Das Derriford Hospital in Plymouth gehört zu den größten im ganzen UK. Leider ist es daher zwar sehr groß und unübersichtlich, aber duch das marode britische Gesundheitssystem dennoch nicht unbedingt modern und gut ausgestattet bzw. es hängt teilweise von den einzelnen Stationen ab.
Anfangs wussten sie dort nicht so recht, was sie mit mir anfangen sollten, da ich (zumindest auf dieser Station) wohl die erste PJ-Studentin war.
Ich wurde also zunächst den Junior Docs zugeteilt und fand bald heraus, dass die eigentlich das Gleiche machen wie in D die PJler (nur dass sie in GB eben Geld dafür kriegen und das F1-Programm mit 4-monatlichen Rotationen 2 Jahre geht, anstatt nur 1). Das Arbeiten gestaltete sich sehr angenehm; da ich den gleichen Wissensstand hatte wie die F1s/Junior Docs, aber alle wussten, dass ich kein Geld dafür bekam, war es großenteils meinem eigenen Engagement überlassen, wie viel und wie lange ich arbeiten wollte.
Es empfiehlt sich auf jeden Fall, alles mal anzuschauen (Station, Notaufnahme, Diagnostics, Out-patient clinic,...). Die morgendlichen "ward rounds" (= Visiten) waren immer etwas hektisch, aber man wurde mit eingegliedert und konnte Patienten vorstellen usw. Im OP darf man (je nach Operateur und Anzahl der F2-Assistenten) entweder zuschauen oder richtig was machen (Gefäßnähte, Varizensrtipping). Teaching ist immer, wenn einer der registrars/consultants mal Zeit oder Lust hat und kann mitunter mal mitten auf dem Gang der Notaufnahme geschehen und ist in der Regel höchst lehrreich!!! Zusätzlich gibt es noch einmal wöchentlich F1-Fortbildungen in Form einer Vorlesung. Die Leute sind allesamt waaaahnsinnig nett und liebenswürdig - ich wurde ganz großartig im Team aufgenommen und das Arzt-Patienten-Verhältnis ist in England auch irgendwie anders: Ich persönlich empfand es als sehr viel angenehmer/vertrauens- bzw. respektvoller...
Die Stadt Plymouth ist genial - eine mittelgroße Hafenstadt an der Grenze von Devon und Cornwall, also auch in der schönsten Ecke Englands gelegen. Das Wetter dort ist - entgegen allen Vorurteilen - fast immer schön und sonnig! Die Gegend drumherum birgt vielseitige und wunderschöne Ausflugsziele und Feizeitmöglichkeiten.
Fazit: Ich wollte am Ende dort nicht mehr weg und habe dort zweifellos das schönste Tertial meines PJs verbracht. Alles in allem habe ich dort fachlich und auch persönlich sehr viel gelernt, habe viel gesehen, eine großartige Zeit gehabt, tolle Sachen erlebt, liebe Freunde gefunden uvm. Leider war das Ganze dann nach 8 Wochen auch schon schon wieder vorbei...
Haken: Die bürokratischen Hürden sind zeitaufwendig und nervig und in Ermangelung eines vergleichbaren britischen PJ-Äquivalents auch leider unumgehlich. Ich habe hinterher rausgefunden, dass ich auch verlängern hätte können, allerdings geht das am einfachsten, wenn amn schon vor Ort ist und sich erstmal direkt an die Consultants ( = Oberärzte) wendet und nicht an die Studenten-Koordinatoren. Also, wer vielleicht ein bißchen mehr Geduld hat als ich und sein PJ etwas besser durchdacht/geplant hat, kriegt das vielleicht hin.
Und nicht vergessen: Die Kosten! England ist leider sehr teuer und in Plymouth muss man zu allem Überfluß auch noch Studiengebühren (600 Pfund für 8 Wochen) bezahlen... Das Essen muss man leider auch selbst zahlen, ebenso wie die Wohnung. Aber es lohnt sich!!!
Zum Schluß noch 2 Tipps:
- Kauft euch unbedingt das Oxford Handbook of Clinical Medicine! Das ist nicht nut ein wertvoller Krankenhaus-Begleiter für alle Lebenslagen (da steht wirklich ALLES drin und außerdem noch ejde Menge studentenfreundliche Merksätze), sondern auch wichtig, um sich zunächst mal in das britische System und die ganzen klinischen Begriffe und Abkürzungen einzufuchsen. Also einfach unentbehrlich.
- Wohnung finden ging einfach über www.easyroommate.com
Meine Vermieterin war ein wahrer Schatz; ich hatte sogar das Glück, dass sie auch am Hospital arbeitete und mich so jeden Tag mitnehmen konnte.
Bewerbung
Ätzende Bürokratie (s.o.) Ich hab relativ lange vorher (ca. 1 Jahr) eine Email hingeschickt, wurde dann aber noch ein paarmal weiterverwiesen und hatte letztendlich ein halbes Jahr vorher die definitive Zusage. Dann mussten aber noch 1000 blöde Formulare ausgefüllt werden und Geld überwiesen usw. und die Wohnung war auch noch nicht klar... Also letztendlich müssten zwar 6 Monate vorher reichen, aber wenn man sich nicht so sehr stressen will bewirbt man sich schon früher und schaut ggf. dann vor Ort nochmal, ob man verlängern kann.