PJ-Tertial Chirurgie in Kantonsspital Graubuenden (7/2022 bis 9/2022)

Station(en)
Ortho, Notfall, POA, Uro
Einsatzbereiche
OP, Station, Notaufnahme
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
First things first für alle motivierten Chirurgiebegeisterten im letzten Studienjahr ohne große Leselust: cannot recommend!

Ein gutes Feedback beinhaltet auch positive Rückmeldung: Die Berge sind sehr schön in der Schweiz.

Nein Spaß bei Seite, die UA Stellen in der Chirurgie am KSGR lassen auf den ersten Blick gar keinen so schlechten Eindruck erwecken.
- Die Organisation verläuft problemlos über Frau Belz als Chefarztsekretärin und auch die Wohnheimvergabe durch Frau Gustin ist sehr gut strukturiert
- Die Unterassistenten sind fest im Dienstplan eingeplant, rotieren nach zeitlicher Vorgabe durch verschiedenste chirurgische Fachdisziplinen (meist im 2 Wochen Rhythmus, ausschließlich die Notaufnahme mit circa 6 Wochen pro Nase)
- Es werden Zugänge zu allen hausrelevanten Programmen und eigene Telefone gestellt
- Es existiert ein UA-Unterrichtsplan
Hinzu kommt dass man mit Chur wirklich in einem Knotenpunkt zwischen allen Ferienparadiesen Graubündens (Davos, St. Moritz, Flims/Laax, Lenzerheide, Lugano, Bodenseeregion) liegt, eine super Anschliessung an alle Täler wie Ober-&Unterengadin, Hochtourengebiete wie Piz Buin, Berninagruppe, etc. und schöne Seen (e.g. Walensee) vorliegt und die Stadt trotzdem im Sommer jedes Wochenende mit Stadtfesten auf sich aufmerksam macht.
Nutshell: Freizeitwert 10/10 goldenen Bündner Steinböcken

ABER:

Einmal angekommen im Arbeitsleben im KSGR hat man dann leider mit einer Vielzahl von Ernüchterungen zu kämpfen. Zwar darf man zur Tertialbewerbung noch 2-3 Wunschrotationen (Ortho, Uro und Neurochir) angeben, welche man dann auch in aller Regel für 2 Wochen erhält. Allerdings wird diese statt gegebene Wunschrotation dann auch ausgiebig als Begründung genutzt, um die Studenten wahllos in andere Fächer einzuteilen. Dies führt zu (und jetzt müssten die Offiziellen der Landesprüfungsämter mal ganz kurz Augen zu machen) vielfachen Fällen in denen die Studenten keinen einzigen Tag auf einer Allgemeinchirurgischen oder Unfallchirurgischen Station eingeteilt waren. Wie schlimm das ist muss natürlich jeder selbst wissen. De Facto wird man stattdessen jedoch je nach vorhandener Anzahl der Unterassistenten zwischen 4-8 Wochen auf die Notaufnahme (Tendenz geht hier eher Richtung 6-8 Wochen) oder das präoperative Ambulatorium eingeteilt.

In letzterem, dem POA, lohnt es sich noch nicht mit seiner Dissertation abgeschlossen zu haben, gute Lektüre mitzubringen, Urlaubspläne ausreifen, etc. Hier ist man in Kombination mit einem AA der Chirurgie und Anästhesie dafür verantwortlich ist, die gesamten geplant stationären Fälle im Voraus stationär aufzunehmen und einen Infekt auszuschließen, was bei 4-6 Patienten pro Nase, einbestellt in 1,5-2h Intervallen auf 8h Arbeitszeit verteilt weder als sehr stressig, noch als irgendwie lehrreich für einen Student im letzten Jahr einzuordnen sei, da man hier auf simpelste Anamnese und Körperliche Untersuchung begrenzt ist und die Arbeit zu weiten Teilen aus einer Copy-Paste Prozedur besteht. Dass man hierbei dann meistens im Vergleich eher früh (15Uhr) nach Hause kommt ist sicherlich erfreulich, wie erfreulich das stundenlange Verharren davor einzuschätzen ist ...well.

Ersteres, die Notaufnahme, wird als lehrreichste Rotation angepriesen. In Anbetracht dessen, dass der Lernerfolg in sämtlichen anderen Rotationen die Nulllinie nur selten verlassen zu scheint, ist das nun nichtmal gelogen. In der Notaufnahme durchläuft man einen durchgängigen 24/7 Dreischichtbetrieb (3Früh3Sspät-1dfrei-3Nacht-1dayfrei-3F...). Wie in jeder Notaufnahme, jeder Arzt-Studenten Interaktion ist man natürlich schwer davon abhängig wie gut/effizient/transparent die ärztliche Schicht hantiert. Eigeninitiative ist sicher bei einigen hilfreich, wird aber auch von anderen gerne ausgebremst. Anamnese, Untersuchung und Nähen (teilweise dann auch nur unter Aufsicht) fallen regelmässig an. Weiterführende, anspruchsvollere Tätigkeiten wie Diagnostik und Therapie werden selten ohne oberärztliche Supervision vollzogen, wobei das tatsächliche Teaching gerade von OA Ebene eher Rarität bleibt. Die großen Kompetenzbereiche welche auf der Notaufnahme gefördert werden sind Dokumentieren (übermäßig oft nach medizinisch nicht relevantem Gusto der AA Schicht) und Warten/Rumsitzen zu eher dunkleren Tageszeiten. Dass der 3-Schichtdienst einen von anderen UA's und dem Sozialleben in den Wohnheimen eher abkoppelt ist natürlich vorhersehbar. Dass man in Spät- und Nachtdiensten allerdings nicht einfach in die vom Krankenhaus max. 100m entfernte Studentenunterkunft mit seinem sowieso auf das eigene Smartphone umgeleiteten Diensttelefon geschickt wird, sobald die Notaufnahme offensichtlich ausreichend mit 2-3 nicht ausgelasteten ärztlichen Schichten besetzt ist, hat allerdings bei einigen schon sehr für Überraschung gesorgt und bleibt in seiner Logik zwangsweise eher passend zur Tageszeit: im Dunklen. (Disclaimer: dass dies selbst auf Nachfrage nicht passiert, sondern mit Einladungen zum Zuschauen für OP und chirurgischer Wundversorgung in vielen unterschiedlichen Fällen erwidert wurde sei nur erwähnt, nicht weiter kommentiert). Ganz vereinzelt kommt man in die Verlegenheit einen Patienten von A-Z zu betreuen zu dürfen, was einen sicherlich zu einer guten Struktur bewegt und organisatorisch fordert. Am Ende des Tages beläuft es sich aber auf eher weniger anspruchsvolles Zuarbeiten und vermehrt Warten und Ausharren. Bei wirklich leerer Notaufnahme und nahezu leerem OP Programm darf man den Nachtdienst dann auch unter der Voraussetzung der Bereitschaft durch das auf das eigene Handy umgemeldete Diensttelefon im Schnitt gegen 2/3 Uhr beenden.

Auf den verschiedenen Stationen ist man bei Visite und auch sonst sehr eingebunden in die Dokumentier- und Formulierarbeit. Patientenkontakt übernimmt in 9/10 Fällen die Pflege, Zugänge legen und Blutabnehmen wird man kein einziges mal. Die Stationsarbeit an sich beläuft sich trotz der architektonischen Größe des Krankenhauses jedoch auf ein erstaunlich geringes Maß (Legend has it, der ein oder andere Mittagsschlaf wurde im Arztzimmer von UA und AA Seite gehalten). Die Klinik IT lernt man super kennen, der Vorteil hiervon scheint jedoch auf die "KSGR-Mitarbeiter to be" begrenzt. Früher gehen bei Beschäftigungsmangel ist zwar um einiges besser möglich, jedoch durch die ein oder andere obligate Nachmittagsbesprechung oder durch "obligaten" ( ;) ) UA-Unterricht auch eingeschränkt. Gerade Letzterer steht und fällt wie immer mit den Dozenten. Dass die nächste Universität nicht um die Ecke ist sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt.

In verschiedensten Operationen ist man regelmässig und meistens als 2. Assistenz eingeteilt und je nach Fachrichtung und Operateur darf man wenig bis gar nichts dabei selbst/unter Anleitung machen. Die Operationen werden in ihrer Vielzahl und Vielfalt bis auf die großen Herz-, Neurochirurgischen und Transplantationseingriffe sehr umfassend durchgeführt und sind jederzeit als unsteriler Zuschauer zu erleben. Auf AA Ebene scheint es schon allseits bekannt und akzeptiert zu sein, dass man nicht in den Genuss von Teaching Eingriffen am KSGR kommt. Auf UA Ebene ist dies natürlich generell nur in absoluten Idealfällen zu erwarten, am KSGR aber wahrscheinlich so weit weg, wie es eben möglich ist. Nähen ist hin und wieder im OP möglich, Gliedmaßen und Haken halten jedoch die absolute Tagesordnung.

Positiv hervorheben muss man hier am Ende wirklich noch die Kollegen der Urologie, die zwar die späteste aller obligaten täglichen Mittagsbesprechungen (meist 16-17uhr) haben, aber in ihrer Tagesklinik und auch im OP sehr gerne den Studenten praktische Tätigkeiten beibringen und auch die eigenen Ansprüche beim Teaching sonst wohl etwas höher halten. Ein Urologie Tertial ist hier vielleicht gar nicht all zu abwegig. (Und nein, ich werde kein Urologe ;) )

Abschließend bleibt zu sagen, dass ein Tertial für chirurgiebegeisterte Studenten im letzten Jahr sicherlich als akademisch, beruflich ernüchternd einzuordnen ist. Ein klassisches chilliges Chirurgie Tertial ohne Chirurgie ist arbeitszeitbedingt auch nur abseits der Notaufnahmenzeit möglich, welche wohl in Zukunft ca. 50% des Tertials betragen soll. Das alles kommend von jemandem mit ausgeprägter Begeisterung für Chirurgie und wirklich keinem Problem mit langen Arbeitszeiten, sofern man dementsprechend gefordert und gefördert wird.


Zusatz: Die Wohnheime Haus Fontana und Haus Liechtenstein sind so eingerichtet, dass es an nichts für das alltägliche Leben fehlt. Sicherlich etwas Sanierungspflichtig, aber bei uns im Haus Liechtenstein wurde im September eine Vermessung durchgeführt für vermeintlich anstehende Sanierungsarbeiten. Das Haus Fontana hat eine überragende Terasse und ist im Schullandheimstyle aufgebaut mit Etagenküche und Etagenduschen/WC, das Haus Liechtenstein ist in 5er und 4er WGs eingeteilt.
Bewerbung
Sommer 2019 für Sommer 2022 (es sagen vermehrt aber UA's kurzfristig ab, weshalb kurzfristig sicher auch etwas frei sein könnte)
Unterricht
2x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Notaufnahme
Patienten untersuchen
Untersuchungen anmelden
Patienten aufnehmen
Botengänge (Nichtärztl.)
Briefe schreiben
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
1000
Gebühren in EUR
Wohnheimzimmer zwischen nach Grösse circa 250-350

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
6
Klinik insgesamt
5
Unterricht
5
Betreuung
4
Freizeit
3
Station / Einrichtung
3
Gesamtnote
5

Durchschnitt 4.4