PJ-Tertial Chirurgie in Krankenhaus St. Joseph-Stift (6/2021 bis 9/2021)

Station(en)
Bauchzentrum, ZNA
Einsatzbereiche
OP, Notaufnahme, Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich muss leider vorweg sagen, dass ich nicht ganz so hellauf begeistert war wie andere Berichtschreiber. Trotzdem denke ich, das SJS ist durch die Rahmenbedingungen insgesamt eine gute Wahl, auch wenn es Verbesserungspotenzial gibt.

Tätigkeiten:
Leider gibt es einige Ärzte, die einem viele Aufgaben auftischen, die nicht besonders lehrreich sind: d.h. Pflasterwechsel, Klammern entfernen, Drainagen ziehen, außerdem Blutentnahmen, Zugänge legen. Natürlich ist es gut, manches mal gemacht zu haben oder auch eine gewisse Übung zu haben - aber wenn man den ganzen Tag fast nichts anderes macht, wird das Konzept des PJs meiner Meinung nach leider verfehlt. Auch Aufgaben wie Dinge aufräumen, Patienten nach Unterlagen fragen, usw. - klar, kann man gerne mal machen, aber im Gegenzug würde ich Lehre und Beteiligung am Stationsalltag (über die oben genannten Pflichten hinaus) erwarten und die kam meiner Meinung nach zu kurz.

Personal:
Die meisten wirkten nett. Auf Station hat man v.a. mit Assistenzärzten/Fachärzten zu tun. Unter ihnen gibt es durchaus welche, die einem v.a. "nervige" Aufgaben auftragen, und andere, die mehr darauf achten, selbst mitzuhelfen.
Mit den Oberärzten und dem Chef hat man v.a. im OP zu tun. Auch da sind die meisten freundlich, manche etwas strenger, manche lockerer und erklärfreudiger. Das bekommt man allerdings relativ schnell heraus, abhängig davon variiert auch die Stimmung und der Lerneffekt.
Beim Pflegepersonal gab es zwar ein paar schwierige Personen, aber dafür auch andere total nette. Auch im OP, teilweise zwar etwas streng wirkend, aber eigentlich echt lieb.

Tagesablauf im Bauchzentrum:
7.30 - 8 Uhr Frühbesprechung
8 Uhr - open end: Blutentnahmen
ab 8.30 Uhr: Visite
Irgendwann vormittags: Kurvenvisite
12/13 Uhr: Mittagessen
15 Uhr: Röntgenbesprechung
Die restliche Zeit: Drainagen ziehen, Klammern entfernen, Verbandswechsel/ Pflasterwechsel, Zugänge legen, weitere Blutentnahmen, Telefonate/Organisatorisches, Briefe schreiben oder eben OP

Kurzer Vergleich zwischen den Stationen (Stand 2021, vielleicht ist es mittlerweile anders)
*Bauchzentrum:
Dort gibt es 14 Zimmer mit jeweils 2-3 Patienten, also ca. 35 Patienten. Entsprechend gibt es täglich etwa 10-20 Blutentnahmen. Montags ist Oberarztvisite und mittwochs Chefvisite.
*Privatstation:
Dort liegen etwa15 Patienten, es gibt um die 5-10 Blutentnahmen pro Tag. Eine Besonderheit sind allerdings die zwei Visiten, also täglich ab 6.45 Uhr Chefarztvisite, und vormittags nochmal die Visite durch die Stationsärzte.
Außerdem versorgen die Ärzte der Privatstation auch häufiger mal Außenlieger, was dann bisschen Herumgelaufe in der Klinik bedeutet.
*Notaufnahme
Die war recht beliebt, im Grunde konnte man alles machen, also Anamnese, Untersuchung, Sonos, Nähen, Gipsen, Dokumentieren. Allerdings ist das Umfeld natürlich etwas wuselig, man hatte nicht immer sofort einen Ansprechpartner und war auch mal kurzzeitig auf sich alleine gestellt, was etwas überfordernd sein konnte. Der Chef war insgesamt kein großer Fan davon, wenn man den ganzen Tag in der ZNA war, weil ihm OPs und Station wohl sehr wichtig sind, aber solange dort alle Aufgaben erledigt werden, war das schon okay.

"Verpflichtende" OPs:
Es gibt einige OPs, bei denen fast immer ein PJler benötigt wird. Das sind offene Hemikolektomien, Sigma-Rektumresektionen, Pankreas-OPs, manchmal Magen-OPs, Hüft-TEPs. Davon finden auch fast täglich welche statt (als Darmkrebszentrum ist das SJS auch operativ ziemlich darmlastig).
Was etwas unglücklich ist: Im Regelfall war nicht im OP-Plan eingetragen, dass ein PJler benötigt wurde, sodass man eigentlich erstmal davon ausgehen konnte und kurz vor der OP (meist bei der Frühbesprechung) Bescheid gesagt bekommen hat.

Sonstige OPs:
Das OP-Spektrum ist insgesamt ziemlich viszeralchirugielastig. Dazu gehören laparoskopische Cholezystektomien (häufig nachmittags), Appendektomien (dann natürlich eher spontan, auch häufiger mal nachmittags), Strumaresektionen, Nebenschilddrüsen-OPs (immer mittwochs), Leistenhernien, Ports.
Unfallchirurgische Eingriffe sind beispielsweise Osteosynthesen bei Radiusfrakturen, Sprunggelenksfrakturen.
Grundsätzlich war man immer gerne im OP gesehen, auch wenn man nicht "benötigt" wurde, man konnte einfach zuschauen oder auch mal Kameraführen, eher selten Nähen. Ein Problem war allerdings, dass die Stationsärzte einen v.a. vormittags gerne auf Station behalten haben, um Aufgaben zu erledigen und man wenn, dann eher am späteren Nachmittag noch in den OP gehen konnte (zeitgleich mit Mittagessen, Unterricht oder eben noch später).

Lehre auf Station:
Je nachdem, mit wem man bei der Visite mitgegangen ist, wurde mal mehr, mal weniger erklärt. Man musste meistens schon selbst die Initiative ergreifen, also Nachfragen stellen, einfach mal das Stethoskop mit auf den Bauch der Patienten halten usw. Man kann sich auch einfordern, ein Zimmer zu übernehmen. Allerdings klappte das bei uns oft nicht, weil man eben durch die Blutentnahmen die Visite verpasst hat oder viel im OP gefordert war. Insgesamt muss ich sagen, dass die Lehre zu kurz geraten ist. Vermutlich hätte man sie sich noch mehr einfordern können, also beispielsweise selbst mal ein Thema raussuchen und nachfragen, ob man das in einem ruhigen Moment durchsprechen kann. Mühen habe ich aber von manchen definitiv gesehen (z.B. Angebote zum durchsprechen, oder gute Erklärungen bei Nachfragen).

"Lehrvisiten"
Alle paar Wochen hat der Chef gemeinsam mit allen Studenten in der Chirurgie eine Lehrvisite veranstaltet. Die lief so ab, dass ein Student einen Patienten vorgestellt hat, man gemeinsam eine Visite nachgespielt hat und in dem Zusammenhang alles besprochen hat, was ging: Beliebte Themen waren Kalium-Substitution, Wasserhaushalt/physiologische Urinausscheidung, aber insgesamt war es sehr breit gefächert und deckte auch internistische Themen oder Pharmakologie ab, meist so 45min bis 1h. Dem Studenten wurde meist am Vortag oder morgens am selben Tag Bescheid gegeben, welchen Patienten er/sie vorstellen soll. Insgesamt waren die echt ganz hilfreich.

Dienste:
Die Assistenzärzte waren sehr offen für Dienste, haben sich auch oft über Unterstützung im Spätdienst gefreut. Dabei war dann ein Assi für die ZNA und die beiden Stationen zuständig, also es konnte recht stressig werden, umso mehr wurde Hilfe dann teilweise geschätzt. Was die Uhrzeit anging, waren eigentlich alle recht flexibel, bei uns hatte sich der Spätdienst von 13-21 Uhr etabliert. Es war nur allen wichtig, dass morgens genug Leute da sind, um Blutentnahmen und OPs abzudecken, also mindestens 3 Personen mussten morgens da sein.

Praktische facts zur Tertialauswahl:
Ich fand es angenehmer, je mehr Studenten wir waren. Das heißt, ich würde mich auch im PJ-Portal orientieren, in welchem Tertial ich Mit-PJs habe. Grundsätzlich sind das 1. und das 3. Tertial in der Hinsicht sicherlich vorteilhaft, da sich diese am besten überlappen und im besten Fall 6 PJs zeitgleich da sind. In den Semesterferien können zusätzlich noch Famulanten anwesend sein. Aber: es kann natürlich auch zu Langeweile kommen, weil es irgendwann nicht mehr soo viel zu tun gibt für 6-8 Leute. Also je nachdem, was einem lieber ist...
Was im Sommer allerdings auch hinzu kommt: viele Ärzte machen Urlaub, was zu Unterbesetzung und teilweise hoher Arbeitslast führt. In den (Schul-) Sommerferien findet außerdem kein chirurgischer PJ-Unterricht statt.

Unterkunft:
Es gibt insgesamt 6 PJ Wohnungen. pro Tertial werden drei Wohnungen für alle (also potentiell 10) PJs gestellt. Man wird diesbezüglich kontaktiert, sobald die Wahl feststeht und muss sich möglichst schnell zurückmelden (es gilt first come, first serve). Die Wohnungen sind quasi auf dem Gelände, also 2min Fußweg bis in die Klinik und befinden sich alle in einem Stockwerk. Sie sind wirklich toll ausgestattet, etwa 35qm mit Küche inkl. Backofen, Schlafzimmer, Wohnzimmer, Badezimmer und Balkon. Es gibt kein WLAN (auch in der Klinik nicht), das muss man sich selbst organisieren. Tipp: Ein Router reicht für 3 Wohnungen, wenn man ihn in der mittleren Wohnung platziert. Also absprechen mit den Nachbarn lohnt sich.

Ausstattung:
Das St. Joseph-Stift ist noch nicht so modern wie manch andere Kliniken. Es gab tatsächlich noch Papierkurven, in denen alle pflegerischen Daten, die Visite und alle Anordnungen dokumentiert werden. Außerdem noch Papierakten mit Dokumenten, die nicht alle eingescannt wurden.

Unterricht:
Es fand sehr regelmäßig Studentenunterricht statt, häufig schon ab 13 oder 14 Uhr. Das waren wöchentlich Gyn, Anästhesie, Radiologie, Innere (alle 2 Wochen), Chirurgie (Die Qualität variierte natürlich je nach Dozent, besonders hervorzuheben finde ich allerdings den radiologischen Unterricht bei Herrn Dr. Wirthle, der immer sehr lehrreich war.)

Rotationen:
Es ist grundsätzlich möglich in andere Fachrichtungen zu rotieren, dann am besten in Absprache mit dem Chef. Da waren eigentlich auch alle recht flexibel und kulant, solange es abgesprochen war. In Frage kommen da alle möglichen Fachrichtungen, die das SJS zu bieten hat. Besonders beliebt war die Radiologie (wegen der tollen Lehre durch Dr. Wirthle).

Essen:
Das Essen war wirklich toll. Morgens gibt es ein Frühstücksbuffet mit allem möglichen, über Brötchen, Croissants, Joghurt, Müsli, Obst, usw. Mittags gibt es ebenfalls eine vielfältige und leckere Auswahl, 3 Hauptgerichte, verschiedene Beilagen und eine Salatbar. Man konnte sich so viel nehmen wie man wollte. Außerdem zu erwähnen ist das teilweise super liebe Personal.

Bremen:
Eine wirklich schöne Stadt, insbesondere der Stadtteil Schwachhausen mit dem traumhaften Bürgerpark um die Ecke vom Klinikum, die Innenstadt, der Domplatz, das Schnoorviertel.

Urlaub:
Konnte man sich recht unkompliziert nehmen, v.a. solange genug andere Leute da waren und Fehltage ggf. auch durch Dienste ausgleichen. Es reichte aus, einfach den Assis Bescheid zu geben und ggf. dem Chef, falls

Konstruktive Kritik, falls jemand aus dem SJS das liest :)
- PJs in den OP-Plan eintragen, dann kann man besser planen
- bei den BEs mithelfen, sodass man die Visite gemeinsam starten kann
- Lehre: einfach mal etwas zu den Patienten erklären, bei Kurvenvisiten Bescheid sagen, sodass man zumindest so die Patienten kennen lernt

Fazit: echt einige nette bemühte Leute, schöne Stadt und Klinikumslage, super Rahmenbedingungen, aber leider teilweise öde anstrengende Tage, viele BEs, viele repetitive Aufgaben, viel Hakenhalten. Im Nachhinein würde ich es wohl wieder wählen, weil ich fürchte, die Probleme gibt es in anderen Häusern vermutlich auch, aber im SJS hat man dafür zumindest gewisse Vorzüge.
Bewerbung
Über das PJ-Portal (Lehrkrankenhaus Uni Göttingen)
Unterricht
3 x / Woche
Inhalte
Bildgebung
EKG
Fallbesprechung
Prüfungsvorbereitung
Patientenvorstellung
Tätigkeiten
Notaufnahme
Briefe schreiben
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Botengänge (Nichtärztl.)
Chirurgische Wundversorgung
Blut abnehmen
Mitoperieren
Braunülen legen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Unterkunft gestellt
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Gehalt in EUR
400

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
2
Unterricht
2
Betreuung
3
Freizeit
2
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
2

Durchschnitt 2.07