Stroke, Poststroke/ allgemein neurologische Station, ZNA
Einsatzbereiche
Station, Notaufnahme
Heimatuni
Giessen
Kommentar
Das Tertial in der Neurologie Bremen-Mitte war mit Abstand das Beste.
Schon am ersten Arbeitstag hat sich der Chefarzt persönlich vorgestellt, die Abläufe erklärt und auf die niedrigen Hierarchien hingewiesen. Das gesamte Kollegium ist bemüht, einem was beizubringen und einen miteinzubeziehen! Nach getaner Arbeit hat man sich zB. auch mal für ein Feierabendbier an die Weser gesetzt :)
Zu den Aufgabenbereichen gehört alles, was die Assistenzärzte auch tun: elektive Patienten aufnehmen, Scores erheben, eigenständig Patienten visitieren, Patienten zB. in der Röntgendemo vorstellen, Briefe schreiben, Anordnen von Umfelddiagnostik, Konsilen und Therapien, Reha-Anträge, Verlegungen, Angehörigengespräche, sich im Neurosono versuchen und natürlich Lumbalpunktionen. Blutentnahme und Viggos halten sich sehr in Grenzen. In der Notaufnahme darf man sowohl die fußläufigen Patienten aufnehmen (MS, Migräne etc), als auch Notfälle wie Schlaganfälle außerhalb des Lysezeitfensters. Das Einzige was rechtlich nicht möglich ist, sind die eigenständige Todesschau und Bluttransfusionen. Als PJler hat man den Vorteil, auch mal in der Neuroradio vorbeischauen zu können (Thrombektomien, LPs unter Durchleuchtung, Coiling). Bei allem gilt, man kann so viel übernehmen, wie man sich eben zutraut und hat durchgängig die Möglichkeit für Rücksprachen.
Das Klinikum Bremen-Mitte ist Maximalversorger und hat sich vor wenigen Jahren vom Partnerkrankenhaus getrennt. Zuvor war Bremen-Mitte für Schlaganfälle und Bremen Ost (?) für allgemein neurologische Fälle zuständig. Die Station ist daher noch in Stroke und Poststroke gegliedert, inzwischen ist die Poststroke zum allgemein neurologischen Bereich geworden. Die übrigen Bereiche sind die ZNA, die Funktionsdiagnostik, der Neurosonoraum auf Station und die Intensiv mit 2 neurologischen Betten, Konsile kommen natürlich aus dem ganzen Haus.
Die Krankheitsbilder bestehen wie überall aus ca. 70% Schlaganfällen in allen Lokalisationen und Ausprägungen (kurzzeitiges Kribbeln bis palliativ) und ca. 30% allgemein neurologischen Fällen (MS, Krampfanfälle, Sinusthrombosen, GBS, Miller-Fisher, Parkinson, Schwindel, NPH, PNP, TGA, Demenz, Delir, Myasthenie, psychosomatisches! und Fremdlieger der Neuroradiologie wie Dissektionen und Aneurysmen). Das Schöne ist dabei die Mischung aus Routine und Krankheitsbildern, in die man sich vertiefen kann. Es gab zB. auch ein paar sehr seltene Fälle wie Enzymmängel und Postcovid Erkrankungen, in denen weltweit lediglich Einzelfälle beschrieben worden sind.
Es finden fast täglich Fortbildungen statt, zu denen ich aber meistens nicht hingegangen bin und deshalb nicht viel sagen kann. Sie sollen von der Qualität wechselhaft gewesen sein, die EKG Fortbildung mittwochs lohnt sich. Zudem gibt es interne Fortbildungen der neurologischen Abteilung, die einmal wöchentlich angesetzt sind. Mal abgesehen von Fortbildungen findet der Großteil der Lehre auf Station statt. Man ist täglich mit den Oberärzten und fast täglich im Kontakt mit dem Chefarzt. Die Lehre ist ausgesprochen gut und es wird jede Gelegenheit dazu genutzt - von Visiten, Kurvenbesprechungen, Mitnahme zu Konsilen und spontanen Einheiten zusammen mit Assistenzärzten. Ich war fast die gesamte Zeit die einzige PJlerin der Neuro, das ist von der Größe der Station her, bzw. der Aufgabenverteilung und der Lehre, die man bekommt, passend. Es gibt ein PJler Telefon und ausreichend PCs.
Die Arbeitszeit ist standardmäßig 8:00 bis 16:30. Man geht, wenn es nichts mehr zu tun oder zu sehen gibt, brauch jedoch letztendlich nie länger als 16:30 bleiben. Meistens ist man gegen 16 Uhr aus dem Haus. Das Kantinenessen ist essbar und kostet im Schnitt 3,80 Euro. Mittagessen gehen war so gut wie jeden Tag möglich. Die Unterkunft ist in Ordnung, mit 270 Euro aber eher an der oberen Preisleistungsgrenze. 5 Minuten Fußweg zum Klinkum, 10 Minuten Fußweg zur Weser und zum Viertel (wo im Prinzip das ganze Leben Bremens stattfindet) und der direkte Anschluss an PJler waren es für mich aber auf jeden Fall wert. Geplant ist der Abriss des Gebäudes gegen Ende 2023, ob es danach noch PJ-Zimmer geben wird, ist mir nicht bekannt. Wenn man bis dahin ein Zimmer will, sollte man sich sobald man den Platz hat bei der Wohnheimsbeauftragten melden, es gibt 4 Zimmer auf ca. 15 PJler. Die Aufwandsentschädigung beträgt 649 Euro.
Mir waren und sind die Lehre und das Zwischenmenschliche am wichtigsten und ich bin hier auf meine Kosten gekommen. Eine bessere Vorbereitung für den Berufsanfang gibt es nicht! Nach diesem Tertial habe ich mich entschieden, Neurologin zu werden.