Der PJ´ler-Alltag auf der Unfallchirurgie in Aschaffenburg ist leider eine absolute Zumutung und in Hinblick auf das Staatsexamen und die spätere klinische Arbeit völlig sinnlos!
Von "Lehre" kann überhaupt keine Rede sein...auch wenn dies an einem Lehrkrankenhaus" wohl zu erwarten wäre - und auch so einzufordern ist!!!
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§3 der Approbationsordnung: PRAKTISCHES JAHR:
- Die Studierenden dürfen nicht zu Tätigkeiten herangezogen werden, die ihre Ausbildung nicht fördern."
..und im "PJ-Curriculum" der Uni Würzburg ist zu lesen:
-"Der Studierende im Praktischen Jahr soll die Fertigkeiten der Untersuchung und Behandlung von Patienten einüben und schrittweise selbständig auf einzelne Patienten anwenden lernen."
-"Es ist das Ziel der Ausbildung im Praktischen Jahr, die Studierenden auf die Tätigkeiten vorzubereiten, die den Anforderungen an einen eigenverantwortlich im deutschen Gesundheitssystem den Beruf ausübenden Arzt gerecht wird."
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All das wird in der Unfallchirurgie AB definitiv nicht vermittelt.
Motto stattdessen: Blut abnehmen, Anamnesen machen und Haken im OP halten.
Basta.
- Patienten untersuchen (klinische orthopädische/chirurgische Untersuchung wie z.B. Meniskus-Tests etc.)???
Nö, lernt man leider nicht. In der gesamten Zeit auf Station hatte ich nur 3x (!) Gelegenheit bei einer Untersuchung dabei zu sein und etwas gezeigt zu bekommen. Na supi. Ach ja: Blut abnehmen kann ich dafür jetzt ganz gut....2 Stunden Übung am Tag lohnen!
- Röntgenbilder beurteilen, Brüche klassifizieren, etwas über Osteosyntheseverfahren lernen???
Nö. Lernt man nicht. Wenn man Glück hat findet man einen Assistenten der gerade mal ne Minute Zeit hat und einem ein Röntgenbild erklärt, bei "Lehrvisite" (1x/Woche) werden dann -wenn man Glück hat- nochmal 2 oder 3 Röntgenbilder gezeigt...von systematischer Lehre keine Spur.
Nichtmal ne Fortbildung für PJ-ler gibt´s.
- eigene Patienten betreuen???
Haha. Guter Witz. Unvorstellbar.
Mit dem geforderten Qualitäten der Approbationsordnung (s.o.)/des PJ-Curriculums hat das PJ in AB also ziemlich wenig am Hut...um nicht zu sagen: gar nichts.
Das Problem ist, dass man als PJler in der Unfallchirurgie lediglich als Lückenfüller dient und quasi nur da eingesetzt wird wo´s grade brennt. Selbst etwas zu fordern scheint in den vorhandenen Strukturen undenkbar.
Man ist nahezu anonym...."der PJ" und macht eben das was gemacht werden muss.
Schon am 1.Tag hätte man sich darüber klar werden können:
Vorgestellt hat sich außer 1nem Oberarzt und einigen Assistenten niemand bei uns. Auch wurde einem nicht mitgeteilt, welche Aufgaben man konkret hat....diese Infos
kamen statt dessen von den vorigen PJs.....
"Morgens nehmt ihr Blut ab...das ist immer recht viel...so um die 30 Patienten tgl.; Dann geht ihr in den OP. Und Nachmittags auf Station bitte den Anamnesen-Stapel abarbeiten."
Die ersten Tage waren außerdem ein wahrer STMMUNGS-SCHOCK...für mich persönlich das absolut größte Manko dieses Tertials!
In meinem vorigen Tertial wurde über alles offen kommuniziert, der Umgangston war freundlich und man wurde als PJ und Mitarbeiter ernst genommen.
Dementsprechend war ich auch motoviert und es hat dort wirklich Spaß gemacht zu arbeiten. Gute Stimmung, gute Therapie, zufriedene Patienten.
So hat es mir auch nichts ausgemacht auch mal Abends bis um 20h zu bleiben,
Hauptsache man hat mal was interessantes gesehen und Erfahrung gesammelt!
In der Chirurgischen Klinik II hingegen ist der Umgangston der Rauheste, den ich je erlebt habe und an Hierarchie kaum zu überbieten.
Dank, Lob oder Wertschätzung kann man sich hier abschminken.
Bereits in der Frühbesprechung ist die Stimmung sehr angespannt.
Statt miteinander im Team konstruktiv Probleme und Fragestellungen zu erörtern herrscht der Imperativ.
Auch das Haken halten im OP bringt keinen Lehreffekt: bei den meisten OPs (z.B. Hüft TEP, div. Schulter-OPs) hat man keinerlei freien Blick auf das OP Gebiet. .....wenn man Glück hat darf man (je nach Operateur) mal kurz auf die andere Seite kommen und
einen Blick ins OP-Gebiet erhaschen.
Erklärungen fallen aber selbst auf Nachfrage extrem spärlich aus, spontan sind sie eine absolute Rarität.
Gerade in Zeiten des (deutschen) Ärztemangels ist das toxische Arbeitsklima und die schlechte PJ-AUsbildung absolut kontraproduktiv und unverständlich...
....denn wer bitteschön möchte dort (später) freiwillig arbeiten, wenn es an anderen Kliniken offene Stellen mit gleicher Bezahlung aber 10-fach besserer Atmosphäre gibt???
Das die PJs von heute die Ärzte von morgen sind ist scheinbar noch nicht durchgedrungen....?!
Ich jedenfalls bin froh, dass das sinnlose "Mädchen-für-alles"-Dasein auf der Unfallchirurgie ein Ende hat...und hoffe nun wieder
an Strukturen zu gelangen, in denen die AUSBILDUNG (!!!) der PJs zumindest irgendeine Rolle spielt und man als Mitarbeiter geschätzt wird.
Bleibt zu hoffen, dass die PJ-Platz-Vergabe in Bayern bald wie in anderen Bundesländern geregelt wird: keine Zulosung durch die Uni, sonder direkte Bewerbung der PJs - d.h. freie Krankenhauswahl.
Immerhin: Gerade haben der Marburger Bund und der BVMD eine solche Initiative gestartet (Beitrag vom 01/2009 hierzu: http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=35207).
Sollte die Initiative erfolgreich sein wird sich auch in der Aschaffenburger Unfallchirurgie etwas ändern müssen - oder die PJs bleiben eben aus!