Ich kann mich den positiven Vorberichten leider nicht wirklich anschließen. Das Team ist nett und die Arbeit entspannt aber man lernt nicht viel. Dafür ist die Umgebung der Hammer.
Station:
Es gibt zwei Stationen. Dort gibt es für Studenten nichts zu tun. Arztbriefe werden alle im Journaldienst geschrieben und von der restlichen Stationsarbeit bekommt man auch nichts mit.
Bei Visite auf C1 kann man theoretisch mitgehen. Dort wird aber nichts erklärt und die Pflege signalisiert zum Teil sehr deutlich, dass man bei der Visite von ihrer Seite nicht erwünscht ist. Einmal wurde sogar eine Studentin von der Visite weggeschickt „weil es zu eng in den Zimmern“ sei. Für ein Lehrkrankenhaus ziemlich schwach. Ein Oberarzt macht meist auf Station C2 Visite und mag grundsätzlich keine Studenten. Den werdet ihr schnell identifizieren. Von ihm hält man sich automatisch fern. Bei dem müsst ihr euch auch nicht vorstellen, er guckt euch weder an, noch reagiert er sonst irgendwie auf eure Anwesenheit. Wenn er in der Frühbesprechung gebeten wird Studenten mitzunehmen, sagt er, dass er darauf keine Lust hat.
Ambulanz:
Dort hält man sich eigentlich durchgehend auf. Es gibt 4 Ambulanzzimmer und daneben ist die Endoskopie.
Wie viel man hier zu tun hat und lernt, kommt sehr darauf an, wie viele Studenten da sind. Wir waren zwischenzeitlich 7 Studenten und standen uns den ganzen Tag auf den Füßen rum. Man muss viel Eigeninitiative zeigen um dann mal irgendetwas machen zu können. Dadurch dass wir so viele waren, hatte auch niemand Lust uns einzuarbeiten, verständlicherweise. Als wir irgendwann „nur noch“ zu viert waren, ging es deutlich besser und hat mehr Spaß gemacht. Die Assistenzärzte sind sehr nett und die meisten Oberärzte auch. Man kann ab und an mal eine elektive Aufnahme machen und selten auch mal einen Patienten betreuen aber mehr als 1-2 Patienten an einem guten Tag hat von uns keiner aufgenommen/betreut. Dafür sind dann zu viele Ärzte da und zu wenig Patienten. Es ist einfach ein sehr kleiner Ort. Man kann aber immer überall mit reingehen und zuschauen und es hinterher auch mit dem Arzt besprechen, wenn was unklar ist. Blut abnehmen und Zugänge legen kann man da auch ganz gut üben, wenn man das möchte. Und bei den ganz kleinen ambulanten Eingriffen in der Ambulanz darf man auch mal selbst ein Lipom rausschneiden oder zumindest assistieren. Ansonsten werden dort sehr viele Patienten mit chronischen Wunden an den Füßen versorgt. Sonos machen in Österreich grundsätzlich die Radiologen, das lernt man dort also auch nicht.
OP:
In meinen 8 Wochen PJ war ich vielleicht 10 mal im OP mit am Tisch. Studenten werden dort fast nur bei Schilddrüsen und Varizen OPs gebraucht und werden bei anderen OPs auch nicht eingeplant. Für ein Lehrkrankenhaus ebenfalls schwach. Man darf immer zuschauen, wenn man möchte, aber nach 5 Jahren Studium haben glaube ich die meisten Pjler genug in irgendwelchen Ecken vom Op oder Patientenzimmer rumgestanden.
Ab 14 Uhr wenn die Ärzte auch nach Hause wollen, wird man dann ab und an doch mal spontan in den OP gerufen um bis 18 Uhr bei einer Darm-Op zu assistieren. Das wird einem aber grundsätzlich nicht in der Frühbesprechung gesagt, sondern um 14 Uhr spontan. Passiert allerdings selten. Im Op selbst darf man oft die Hautnaht machen, wenn man fragt.
Fortbildung:
Einmal in der Woche ca eine halbe Stunde, von einer sehr sehr netten Oberärztin.
Team:
Die Stimmung insgesamt ist sehr gut. Das Team ist wirklich sehr freundlich und wenn man nachfragt auch immer gerne zu Erklärungen bereit. Es liegt einfach an der Organisation, dass wir dort so unzufrieden waren. Viel zu viele Studenten. Keine klaren Aufgaben. Keine strukturierte Einarbeitung. Keine Beteiligung an der Stationsarbeit. Keine klare Zuweisung, welche Patienten man in der Ambulanz betreuen kann. Wenig Assistenz im OP.
Wer aus seinem PJ maximalen Lernerfolg ziehen will, ist hier falsch. In der Unfallchirurgie hatten die Studenten deutlich mehr zu tun und waren zufriedener. Die haben dort immer eigene Patienten gehabt und waren den ganzen Tag beschäftigt.
Wer aber ein maximal entspanntes PJ und viel Freizeit haben will, ist hier absolut richtig. Ich hab mich nach meiner ersten Woche einfach damit abgefunden, dass ich hier Urlaub mache und kein PJ.
Wir konnten einen Studientag pro Woche raushandeln, das war ziemlich gut. Dadurch war es im KH entspannter, weil immer ein Student weniger da war. Und den freien Tag konnte man natürlich gut gebrauchen. Also falls ihr dort seid, fragt einfach nach Studientagen. Ist dort kein Standard aber bei uns hat das super funktioniert und vieles besser gemacht.
Nach der Röntgen Besprechung um 14 Uhr kann man eigentlich fast immer nach Hause gehen und wenn man dort mal nicht erscheint, ist es auch kein Drama.
Wohnheim:
Kümmert euch früh drum. Die Zimmer sind echt okay und man bezahlt nur 160€ pro Monat. Ich würde nach einem Zimmer mit Balkon fragen, die sind zwar kleiner aber echt schöner.
Ein Fahrrad vor Ort hilft viel. Zu Fuß läuft man zum See und Einkaufen ca 15 Min. Im Sommer sind echt viele Studenten da und das Wohnheimleben ist cool, wenn man sich an den Aktivitäten beteiligt. Im Winter ist es glaube ich deutlich ruhiger und würde ich auch eher nicht empfehlen. Wenn schlechtes Wetter ist, fühlt man sich hier doch etwas eingeengt wenn man den ganzen Tag drinnen rumsitzt. Zumal das WLAN auch fast nicht funktioniert.
Mein Fazit: Wenn ich es nochmal machen würde, würde ich mich in der Unfallchirurgie bewerben. Aber für 8 Wochen ist es in der Allgemeinchirurgie auch nicht schlecht, wenn man viel Wert auf Freizeit und wenig Wert auf das PJ selbst legt. Gmunden ist ein wunderschöner Ort und die Umgebung ein Traum. Günstiger könnt ihr hier nicht Urlaub machen. Falls man sonst ein anstrengendes Pj gewählt hat, ist es hier perfekt um ein paar Wochen abzuschalten.