Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, OP
Heimatuni
Berlin
Kommentar
Insgesamt denke ich hätte ich persönlich nicht mehr von meinem Chirurgie-Tertial erwarten können. Im Vergleich zu anderen Erfahrungen, die man so machen kann in der Chirurgie, war es sicher super.
Allerdings steht man auch wirklich viel im OP - vor allem in der Allgemein- und Unfallchirurgie. Sollte man sich als Chirurgie-Muffel also überlegen.
Vorteil der Klinik:
- flexible und große Auswahl an Fachrichtungen - wenn man will kann man viel verschiedenes sehen oder eben länger in einem Team der Wahl sein
- Gehalt
- PJler*innen werden nicht unbedingt für selbstverständlich genommen und dürfen auch was machen (ich durfte zB in jedem Fachbereich immer mal nähen)
-Rotation in Pathologie/ Strahlenmedizin für 1 Woche (ich war in der Patho und fand es super spannend zu sehen was mit den Präparaten passiert und wie ein Schnellschnitt abläuft. Außerdem war es gut zur Erholung mit Arbeitszeit von ca 8-14 Uhr)
- Einsatz auf der ITS oft möglich
Nachteil:
- etwas chaotisch organisiert. Vor allem SAP-Zugänge organisieren kann super nervig sein.
- schlechter PJ-Unterricht (wegen der verschiedenen Standorte oft unpraktisch, zum Teil wenig informativ, fällt oft aus)
- zum Teil extrem hierarchisch und etwas provinziell zB was Themen wie Gleichstellung angeht (vielleicht auch typisch Chirurgie)
- Blutentnahmen macht die Pflege. Man selbst unterstützt nur bei Personalengpass oder “schweren” Fällen
-große allgemeine Unzufriedenheit beim Personal wegen Personalmangel
Zu den einzelnen chirurgischen Stationen:
Allgemeinchirurgie:
- Eigentlich ein nettes Team - v.a. Die Assistent*innen sind super. Man wird gut integriert. Der Chef interessiert sich sehr für Studis und lässt einen auch viel machen. Allerdings gibt es nur männliche Oberärzte und was man sich im OP so anhören muss, ist zum Teil furchtbar. Vom persönlichen Gottkomplex über jegliche Form der Diskriminierung. Oft konnte ich meinen eigenen Ohren nicht trauen.
- je nachdem wie viele andere Studis mit auf Station sind, hat man mehr oder weniger viel zu tun. Ich war länger die einzige und stand dadurch quasi jeden Tag im OP.
- Rotation auf ITS möglich
- große Variation an OPs
- Wenn man nicht auf dem OP Plan steht, kann man mit in die Ambulanz und dann ggf. auch in die Notaufnahme, wenn dort ein*e Patient*in ist.
- man darf immer mal zunähen, Drainagen annähen und auch mal spannendere Dinge tun (zB Habe ich subclavia punktiert bei ihnen Port)
- eigener Spind, eigenes Telefon (das aber kaum einer nutzt)
Unfallchirurgie:
- Gemischt nettes Team. Viele sind nett, manche eher desinteressiert/ abweisend.
- Chef ist weithin als emotional instabil bekannt und kriegt ab und zu Ausraster. Sehr unangenehm das mitzubekommen. Vor allem die Chefvisite ist ein großer Witz weil alle ängstlich umher wuseln und es großes Eskalationapotential gibt.
-Sexismus, Rassismus, Ableismus, Gewichtsdiskriminierung etc. v.a. im OP sind an der Tagesordnung.
- Man steht fest auf dem Plan und hat im Zweifel viel zu tun. selbst durfte ich nur nähen - das hat mir aber auch gereicht. Sonst Haken halten oder Gliedmaßen.
- Wenn man nicht im OP steht, kann man in die Notaufnahme - das fand ich super!! Wenn man hier jemanden findet, der zeigt lernt wie Röntgen angemeldet wird und wie man einen Brief anlegt, kann man selbstständig patient*innen untersuchen, Röntgen befunden und einige Platz- oder Schnittwunden nähen. Leider war ich häufiger im OP eingeteilt als mit lieb war.
Herz-Thorax-Gefäßchirurgie
- hier ist es mir am schwersten gefallen, im Team anzukommen. Man steht nicht fest auf dem OP-Plan und was man macht hängt von der eigenen Initiative ab. Hat Vor- und Nachteile. Im Prinzip würde es niemandem auffallen wenn man nach der Frühbesprechung verschwindet.
- es gibt die Möglichkeit bei den ACVB-OPs die Beine nach der Venenentnahme komplett eigenständig zuzunähen. Hier hat man viel Zeit, da nebenbei die OP ja weiterläuft und man nicht wegen OP-Überleitungszeit oder Anästhesie gestresst wird. Wenn man die richtigen Leute fragt, zeigen sie einem gerne auch das nähen.
- insgesamt stand ich in dieser Abteilung am wenigsten mit am Tisch, weil es auch viele junge Assistent*innen gab und diese zB in der Herzchirurgie erstmal auch nicht viel machen außer die Venenentnahme bei ACVB.
- Wundversorgung bei den Gefäßchirurgischen Patient*innen
- Drainagen ziehen auf Station. Ich durfte auch zweimal Pleura punktieren.
- es gibt einen stationseigenen Kardiologen, der viel erklärt und spannende ECHOs Prä-, Intra- und Post-OP macht
- Rotation in die ITS möglich - hier durfte ich auch eine Arterie stechen und konnte Verfahren wie ECMOs besser kennenlernen. Sehr nettes Team hier!! Hab hier auch einen ATLS-Kurs mitgemacht.
Plastische und Handchirurgie
- Sehr nettes entspanntes Team!
- Stationsarbeit und Patient*innenaufnahme. Es gibt wenig Patient*innen, man kann gut einen Überblick gewinnen und gut mitarbeiten auf Station. Also auch geeignet für Leute, die sich dem OP fernhalten wollen.
- kleine kurze OPs. Bei Personalmangel ist man 1. Assistenz und kann dann auch einiges machen.
- in meiner Zeit gab es wegen des OP-Personalmangels vor allem Handchirurgie, ich habe aber auch spannende plastische OPs gesehen.
Insgesamt habe ich meine Hemmungen/Sorgen vorm OP wirklich verloren und mehr Sicherheit bei praktischen Fertigkeiten erhalten und das ist so ziemlich genau das was ich mir von meinem Chirurgie-Tertial erhofft habe! Ich stand super oft am Tisch und habe ein riesiges Spektrum an Eingriffen gesehen und konnte wirklich viel nähen.