Ich kann jedem, der Interesse an der Anästhesie hat, nahelegen, sein Tertial in Bad Soden zu absolvieren.
Man ist während des Tertials für ca. 8 Wochen im OP eingesetzt und für ca. 8 Wochen auf der Intensivstation.
Tag im OP:
Es gibt ca. 10 OP-Säle im Haupt-OP, zwei Uro-OP-Säle und einen Sectio-Saal. Am Anfang wurde ich noch einem Saal aktiv zugewiesen, aber bereits am Ende der ersten Woche durfte ich mir aussuchen, in welchen OP ich gehe. Man hat auch die Möglichkeit, Saal-Hopping zu betreiben, um möglichst viele Einleitungen und somit Intubationen mitzunehmen.
Der Arbeitstag im OP beginnt um 07:18 Uhr. Es gibt keine richtige Frühbesprechung, weshalb man sich meist zum Schichtbeginn am Tresen im Aufwachraum trifft. Danach geht man in die zugeordneten, bzw. im Falle der PJler ausgesuchten, Säle. Dort hilft man bei der Vorbereitung des Patienten, der Narkoseeinleitung, der Narkoseführung und der Ausleitung. Ich durfte bereits am ersten Tag intubieren. Wenn während der OP etwas Leerlauf ist, erklären die Anästhesisten gerne ein paar Dinge. Unabhängig davon, ob es sich um einen Assistenzarzt, Oberarzt oder gar den Chefarzt handelt. Alle sind sehr freundlich, interessiert und wollen Wissen vermitteln.
Wenn man sich gut anstellt und Interesse besteht, darf man im Verlauf auch einen ZVK oder Arterien legen und einen Saal alleine übernehmen. Natürlich ist dann immer jemand in Rufnähe.
Der Tag im OP endet nicht immer zur selben Zeit. Man kann jedoch sehr frei über seine Zeit bestimmen. Keiner zwingt einen bis um 16 Uhr zu bleiben. Meist enden die OPs um 15 Uhr herum, jedoch lässt sich das nicht immer fix planen. Wer früher gehen möchte, kann früher gehen, wer länger bleiben möchte, kann länger bleiben.
Tag auf der Intensivstation:
Der Tag auf der Intensivstation beginnt um 7 Uhr mit einer Visite, an der nur das Ärzteteam der Intensivstation teilnimmt. Anschließend, so gegen 8 Uhr, beginnt die Visite mit den chirurgischen Fachabteilungen, bei der das weitere chirurgische Prozedere besprochen wird. Gegen 9 Uhr gibt es eine Frühbesprechung im Schwesternzimmer, bei der geplante Entlassungen, Operationen, Untersuchungen etc. kommuniziert werden. Anschließend teilt man die Patienten untereinander auf. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich bereits am ersten Tag eigene Patienten übernehmen können, jedoch wollte ich mich erst einmal einfinden. Dann geht jeder Arzt/PJler zu „seinen“ Patienten, untersucht diese, kontrolliert die Laborparameter, Untersuchungsbefunde und Medikamente, macht Ultraschalle etc. Danach geht es ans Dokumentieren. Gegen 11:30 Uhr gehen die PJler der Intensivstation meist Mittagessen, um pünktlich um 12:30 Uhr zur Nachmittagsvisite wieder auf Station zu sein. Diese geht bis ca. 13:30 Uhr. Danach durfte man, wenn man wollte, gehen.
Da das Intensiv-Team für die Reanimationen im kompletten Haus zuständig ist, konnte man als PJler auch hier einiges an Erfahrungen sammeln und auch aktiv bei der Reanimation mitwirken.
Sowohl im OP, als auch auf Intensivstation war es so, dass man zu spannenden Dingen, wie RSI, fiberoptische Wachintubation, Notfällen etc. hinzugerufen wurde.
Bei Interesse besteht auch die Möglichkeit, die Schmerzmedizin und das Palliativteam in Hofheim zu unterstützen oder beim prämedizierenden Arzt mitzulaufen. Der prämedizierende Arzt ist für die Patientenaufklärung, das Kontrollieren der PDKs und den Schockraum zuständig.
Ansonsten empfiehlt es sich, an seinen Backkünsten zu feilen. Es gibt nämlich die Regel, dass man für jede Sache, die man das erste Mal machen durfte (und das ist meist einiges), einen Kuchen mitbringt.
Alles in allem hatte ich eine super Zeit in der Anästhesie und habe mich dort sehr wohl gefühlt. PJler werden dort wertgeschätzt und als Teil des Teams angesehen.
Generelles:
- Sehr nettes Team
- Gute Stimmung (auch im OP)
- Kostenloses Mittagessen
- Geregelte Arbeitszeiten
- Möglichkeit, 24h-Dienste mitzulaufen
- 1x Studientag pro Woche, frei wählbar
- 2x pro Woche PJ-Unterricht (montags und donnerstags 14:15 bis ca. 15:30 Uhr)
- OP-Dienste (Rufdienst; unter der Woche 8-16 Uhr parallel zum normalen PJ, am Wochenende 10-15 Uhr; 100€ pro Dienst unabhängig davon, ob man angerufen wird oder nicht; bis zu 4 Dienste pro Monat, abhängig von der Anzahl der PJler)
- Rotation in andere Abteilungen möglich
- Mitfahren beim NEF möglich
- Parkplatz für 5€ pro Monat im Klinikparkhaus
- Wohnmöglichkeit nach Rücksprache (ca. 260€ für ein Zimmer mit Gemeinschaftsbad/-küche, ca. 390€ für ein Apartment mit eigener Küche/Bad)
Bewerbung
Die Bewerbung lief über das PJ-Portal ab. Hierbei ist zu beachten, dass Bad Soden für das Anästhesie-Tertial nur wenige Plätze vergibt und somit etwas Glück oder eine gute Startzeit dazugehören, einen Platz zu ergattern. Zum Zeitpunkt meiner Bewerbung war nur ein Platz pro Tertial in der Anästhesie zu vergeben. Bewirbt man sich für das PJ mit Beginn im Herbst, so gibt es wohl zwei Plätze pro Tertial.