Im Vorhinein möchte ich betonen, dass ich schon vor dem Quartal wusste, dass ich nicht in die Chirurgie möchte. Dafür habe ich viel gelernt. Gleichzeitig kann es sein, dass meine Sicht auf die Chirurgie als Fachdisziplin meine Erfahrungen beeinflusst hat. Insgesamt würde ich der Allgemeinchirurgie der UMM ein "stets bemüht" bescheinigen. Die Ansätze sind gut, an der Ausführung scheitert es zum Großteil. Ich werde versuchen ein Gesamt-Überblick zu geben und auf Vor und Nachteile einzugehen.
Allgemein:
Ich empfand mein Chirurgisches Quartal als sehr kräftezehrend. Die Tage sind lang (7-16 Uhr im Schnitt) Die Personalsituation zu Zeit sehr angespannt, weshalb es öfters der Fall war, dass Ärzte neben der Stationsarbeit noch in der Notaufnahme/Sprechstunde/OP arbeiten mussten. Was zur Folge hat, dass man teilweise alleine auf Station ist ohne einen wirklichen Plan zu haben. Oder, dass ein Arzt zwar da ist, aber absolut null Kapazität hat um gleichzeitig noch Teaching mit PJlern zu betreiben, geschweige denn Standard-Abläufe zu erklären.
Ich habe viel gelernt in meinem Quartal. Das lag aber mehr daran, dass ich aktiv aufgepasst habe und nicht zwingend viel erklärt bekommen habe. Bzw. natürlich kam es sehr stark darauf an, an welche Person man geraten ist . Es gibt super engagierte Ärztinnen und Ärzte die einem gerne und viel erklären. Aber auch bei Ihnen mangelt es an der frei verfügbaren Zeit, die sie für Lehre zur Verfügung bekommen.
Man bekommt schnell den Eindruck Mittel zum Zweck für die Uniklinik zu sein. Ist auf einer Station gerade kein PJler, wird auf einer anderen angerufen, damit der Stationsarzt die Blutentnahmen nicht selbst machen muss. Im OP dient man als Haken Halter, was zwar prinzipiell okay ist, allerdings würde ich mir dann mehr Erklärungen während der OP wünschen. Das passiert nur von den wenigsten Operateuren. Man bekommt zwar eine Antwort, wenn man sich im OP interessiert zeigt. Allerdings beschränkt es sich meist auf kurz gefasste Antworten und es wird nicht tiefergehend darauf eingegangen.
Wenn dann doch mal genügend Zeit vorhanden ist, lernt man einiges: Punktionen/ZVK/Arterien auf der IMC, chirurgische Arztbriefe und Entlassmanagement, Problemfeldorientiertes Arbeiten in der Chirurgie, gezielte chirurgische Untersuchungen und postoperatives Management.
Vorteile:
Festgelegter Rotationsplan:
Ich selbst bin auf allgemeinchirurgischer sowie gefäßchirurgischer Normalstation, chirurgische IMC und der Ausbildungsstation MICA (Mannheimer Interprofessionelle chirurgische Ausbildungsstation) gewesen. Der Plan war im vorhinein geschrieben, somit konnte man seine Zeit gut einplanen. Urlaubswünsche wurden möglich gemacht (auf der MICA ist man als Stationsarzt fest eingeplant (unter Betreuung), daher darf man dort keinen Urlaub machen)
PJ-Ansprechpartnerin:
Eine sehr engagierte, freundliche und hilfreiche Assistenzärztin die stets ein offenes Ohr für die Probleme der PJler hat und versucht alles an Organisation unter einen Hut zu bringen. Sie selbst ist sehr motiviert was die Lehre angeht.
Selbstorganisation:
Wenn in der aktuellen Rotation genügend PJler vorhanden sind kann man sich untereinander selbst organisieren. Sprich wer mehr in den OP möchte, oder mehr Zeit auf Station verbringen möchte, kann dies in Absprache mit seinen MitPJlern machen.
MICA:
Auf der Ausbildungsstation leiten 2 PJler in der Früh- und ein PJler in der Spätschicht zusammen mit Pflegeschülern insgesamt 3 Zimmer mit insgesamt 8 Patienten (unter Supervision). Die interprofessionelle Zusammenarbeit ist sehr angenehm. Gleichzeitig darf man in der Zeit nicht in den OP abgerufen werden, was es einem ermöglicht sich mal wirklich mit den Patienten auseinander zu setzten. Großer Pluspunkt im Vergleich zu anderen Stationen. Durch die Selbstorganisation kann man schon einmal Stationsarbeit von Grund auf lernen.
Chirurgische IMC:
Unter der Führung von einer großartigen Anästhesistin kann man hier definitiv viel lernen. Sowohl chirurgisch als aber auch "intensivmedizin-light"
Nachteile:
Personalsituation:
Die Betreuung der PJler leidet aktuell sehr unter der Personalsituation. Zum einen hat die Klinik auch mit Corona zu kämpfen, zum anderen hat man das Gefühl, dass nicht genügend Zeit für die Lehre der PJler frei gemacht wird. Da hatte ich mir im Vorhinein von einer Uniklinik mehr erhofft.
Einstellung:
Man hat schon das Gefühl, dass man eine billige Arbeitskraft ist, die kompensieren darf, wo es sonst an Personal fehlt. Sei es auf Station oder im OP. Nur bei bestimmten Personen hat man das Gefühl dass hier Lehre im Vordergrund steht. Im OP wird häufig ein PJ benötigt, man erfährt meiner Meinung nach aber keine richtige Wertschätzung dafür, dass man teilweise den ganzen Tag mit im OP ist und Haken hält, sondern man ist halt einfach ein PJler und das ist halt so.
Stimmung bzw. Work-Life Balance:
Insgesamt war ich eher gestresst und die Stimmung war insgesamt etwas angespannter. Zum einen weil man nicht gut genug angeleitet wurde. Zum anderen weil den Ärzten allgemein viel abverlangt wird und sich das dementsprechend auf die Gesamtsituation überträgt. Den ganzen Tag im OP zu stehen ist zusätzlich körperlich anstrengend weshalb ich nachmittags dann relativ wenig Energie übrig hatte um noch Hobbies oder sozialen Kontakten nachzugehen.
Die Allgemeinchirurgie der UMM hat prinzipiell Potential ein gutes PJ-Quartal zu werden. Die Ansätze sind vorhanden, die PJ-Verantwortliche richtig engagiert und die MICA-Ausbildungsstation richtig gut solange sie ordentlich betreut ist. Allerdings mangelt es aktuell an Personal und der Zeit die diesem Personal für Lehre zur Verfügung gestellt wird. Wenn darauf mehr Wert gelegt wird, kann man sehr viel Lernen und sich auf einen großen Wissenszuwachs freuen.