Warum die schlechteste Bewertung überhaupt? Damit du es direkt verstehst: BLEIB WEG!
Rahmenbedingungen:
- am ersten Tag, zur Einweisung ins Innere Tertial, gibt es von der Personalabteilung die Ansage, man hätte dich als PJLer*in schon als "feste Arbeitskraft" auf der Station eingeplant. Damit weißt du auch schon Bescheid, wie sich hier dein Aufenthalt so gestaltet
- mit einem Lächeln im Gesicht wird einem, schon fast schadenfroh, erklärt, dass man sich in der Cafeteria „nur das billigste und zweitbilligste“ Essen umsonst nehmen darf, das teure jedoch selber bezahlen muss
- Geld: 0 Euro
- Pjler*innen kriegen unzureichend Arbeitskleidung: 2x Hose und Oberteil, 1x Kittel. Diese müssen am Automaten getauscht werden, den Kittel in der Kleiderkammer mit sehr nervigen Öffnungszeiten. Wenn man Blut darauf kommt oder Kontakt zu Corona hat und die Kleiderkammer zu hat, hast du halt Pech gehabt.
- Es gibt keinen Aufenthaltsraum oder ähnliches für dich. Brauchst du aber auch nicht. Du sollst ja als 0-Euro-Arbeitskraft auch keine Pause machen
- Du musst jeden Tag im Inneren Sekretariat antanzen um zu unterschreiben, dass du auch wirklich da bist
- Du hast keinen Internetzugang, mal schnell ein Medikament googlen geht nicht
- Unterricht müssen sich einmal pro Woche die Pjler*innen selbst geben, Ärzt*innen sind nur teilweise dabei, oft fällt der einfach aus, dann hast du mehr Zeit um Blut abzunehmen
Wie gestaltet sich ein Tag auf der Station (bis auf die Geri total egal auf welcher du bist, du wirst nicht mal den Unterschied erkennen, da du teilweise nicht mal weist, warum Patient XY überhaupt hier im Bett liegt)
Du kommst morgens um 8.00 Uhr ins Arztzimmer. Während die Stationsärzt*innen schon mal anfangen zu gucken, welche Blutentnahmen Sie dir doppelt oder dreifach stellen, wird von dir erwartet, unaufgefordert Blut abzunehmen oder Flexülen zu legen. Nach 15-20 Blutentnahmen ist es 12 Uhr und du stellst fest, dass du es nicht mehr zur Visite schaffst. Zum Anderen haben sich in der Zeit natürlich weitere Blutentnahmen ergeben, die jetzt noch „ganz wichtig“ sind. Natürlich nicht so wichtig, dass diese direkt von den bereits approbierten Kolleg*innen erledigt werden, sondern von dir gemacht werden müssen. Exkurs zu den Kolleg*innen: Die meisten sind eigentlich persönlich sehr korrekt (keine Ironie), tatsächlich sogar auch gewillt dir etwas beizubringen, wenn sie die Zeit hätten. Funfact: Haben sie aber wirklich nicht. Die meisten sind 10-12 Stunden im Haus (Rekord ist der eine Arzt, der fast jeden Tag bis 23/24 Uhr immer da bleibt) und natürlich ist es für sie eine krasse Entlastung, wenn jemand anderes die Blutentnahmen macht. Sonst wären sie bis circa morgens um 4 da. Zeit, dir wirklich was zu zeigen und beizubringen, gibt es eben einfach nicht. Die Hälfte bedauert das dir gegenüber auch sehr ehrlich. Auch Oberärzt*innen und Chefärzte sind nicht unfreundlich, haben aber auch keine Zeit dir wirklich was beizubringen. Um Mittag rum irgendwann kommt dann der Anruf auf deiner Station, dass auf einer anderen Station Pjler XY Studientag hat und sich die Blutentnahmen ansammeln. Rate mal, wer dafür dann zuständig ist. Zweimal in der Woche sind Covid-Abstriche bei allen Patienten nötig, die dich natürlich dafür lieben und sich schon den ganzen Tag drauf freuen. Selbstverständlich gehst du dann noch zusätzlich auf die Station, auf dem die Pjlerin YZ gerade nicht da ist, weil Sie selber Corona hat und machst dort auch die Abstriche. Wenn du fertig bist mit allen Blutentnahmen und Abstrichen, ungefähr gegen 13 Uhr, solltet du schnell in die Kantine gehen. Bei dem (wirklich) geilen Essen dort, kannst du dann mit den anderen zusammen herausfinden, wer den Blutentnahme HighScore aufgestellt hat bzw. wer von euch 7 oder 8 heute tatsächlich einmal bei der Visite daneben stand (Jackpot).
Danach solltest du aber schnell wieder zurück auf Station, denn du musst weitere wichtige Dinge erledigen. Auszug aus den Dingen, die du dann zu tun hast: Batterien für das Stationstelefon besorgen, eine CD von der Information abholen, Reha-Anträge schreiben, Reha-Anträge schreiben, Reha-Anträge schreiben, Arztbriefe schreiben, Eis vom nahegelegenen MC Donalds holen für die Station (kein Witz), Reha-Anträge schreiben. Du siehst also, hier im Haus kann man mehr oder weniger gut die, in der ärztlichen Approbationsordnung gemeinten, „erworbenen ärztlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vertiefen und erweitern“.
So, jetzt ist es auch langsam circa 15.00 Uhr. Eventuell kommt ein Oberarzt vorbei, der dann mit den ärztlichen Kolleg*innen die klassische „Kritik und Selbstkritik“-Visite durchführt. Bitte dabei nicht stören, am besten machst du in der Zeit noch ein paar Blutentnahmen für morgen, die werden nämlich „vorgezogen“, weil du da ja Studientag hast und nicht da bist.
Auf der Geri ist es eigentlich das komplette Gegenteil: Hier bist du praktisch ein Teil des Teams, der Chef persönlich holt dich ab, wenn es was zu Schallen gibt oder ein interessanter Patient oder Befund zu sehen ist. Ich dachte erst, er verarsche mich. Dann hab ich gemerkt, dass es einfach dort so ist, wie ein PJ sein sollte. Du kriegst Lehre, deine eigenen Patient*innen, du darfst zu Funktionsdiagnostik mitgehen, man bedankt sich für deine Hilfe und so weiter. Klar, auch hier nimmst du Blut ab, aber die ärztlichen Kolleg*innen helfen dir dabei immer, oft wird geteilt. Wenn sich die Aufnahmen mal stapeln, machst du auch mal nen Tag alleine die Blutentnahmen und das sogar gerne, weil ja alle sonst korrekt mit dir umgehen. Wenn du einen Arztbrief schreiben sollst, dann wird das mit dir zusammen kontrolliert danach und dir gesagt wo du dich verbessern kannst und was schon total gut läuft. Grüße gehen raus an die Geri! Beste Station ever!
Rettungsstelle: Hier ist es auch mega gut zum Lernen. Du kriegst deine Patienten und kannst auch eigenverantwortlich überlegen, wie es mit denen weiter geht. Als ich dort war, waren die Kolleg*innen dort immer bereit mir was beizubringen und zu zeigen. Mega engagiert, leider auch überarbeitet. Leider wurde ich oft aus der Rettungsstelle auf die Station geholt, wenn jemand anderes Studientag hatte zum Blutabnehmen...
Die wirklich wenigen positiven Dinge des PJs zusammengefasst:
- es ist nah an der S-Bahn (2 Minuten zu Fuß)
- es gibt eine Packstation gegenüber vom Krankenhaus
- die Köche der Kantine machen super geiles Essen, jeden Tag auch ein Veggiegericht und manchmal Vegan, man wird auch satt (mal sehen wann sie das euch auch noch streichen)
- die Geriatrie und die Rettungsstelle
- die Pflege ist grundsätzlich auf allen Stationen und in der Rettungsstelle total nett zu dir
- die Sekräterinnen im Inneren Sekretariat sind total lieb
Fazit generell: In jedem Zimmer hängt ein Kreuz und ab und zu läuft man auch mal einer Nonne über den Weg. Ansonsten sind christliche Nächstenliebe und Barmherzigkeit euch gegenüber dort nicht drin. Das Haus hat halt durch die gute Lage (Berlin, halbwegs Innenstadt, direkt an S-Bahn) keinen Mangel an Nachwuchs. Seine zukünftigen Kolleg:innen so scheiße zu behandeln, ist wohl etwas, was dort noch keine Probleme bereitet. Wenn du kannst, suche dir echt ein anderes Haus für das Innere PJ. Chirurgie kann man hier wohl gut machen. Ein paar Leute aus dem parallelen chirurgischen Tertial sollten eigentlich danach hier auch Innere machen und haben schnell noch gewechselt, sogar nach außerhalb von Berlin um nicht hier zu landen. Falls du nicht mehr wechseln kannst und jetzt kurz davor bist zu weinen, weil du eigentlich Bock hattest auf Innere (wie wir fast alle im Tertial): Versuch dir hier einfach nicht das Interesse nehmen zu lassen. Es wird schwer, aber denke dran: Woanders kann es nur noch besser sein. Zumindest sind die meisten ärztlichen und nicht-ärztlichen Kolleg*innen auf allen Station meist echt nett zu dir, auch weil sie wissen wie es um dich und deine Ausbildung hier bestellt ist.
