlfach Intensiverfahrung mitgebracht habe, konnte ich mich hier am besten einbringen und dadurch auch wirklich viel lernen. Dadurch, dass die Personaldecke dort zu meiner Zeit sehr dünn war, war das auch sehr willkommen und ich habe sehr viel Wertschätzung und Lehre entgegengebracht bekommen.
"Aufgaben" dort (wenn man sich das zutraut) waren tägliches "Visiten"gehen (also körperliche Untersuchung, Medikamentenliste reevaluieren, Reevaluation der Diurese-Situation, sichten der Labore sofern das nicht während der Übergabe passiert ist) und anschließende/ oder direkt währenddessen Besprechung der erhobenen Befunde und Auffälligkeiten mit dem Stationsarzt.
Es wurde gern gesehen, wenn man kleinere Aufgaben wie Blutkulturen abnehmen, neue Arterie legen, Volumenstatus sonographisch überprüfen selbst gemacht hat, bei Bedarf natürlich alles mit Supervision/ unter Anleitung.
Auch Bronchoskopieren, Sonogrpahieren, ZVKs und Shaldons legen war unter Aufsicht häufig möglich (eigentlich immer, wenn man gefragt hat und die Situation für den Patienten gerade nicht akut instabil/ lebensbedrohlich war).
In unregelmäßigen Abständen bekommt man auch Schockräume auf die Intensiv, wird als Begleitung von instabilen Patienten ins Coro-labor gerufen und auch Reanimationen gehören zum Stationsalltag. Der Lerneffekt war für mich persönlich hierbei auch sehr groß.
Wer Intensivmedizin mag kommt hier auf seine Kosten und es ist schön, dass man sich so sehr ins Team einbringen kann. Dadurch, dass ich jeden Tag den "Visiten-Dienst" gemacht habe, habe ich sehr viel gelernt, da man die Patienten wirklich täglich gründlich untersucht und sich selbst auch entpsrechend Therapie-Ideen überlegt hat, die man besprechen konnte. Je nachdem wie erfahren der Assistenz/Oberarzt ist, mit dem man die Patienten bespricht lernt man natürlich mal mehr und mal weniger, es ist aber wirklich ideal dass man die Patienten über einen so langen Zeitraum so intensiv mitbetreuen/ die Verläufe beobachten darf.
COVID Patienten gab es in meiner Zeit auch ein paar, die Schutzausrüstung war immer sehr gut, es kam in meiner Zeit zu keiner Ansteckung des ärztlichen Personals durch die Patienten und auch ich habe mich trotz mehreren Stunden (freiwillig) im COVID Zimmer nicht angesteckt.
Auch das Pflege-Team hier ist zu 99% toll. Ich habe versucht maximal viel mitzunehmen und auch von pflegerischer Seite war die Bereitschaft einem etwas beizubringen immer groß. Man hat sich die Zeit genommen um mir beispielsweise Beatmungsgeräte, Perfusoren oder Dialysegeräte zu erklären, oder worauf man von ärztlicher Seite achten muss, wenn man mit einem Intensivpatienten beispielweise einen CT Transport o.ä macht.
Diese Erfahrungen kann einem keiner mehr nehmen und sie sind wahnsinnig wertvoll, wenn man später selber mal als Assistenzarzt auf die Intensiv rotiert und nicht wie ein Ochs vorm Berg vorm Perfusor steht und diesen nicht bedienen kann oder aus versehen beim Spritze wechseln mal n ordentlichen Nor-Bolus gibt ;)
Ich habe in meinem PJ Assistenzärzte kennengelernt, die als sie frisch auf Intensiv kamen noch nie eine Arterie oder einen ZVK gelegt hatten oder ohne Pflege keine Perfusorspritze wechseln konnten und damit ordentlich zu struggeln hatten. Dass man dies hier in Stade wirklich häufig und immer unter Aufsicht lernen darf ist wahnsinnig hilfreich und wertvoll. Es bedeutet natürlich nicht, dass man es danach perfekt kann oder einem keine Fehler mehr unterlaufen können, gibt einem aber eine gewisse Sicherheit und ich bin sehr dankbar, dass beim ZVK und Arterie legen mein Puls am Ende des PJs nicht mehr so an die Decke gegangen ist, wie noch im ersten Tertial.
Infrastruktur
Bei Bedarf gibt es Wohnheimplätze, die für die Pjler kostenlos sind. Die Ausstattung ist wohl in dem einen Haus besser als in dem anderen, aber auch das ältere soll wohl zeitnah renoviert werden. Beide sind fußläufig von der Klinik entfernt und grade wenn man am wochenende nach Hamburg pendelt absolut ausreichend (so meine Mit-Pjler, ich selbst habe dort nicht gewohnt)
Mit dem Fahrrad ist die Klinik innerhalb von zehn minuten vom Bahnhof aus zu erreichen ( in der Sbahn kann man das Fahrrad kostenlos mitnehmen) ansonsten gibt es morgens und spätnachmittas ein Taxishuttle vom Bahnhof zur Klinik und zurück, man muss nur vorher einen platz reservieren, das klappt problemlos. Ansonsten fahren auch Busse in 15 Minuten vom Bahnhof zur Klinik.
Die Bahnen fahren alle 20 Minuten nach HH, der Regio einmal pro Stunde. Wenn man mal los muss einen Zug erwischen ist das auch für alle ok.
Bei uns sind am Wochenende häufig mehrere Pjler mit dem Auto nach Hamburg und am Sonntag zurück gefahren, sodass man meist fix in Hamburg war (50 minuten)
Die Stadt Stade an sich ist klein und muckelig, es gibt die nötigsten Geschäfte, Buchhandlungen, kleine Cafes und Restaurants, ein Kino und möglichkeiten Sport zu machen. Dies war bei uns corona bedingt nur eingeschränkt möglich. Ansonsten ist ja aber Hamburg auch nicht weit.
Essen ist umsonst (die Kantine ist aber nicht besonders gesund und Gemüse häufig nur ein kleiner Bestandteil des Essens). Wer gerne gutdeutsche Küche isst und nicht auf die Kalorien achtet kommt aber gut weg, lecker ist es nämlich schon.
Ansonsten gibt es 300€ Aufwandsentschädigung pro Monat, auch wenn man Urlaub oder Fehltage nimmt.
PJ unterricht findet zweimal die Woche statt (fachübergreifend) und war qualitativ meist auch gut.
Studientage je nach Heimatuniversität (konnte man auch mal eine Woche früher oder später nehmen)
Fazit
Ich selber wusste von Anfang an, dass ich in ein chirurgisches Fach gehen werde und wollte in Stade eine gute Basis-Ausbildung in Innere Medizin ohne fancy Rheumatologie/Hämatoonko oder sonstige Kolibri-Erkrankungen bekommen und das hat auch perfekt geklappt. Dadurch, dass alle wirklich sehr nett und freundlich sind und Lust haben, einem etwas beizubringen war es von Anfang bis Ende ein tolles Tertial, auch wenn einem das ein oder andere Fach vielleicht nicht zu 100% zusagt. Wer highend-abgefahrene-Unimedizin mit seltenen Erkrankungen mitnehmen möchte ist hier natürlich falsch, das sollte einem aufgrund der Lage und Bettenanzahl aber auch klar sein.
Auch menschlich gesehen ist Stade als Pjler uneingeschränkt zu emfpehlen. Auch persönlich habe ich mich sehr gut mit den meisten Ärzte:innen verstanden und bin jeden Tag gern zur Arbeit gefahren. Wie viele wissen ist das im PJ nicht unbedingt selbstverständlich. Wenn man mal einen Termin hat und früher los musste, war das überhaupt kein Problem und grade die Assistenzärzte sind sich der Tatsache bewusst, dass man nie wieder so viel Freizeit und so wenig Verantwortung hat wie im PJ und schicken einen auch mal früher nach hause, wenn nichts zu tun ist.
Möchte man Verantwortung übernehmen und etwas lernen ist dies aber auch fast immer möglich. All in all, würde ich wieder für Innere nach Stade gehen, wenn ich nochmal wählen müsste. Ich werde die Zeit und das Team dort in allerbester Erinnerung behalten und bin dankbar für die tolle Zeit, die ich in Stade hatte.