PJ-Tertial Chirurgie in Dreifaltigkeits-Hospital Lippstadt (1/2022 bis 4/2022)

Station(en)
Unfallchirurgie, Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurgie
Einsatzbereiche
OP, Notaufnahme, Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Bisschen real talk noch zum Start. Sonst geht es unter
- Die Assistenzärzte dieses Hauses sind übertrieben cool. Das meine ich ohne einen Funken Ironie
- PJ-Haus ist top. Plötzlich einziehende Mitglieder der Geschäftsführung eher flop
- Trotzdem: Insgesamt super Organisation mit Schlüssel, Ein- und Auszug, Spind, Karte usw. Hier besteht kein Verbesserungsbedarf.
- Alle Ärzte der Unfallchirurgie sind von jeglicher Kritik ausgenommen. (von Kritikfreiheit wiederum ausgenommen ist der Chef. Der kann direkt zu Akt 2 springen). Ohne diese Leute wäre ich in der letzten Rotation wahnsinnig geworden. Tolles, tolles Team! Besonders die Notaufnahme ist mit einer spitzen Fachärztin besetzt die super erklärt. Die Neurochirurgin und die beiden Assistenten sind eine Wohltat für die Seele. Wenn man den OP raus rechnen würde, gäbe es eine 1 für diese Abteilung.
- Covid hat zu unserer Zeit gewütet und viele Ärzte ausscheiden lassen
- Alle Abteilungen haben vereinzelt Ärzte, die Spaß an Lehre haben.
- Es war bereits das 3. Tertial
- Ohne Kontext: Wunde ist reizlos, Fraktur versorgt, Kittel offen und Chef adressiert.
- Trotzdem die Antwort darauf ob man hier PJ machen sollte lautet NEIN!

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mit-PJler, liebe Chefärzte die sich gerade fragen wieso keine neuen Assistenzärzte mehr bei Ihnen anfangen.
Letztere Adressaten dürfen einmal ihr Handy herausholen, dort auf die Kamera-App gehen und das Bild spiegeln. Entgegenblickendes Gesicht könnte die Antwort auf die obige Frage darstellen.
Im Folgenden möchte ich gerne in drei Akten die Tragödie mit dem Titel „Chirurgisches Tertial in Lippstadt“ oder auch „wie ich den Glauben in das Gute im Chirurgen verlor“ erzählen.
Ganz im Stile von pulp fiction werden die Akte jedoch achronologisch gezeigt.

Akt 1 – Die Maulende Myrte (Allgemeinchirurgie)
Wer sich in der Schule mal die Frage gestellt hat „Wie war das wohl damals zur Zeit Ludwig des XIV?“ hat hier die Chance absolutistische Herrschaft zu erleben. Alle Fragen laufen hier zentral über den Chefarzt der Abteilung. Damit sind ALLE gemeint. Wann wird wer operiert (bestimmt sogar ernsthaft sinnvoll), wann wird die Drainage gezogen, was für eine Kost kriegt der Pat., wann geht der Patient, welches Schmerzmittel kriegt er/sie… Eigenständiges Arbeiten der Assistenzärzte wird hier in keiner Art und Weise gefördert. Man kann sich nun vorstellen, was man als PJler hier darf: Nichts. Absolut gar nichts. Teilweise sitzt man stundenlang im Arztzimmer rum, schaut an die Decke oder dem Gras beim Wachsen zu. Wenn man dann mal in den OP darf/muss hat man so richtig in die Scheiße gegriffen. Wenn dann der Chef am Tisch steht sind beide Hände bis zum Ellenbogen mit Kot beschmiert und der eigene Kopf droht zu explodieren. Denn der hat das Temparement eines Kindes dem man den Lolli weg genommen hat. Er schreit permanent, regt sich die ganze Zeit auf verbreitet eine Stimmung in der man sich nicht traut Fragen zu stellen

Akt 2 - „Sie dürfen ja viel, aber das nicht“ (Unfallchirurgie)
So wies mich mein Chef freundlicherweise darauf hin, dass ich die Schraube, welcher er nur widerwillig in die Patientin einbringen wollte, nicht anzurühren habe. Recht hatte er auf jeden Fall. Der OP-Schritt war ziemlich schwierig und nicht für einen Studenten geeignet. Die Frage, die mir in dem Moment jedoch im Kopf schwirrte, war: „Was bedeutet eigentlich viel?“ Kurz im Kopf überschlagen wie viele Nähte ich in 4 Wochen UCH intraoperativ machen durfte…Hmm: 1.
Und Schrauben in irgendeiner Art und Weise betätigen? 0; Mal was abkleben? Viel zu kompliziert für einen Studenten; Irgendwelche OP-Schritte übernehmen, die über das Halten von Haken hinaus gehen? Wieder 0;
So langsam dämmerte mir, dass er und ich das Wort „viel“ einfach völlig anders definierten. Dann fiel mir aber wiederum sein viel genutzter Spruch ein, welchen ich ziemlich viel zu Ohren bekam „Sie dürfen Haken halten – SONST NICHTS“ (In der Stimmlage in der sich Capslock liest). In Reflektion dämmerte mir dann auch, dass sich diese Grundhaltung ebenfalls auf studentische Fragen bezog. Generell sollte man versuchen möglichst leise zu atmen. Außerdem ist man was die Gesprächsführung angeht auch nicht Teil des Raumes. Dinge werden nur erklärt, wenn auszubildende Ärzte im Raum stehen. Die Erklärungen werden dann auch explizit nur an diese adressiert. Man wird nicht mal direkt adressiert, wenn man etwas falsch macht. Dann heißt es nur zum 1. Assistenten: „Wenn der/die StudentIn jetzt die Haken mal richtig halten würde…“ Dass die Würde eines Menschen unantastbar ist, kam hier wohl leider nicht durch.
Also: Wer keinerlei Selbstrespekt hat möge in diesen OP pilgern.

Akt 3 – Das fehlt das „praktisch“ in dem „Jahr“ (Gefäßchirurgie)
Aber die Gefäßchirurgen waren wirklich alle sehr nett. Im OP hat man zwar häufig auch nur danebengestanden (was bei den Eingriffen aber auch Sinn ergibt), aber es wurde viel erklärt. Der Chef ist wirklich nett und erklärt von sich aus gerne und viel. Die Oberärzte nehmen einen gerne mit und bei den richtigen Leuten kann man auch etwas punktieren oder nähen. Außerhalb des OPs macht man aber auch nicht viel mehr als zuschauen. Häufig steht man daneben und kriegt zwar was gezeigt, aber selbst in die Hand nehmen darf man nur extrem wenig.

Also was sind die Grundprobleme dieses Hauses?
- Es sind zu wenig ausgebildete Ärzte da, um Lehre zu machen. Wenn das Team aus Hospitanten und Anfängern besteht, kann man nicht angeleitet werden.
- Man tut kaum praktische Dinge. Das ist im „praktischen“ Jahr sehr schade
- Man bleibt trotzdem jeden Tag (außer Mittwochs) bis um 16 Uhr und langweilt sich teilweise zu Tode
- Seminare fanden so gut wie kaum statt. Wenn es mal dazu kommt, sind es vorgelesene Power point Präsentationen. Da kann man genau so gut in die Vorlesung gehen
- Versprechungen werden nicht gehalten: Seminare (viel zu selten), angebliche Doppler-Kurse, EKG-Kurse, Echo-Kurse, Sono-Kurse… hat alles nicht stattgefunden. Wir haben jedoch mehrmals nachgefragt!

In dem Sinne liebe Chefärzte: Viel Spaß mit klaffenden Dienstplänen, schlecht besetzten Stationen und nicht vorhandenen Studenten.
Ihr frustrierter PJler.
Bewerbung
PJ-Portal
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Repetitorien
Tätigkeiten
Braunülen legen
Patienten aufnehmen
Notaufnahme
Blut abnehmen
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Botengänge (Nichtärztl.)
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Mittagessen regelmässig möglich
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
22,50/Tag

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
3
Ansehen des PJlers
4
Klinik insgesamt
5
Unterricht
5
Betreuung
5
Freizeit
3
Station / Einrichtung
5
Gesamtnote
4

Durchschnitt 4.13