>>>Allgemein: Zunächst möchte ich das Anästhesie Tertial im DRK Westend denjenigen wärmstens empfehlen, die Anästhesie als Fachrichtung erwägen. Aber auch für angehende ChirurgInnen oder InternistInnen ist das Tertial sehr lehrreich. Der Anfang des Tertials startet mit der allgemeinen PJ Einführung aller Fachrichtungen. Diese war krankenhausintern gut organisiert. Es empfiehlt sich bspw. eine Whats App Gruppe mit allen PJays einzurichten zwecks Fortbildungen oder teilen von Lehrmaterial, oder auch um die ein oder andere Feierabendgetränkeinnahme zu koordinieren ;) Es folgte die Einkleidung. Dann gingen alle PJays in ihre jeweiligen Gebäude. Fortbildungen fanden größtenteils gemäß Plan wöchentlich statt, waren sehr lehrreich und auf PJays ausgelegt. Auch Famulanten konnten gerne joinen. Die Teilnahme war pro forma verpflichtend und fand meistens 14-15.30 Uhr statt, sodass man in der regulären Arbeitszeit teilnehmen konnte. Die Fortbildungen sind häufig auch etwas lockerer, interaktiv und lohnen sich!
>>>Anästhesie: Bei uns waren 2 PJays eingeteilt. Nach der allgemeinen Einführung wurden wir 2 nochmal in der Klinik der Anästhesiologie eingeführt, den KollegInnen vorgestellt, Transponder/Schlüssel ausgehändigt, Spind zugeteilt, Accounts eingerichtet etc. Alle Mitarbeitenden(!) der gesamten Klinik waren uns PJays extrem aufgeschlossen und hilfsbereit gegenüber. Ich hatte nicht das Gefühl Student zu sein, sondern ein wertgeschätzter Mitarbeiter. Auch die Chefarztsekretärin hatte immer ein offenes Ohr und sehr bemüht.
Empfehlenswert ist es, sich das Tertial in OP und Intensivstation aufzuteilen, sodass pro Bereich nur ein PJay ist. So ist ein optimales Arbeitsaufkommen, Supervision und Teaching gewährleistet.
>>>Die Zeit auf der Intensivstation war sehr lehrreich. Es sind normalerweise 4 AÄ, 2 OÄ auf der ITS. Als PJay habe ich von den Assistenten viel gelernt und gezeigt bekommen. Für viele Assistenten ist das PJ selbst nur ein paar Jahre her, sodass sie ein gutes Gespür haben, was dich interessiert. Die Lernkurve war steil und ich hatte nie Leerlauf oder gar Langeweile. Die Stimmung mit der Pflege auf ITS war ausnahmslos gut. Bei allen systembedingten Widrigkeiten herrscht gegenseitiger Respekt. Es wird sich geduzt. Die "stumpfe" Hierarchie ist auf ITS sehr flach, da Intensivmedizin einfach ein Teamsport ist. Das Arbeitsklima war stets geprägt von konzentrierter und gewissenhafter Arbeit am Menschen. Bei allein Unwägbarkeiten der Intensivmedizin war dennoch meistens ein kurzes gemeinsames Teamfrühstück drin, wo man kurz neue Kraft schöpfen kann und evtl ins Gespräch kommt. Nach etwas "vertrauensbildender Zeit" durfte ich Arterien, ZVKs legen, bronchoskopieren, Larynxmasken schieben. Intubationen haben sich für mich als PJay auf der ITS nicht so häufig ergeben. Ansonsten verbrachte ich im Frühdienst Zeit damit, einen Status beim Patienten zu erheben (M3 !!), zu sonografieren, EKGs anzufertigen und zu befunden. BGA Entnahmen wurden hier regelhaft durch die Pflege gemacht.
Mit hohen administrativen Hürden war es für mich möglich einen Tagdienst auf dem NEF 3605 mitzufahren. Die Notärztinnen des NEFs werden u.A. von der DRK Westend Anästhesie gestellt, daher kannte ich den Notarzt meines Tagdienstes. Es war zwar nur ein Tagdienst, aber ein sehr eindrucksvoller und lehrreicher Tag, wenn man für Notfallmedizin brennt. Auch ergab sich für mich die Möglichkeit der Teilnahme an einem ILS Kurs im hauseigenen Simulationszentrum, an dem fach-, klinikübergreifend und interprofessionell Notfälle supervidiert durch zwei Vollblut-Notfallmediziner trainiert wurden. Auch hier war die Stimmung stets professionell, mitunter aber auch gelöst und lustig.
Nach 6 Wochen ITS rotierte ich in den
>>>OP: Die Zeit hier war ebenfalls super. Man kommt morgens zu Frühbesprechung und ist jeden Tag vom Tageseinteiler einem Saal + AnästhesistIn zugeteilt.
Ich habe hier am Anfang viel einzelne Maßnahmen assistiert und zugearbeitet (zB Zugang gelegt). Oft habe ich dann auch zB das kurze Vorgespräch mit dem PatientIn gemacht (Formalitäten + Identität Geprüft, Zahnstatus etc) und habe dann auch Tätigkeiten gemacht wie Präoxygenierung, TIVA Einleitung, Maskenbeatmung, LAMA geschoben. Nach einiger Zeit durfte ich dann auch mal das Laryngoskop in die Hand nehmen, einstellen und auch paar Tuben schieben. Man kann ständig mit den Pflegekräften und den AnästhesistInnen zB die Beatmung durchsprechen, Planung der Narkose, SOPs der Behandlungen von Komplikationen etc etc etc. Für Teaching ist naturgemäß im OP nach der Einleitung etwas Zeit. Das habe ich auch praktisch immer wahrgenommen. Zum Mittagessen konnte ich auf eigene Kosten regelmäßig.
>>> Der PJ Beauftragte der Klinik hat sich ebenfalls sehr bemüht um einen reibungslosen Ablauf meines Tertials zu ermöglichen. Zusätzlich gab es nach Rücksprache Anästhesie-spezifische Fortbildungen für PJays. Diese waren logischerweise thematisch etwas spezieller aber für den Anästhesie-Interessierten sehr lehrreich (zB Maschinelle Beatmung, Atemwegssicherung, Der Schwierige Atemweg, etc etc.) Der Chefarzt war vom ersten Tag des Tertials sehr bemüht uns ein produktives PJ Tertial zu gewährleisten. Er legte Wert auf ein Einführungsgespräch zu Beginn des Tertials, um sich kurz kennenzulernen und gemeinsame Ziele zu definieren. Auch vorsichtige Formulierungen man wolle nicht zwingend Anästhesist werden und es lägen andere Optionen auf dem Tisch, machten für ihn keinen Unterschied. Am Ende des Tertials wünscht der Chef sich ein erneutes Gespräch für Feedback. Auch bietet er an eine kurze M3-Simulationsprüfung bei ihm zu machen. Darin prüft er Anästhesie-Basics, Vorgehen im OP, häufige Komplikationen und Basics der Intensivmedizin. Nichts, was man im Tertial nicht hinreichend gelernt hätte.
>>> Fazit: Vieles kann, wenig muss. Klare Empfehlung, wenn man die Zeit im PJ sinnvoll nutzen will und bock auf Anästhesie/Intensivmedizin/Notfallmedizin hat.