Das perfekte Tertial für den orthopädisch OP-Interessierten PJler.
Sicherlich leistet man in der Schulthess-Klinik deutlich mehr Wochenstunden als in einigen Krankenhäusern in Deutschland. Man hat keinen Studientag und macht in der Regel um die 50 Wochenstunden. Dazu gibt es einen Pikettdienst (Bereitschaft), den jeder 1-2 mal im gesamten Tertial belegt. Als Pikett wird man angerufen, falls OPs nach 17 Uhr unter der Woche oder am Wochenende anfallen, an denen ein Unterassistent am Tisch gebraucht wird.
Grundsätzlich klingt das sicher erstmal nach viel Arbeit, obwohl doch gerade Zürich so viel in der Freizeit zu bieten hat.
Ich kann jeden beruhigen, dem das zu viel vorkommt, solange man Spaß am OP hat und orthopädisch interessiert ist. In der Schulthess-Klinik wird durch sehr aufmerksame und professionelle Betreuung ein Arbeitsumfeld geschaffen, in dem es mir nie schwer gefallen ist um die 10 Stunden am Tag zu arbeiten. Die PJler/Unterassistenten haben ein eigenes Großraumbüro mit einem Medienraum inklusive Arthroskopiesimulatoren in dem jeder seinen eigenen Schreibtisch mit Schrank und PC hat. Hier starten alle zusammen und finden sich oft nach den OPs wieder dort zusammen. Eine Garderobe und Wasser wird ebenfalls Büro zur Verfügung gestellt. An den "Stationstagen" erledigt man hier seine Arbeit und geht anschliessend selbstständig auf Visite. Zwischendurch kann man sich täglich ein kostenloses Heissgetränk im Bistro holen. Hat man nach der Visite die Patienten an den Tagesarzt übergeben, kann man an Stationstagen häufig bereits deutlich vor 17 Uhr gehen. An diesen Tagen kann man auch das ausgezeichnete Mittagessen wahrnehmen. Als Mitarbeiter zahlt man generell in der Cafeteria und dem Bistro immer die Hälfte. Das macht beim Mittagessen circa 8 CHF. Man kann seinen Teller selber füllen und dann mit Kollegen auf der Sonnenterrasse genießen. Immer ein kleines Highlight.
Die meisten Tage verbringt man im OP. Hier kann man sich Mittagessen hinbestellen, was wir Unterassistenten aber kaum gemacht haben, da es kostenlos Brot, Aufstrich, Saft, Kaffee und Suppe gab. Im OP ist man meistens 2. Assistenz und bereitet die OPs vor und nach inklusive Röntgenbildern. Während der OP wird man vor allem, wenn man ein bisschen da war und motiviert ist, mit der Zeit immer mehr machen dürfen. Zu Beginn ist Haken halten sicher die Hauptaufgabe. Man wird aber auch häufiger 1. Assistenz und nähen durfte ich so gut wie immer. Nach dem Tertial stellt mich eigentlich kaum noch eine Naht vor Probleme, was wie man vor allem später merkt, ein gutes Achievement ist. Die Arbeit im OP in der Schulthess war für mich inspirierend. Spaß, Wissen und Wertschätzung bei medizinisch höchstem Niveau zu erfahren war genial. Teaching gab es von Chefärzten aber auch von fast allen Assistenten. Gewiss hat der regelmäßige private Kontakt sowohl zum pflegerischen als auch zum ärztlichen Team seinen Beitrag zu der guten Stimmung im OP geleistet. Diesen privaten Kontakt haben wir oft selbst initiiert. Zudem wurde das aber auch supportiv von der Schulthess unterstützt. Die UHU-zuständige Betreuerin aus der HR hat immer dafür gesorgt, dass wir an Abendveranstaltung (sogar Kongressen) teilhaben konnten. Es wurde stets an uns gedacht, und stets das Gefühl vermittelt, dass man ein richtiges Teil im Team ist. Fortbildungen haben wir in Form von einfachen Email-Kontakt zu Oberärzten selber organisiert. Highlights waren hier der Nahtkurs, das Karrieregespräch mit Prof. Rüdiger und Prof. Manner und das Fitness-Workout mit den Physios aus dem Medical Swiss Olympisch Center. Die Sportmedizin lohnt es sich auch in der Sprechstunde zu besuchen. Allgemein kann man an kurzen OP-Tagen oder Stationstagen immer Sprechstunden besuchen. Die Auswahl ist groß, da in der Schulthess fast der gesamte Bewegungsapparat behandelt wird (inkl. Kinder).
Ein wichtiges Thema ist noch die Wohnsituation. In zurückliegenden Tertien wurde diese öfter bemängelt. Zum Glück wurde reagiert und man wohnt in einem gepflegten Haus in Eidmatt/Seefeld. Das ist eine sehr gute Gegend Zürichs mit guten Einkaufsmöglichkeiten und guter Tramanbindung. Zur Klinik braucht man Tür zu Tür circa 10 min per Tram. Man wohnt in 4er WGs. Jede WG hat eine Dusche, ein separates Klo und eine kleine Küche sowie Schränke. Im Keller ist eine große Gemeinschaftsküche und die kostenlose Waschmaschine mit Trockner. Einmal die Woche kommt eine Putzfrau. Dafür muss man zu Beginn einmalig 200 CHF bezahlen.
Die Kosten, welche vor allem durch Freizeitaktivitäten steigen, liessen sich durch den hohen Lohn bei mir gut deckeln. Überstunden werden mit 20CHF/h vergütet und Minusstunden gibt es nicht. Bedeutet man bekommt, solange man um 07 Uhr da ist, immer den gleichen Tagelohn, egal, ob man bis 13 Uhr oder 16:57 Uhr da war. Ab 17 Uhr beginnen dann die Überstunden.
Zusammenfassend fallen mir zurückblickend tatsächlich kaum Dinge ein, die hätten besser sein können. Die Betreuung durch Ärzte, HR und TOAs war immer respektvoll und freundlich. Man wurde schnell ein Teil des Teams. Die stetige Wertschätzung, welche man auch durch gute Verpflegung, Einbindung in Privatveranstaltungen und andere Aufmerksamkeiten erfahren durfte, hat bei mir bleibenden Eindruck hinterlassen. Sicher sind das subjektive Erlebnisse. Man muss insbesondere für den OP motiviert und auch ausdauernd sein. Wenn man das ist, bin ich mir sicher, wird man eine sehr gute Zeit an der Schulthess erleben. Dass der Standort Zürich mit unzähligen Bademöglichkeiten, Ausflugszielen und Angeboten für Nachtschwärmer einzigartig ist, ist vermutlich weniger subjektiv und bedarf keiner weiteren Erklärung.