PJ-Tertial Chirurgie in Euregio-Klinik (3/2022 bis 6/2022)
Station(en)
Gefäß, Viszeral, Ortho
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station, Diagnostik, Notaufnahme, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ersteinmal das absolut Positive zu dem CH-Tertial in Nordhorn:
-Die Organisation des Tertials ist absolute Oberspitze. Man bekommt ein Fahrrad, ein WG Zimmer, EDV-Zugang, Kleidung, kostenloses Frühstück und Mittagessen gestellt, alles läuft. Alle sind sehr nett und entgegenkommend! Die Hauptverantwortung der PJ-Organisation liegt beim CA der Psychiatrie, dieser hat stets ein offenes Ohr für etwaige Anliegen, sein Sekreteriat kümmert sich um alles direkt und unproblematisch. Auch der OA der Viszeralchirurgie ist um die Organisation bemüht.
Da es ein eher kleines Haus ist geht es sehr familiär zu. Das Team der OP-Pflege mit dem man als Chirurgie-PJler zu tun hat ist super angenehm, kein einziger "Drachen", im Gegenteil, alle freundlich und hilfsbereit. Es besteht die Möglichkeit bezahlte Wochenenddienste zu machen, was ich im Nachhinnein viel häufiger hätte in Anspruch nehmen sollen, da es die lehrreichsten Tage sind und man gut dazuverdient!!!
Als ob es nicht genug wäre, bekommt man von der Grafschaft auch noch einen Geldzuschuss von 400 Euro.
Das erste Drittel ist man in der Gefäßchirurgie eingeteilt. Das Positive: Alle im Team sind nett und freundlich, die Stimmung harmonisch. Leider gab es als ich da war fast nichts zu tun. Aufgrund Corona oder eines Frühjahrloches hatten wir nur eine einstellige Zahl an Patienten auf Station. Nach 12 Uhr spätestens waren alle visitiert und die Verbandswechsel gemacht. >90% der OPs waren PTAs, wo man als PJler nur daneben stehen kann. Spätestens nach der 3. kennt man den Ablauf und schaltet als Zuschauer ab... In der Zeit in der ich da war gab es 3 große offene OPs, bei denen ich dabei sein konnte, welche wirklich interessant waren (Amputation, Bypass, Carotis-Bypass). In der Gefäßchirurgie gibt es eine sehr nette PA, welche viel und gerne erklärt.
Man kann auch in die Gefäßchirurgische Sprechstunde gehen, da sieht man viel US-Diagnostik bei pAVK sowie diabetische Füße. Selber machen kann man leider bis auf Arm-Knöchel-Index-Messungen fast nichts. Insgesamt gab es auf der GCH sehr viel Leerlauf, eine flache praktische Lernkurve; man konnte aber früher gehen, wenn es einfach nichts mehr zu tun gab.
Das zweite Drittel ist man auf der Viszeralchirurgie. Auch hier ist das Team sehr nett, man musste aber etwas sehen wo man bleibt. Morgens nach der Frühbesprechung , bei der man auch ab und zu abgefragt wird, wird man als PJler stehen gelassen; während sich die Gruppe an Ärzten wortlos in mehrere Gruppen aufteilt darf man blitzschnell entscheiden, welcher man folgt. Auf der Station gab es bis auf Visite dokumentieren eher weniger zu tun, was daran lag, dass der eine AssArzt so frisch im Beruf war, dass er selbst klar kommen musste und einem keine richtigen Aufgaben oder Verantwortung (bis auf Briefe schreiben) übergeben konnte, der andere Arzt war aber schon im 5. Jahr und es schien für ihn mehr Aufwand mir zu erklären was zu tun ist als es einfach selber zu tun. Im OP wird regelmäßig ein "externer Mitarbeiter" eingeteilt, das kann entweder der PJler oder der ausländische Hospitant sein, welcher auf seine deutsche Approbation wartet. Solche Hospitanten gibt es im Haus sehr viele, OP-Konkurrenz kam aber fast nie auf. Etwas doof war es nur, wenn man aus dem OP rausgerufen wurde da man aufgrund seiner Deutschkenntnisse eine größere Hilfe beim Briefeschreiben war als der Hospitant, welcher dann statt einem in die OP ging.
Die OPs in der VCH sind recht lehrreich weil man im offenen Situs meist viel sieht, auch wenn man intraoperativ nur Haken halten konnte. Bei laparoskopischen OPs kann man als PJler die Kameraführung übernehmen. Bei jeder 3. oder 4. OP durfte man zum Schluss auch 1-2 Hautnähte setzen, leider nicht oft genug um es routiniert oder sicher zu erlernen.
Man konnte auch in die Sprechstunde, dort sah man viel Proktologie, aber auch Hernien und den einen oder anderen Blindski.
Das letzte Drittel verbringt man in der Unfallchirurgie/Orthopädie. Das Team ist sehr groß, es herrscht ein Orthopädentypischer, sehr direkter Ton, welcher aber noch im Rahmen ist. Man bespricht viele Röntgenbilder und es werden Fragen in die Runde gestellt, an denen man sich beteiligen darf. Man hat die Auswahl zwischen Station, OP und Notaufnahme. Auf der Station war ich persönlich so gut wie nie, weil man als PJler komplett überflüssig ist, da immer 2 Physician assistants sowie mehrere AA auf der Station sind. Ausser Mitlaufen fallen keine Aufgaben an. Im OP ist man meistens 2. oder 3. Assistenz, d.h. man hält im Prinzip nur Beine bei Hüftops oder Haken und sieht fast nichts. Einmal konnte ich eine Hautnaht machen, ein paar Mal tackern. Anhand der Kommentare der OP-Pflege und Ärzte gemessen ist es anscheinend ist es auch nicht so typisch, dass PJler überhaupt viel im UCH-OP sind, da sie meistens wohl in der Aufnahme sind.
Dort darf man als PJler Patienten anamnestizieren, untersuchen, Wunden nähen und den Bericht schreiben. Ingesamt ist die Aufnahme die lehrreichste Zeit für mich gewesen. Es kommt jedoch auch extrem darauf an, welcher Arzt Dienst hat und wie viel los ist. Die einen erklären, schauen drüber, korrigieren.. die anderen halt weniger.
Innerhalb des Tertials darf man auch eine Woche in die Anästhesie, da darf man entscheiden ob man im OP ist oder auf der Intensivstation. Auf der Intensivstation darf man viel sehen, selber machen konnte ich nichts. Im OP durfte man bei den Einleitungen und Ausleitungen helfen, ich konnte auch 1-2x intubieren. Das Team der Anästhesie ist bis auf 1-2 Ausnahmen in der Ärzteschaft und im Pflegeteam auch sehr freundlich und hat Lust einem was beizubringen.
Insgesamt ging die Zeit in Nordhorn schnell vorbei, was ja meist ein Zeichen für gute Zeit ist. Gern hätte ich eine steilere praktische Lernkurve sowie mehr übertragene Verantwortung gehabt, zB in Form von festen Aufgaben oder eigenen Patienten; meistens habe ich mich mehr wie eine Famulant als wie ein PJler gefühlt. Sicherlich kommt es auch darauf an, mit welchen Vorerfahrungen oder Erwartungen man kommt. Ich kann das Tertial vorbehaltslos Leuten empfehlen, die Chirurgie "light" erleben wollen, d.h. eher was entspanntes, wo man als Student nicht geknechtet wird (und die zusätzlich was gutes für ihr Konto tun wollen)... Leute die ernsthaft später Chirurgie machen wollen könnten sich aber langweilen. Einerseits weil man praktisch eher wenig macht und meist nur zuschauen darf, andererseits weil in dem Spital natürlich keine Whipples oder andere ausgefallene OPs durchgeführt werden.
Nordhorn selber ist klein und gemütlich, mit schöner Innenstadt und schönen Parks, dass der Bär dort nicht steppt sollte einem aber bewusst sein. Enschede ist nur eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt.