Das Tertial in Wilhelmshaven kann ich empfehlen: Im Sommer uneingeschränkt, im Winter trotz Abstrichen bei der Freizeitgestaltung.
Im Vorhinein hatte ich eigentlich gar keine Lust auf das Chirurgie-Tertial, allerdings war es überraschend gut!
Das Gebäude ist leider ein großer, hässlicher Klotz und auch viele der Stationen sind noch unrenoviert. Das ändert am PJ selbst allerdings wenig, und die Aussicht von ganz oben bis zu den Kränen im Jade-Weser-Port ist durchaus nett. Es wird übrigens gerade ein neues Gebäude gebaut, sobald das irgendwann einmal fertig ist, ist das Krankenhaus sicherlich auch optisch top.
Im Tertial bin ich durch die Unfallchirurgie, sowie Allgemein- und Visceralchirurgie und die Gefäßchirurgie rotiert, wobei ich die Dauer etwas nach meinen Vorlieben anpassen konnte. Zwei Wochen bin ich auch auf der anästhesiologisch geführten Intensivstation gewesen. Mit dem NEF durfte ich leider nicht mitfahren, das lag aber am DRK.
Die Ärzte waren ohne Einschränkung alle sehr nett, und auch mit dem Pflegepersonal kam man auch gut zurecht.
In der Unfallchirurgie war man primär für die Blutentnahmen (meist 8-12 pro Tag) zuständig und assistierte im OP. (Nervigerweise waren die UCH Patienten während meines Tertials im gesamten Haus verteilt, weil die eigentliche Station wegen Personalmangel geschlossen war.) Je nach Arzt und persönlichem Engagement konnte man im OP auch zwischendurch Nähen. Bei Hüft- und Knie-TEPS war ich Dienstags ganztags fest als Hakenhalter/ 2. Assistent eingeteilt, bei anderen Eingriffen konnte ich es je nach persönlichem Interesse aussuchen (manchmal wurde ich gefragt, und manchmal habe ich nachgefragt). Ich weiß von vorigen PJlern, dass es ihnen im OP nicht so gefallen hat, ich fand es allerdings sehr nett und habe mich mit dem Team super verstanden. Hin und wieder bin ich auch mit in der Notaufnahme gewesen.
In der Allgemeinchirurgie sowie Gefäßchirurgie gabe es deutlich weniger Blutentnahmen (vor allem in der Allgemeinchirurgie häufig nur 3-4 Stück, die ich mit mit den Assistenz- und Fachärzten aufgeteilt habe). Bei großen Eingriffen war ich dann auch hier fest im OP eingeteilt, und bei anderen konnte ich je nach Interesse teilnehmen. Bei der Visite bin ich hier eigentlich immer mitgegangen und konnte auch einen Patienten übernehmen. Freizeittechnisch war es hier super und ich durfte meistens gegen 14 Uhr nach Hause gehen. Und das Team ist auch super.
Seitens des Krankenhauses gab es eine sehr gut geplante Liste von Fortbildungen aller Fachrichtungen für PJler, die allerdings nur unregelmäßig stattfanden, und große OPs hatten für PJler Vorrang. Die Chirurgie Fortbildung fand im Durchschnitt immerhin jede Zweite Woche statt (diese war verpflichtend), manchmal bin ich auch noch zur Geri/Pharma Visite/ Fortbildung gegangen. Die Unfallchirurgiefortbildung fand Freitag Morgens fast immer statt, hier gab es auch leckeres Frühstück ;)
Von der Uni Hamburg gab es 1x im Monat einen Studientag, der wegen Corona nur Online stattfand. Es gab meist eine vertonte Powerpoint zum herunterladen; die Teilnahme/ das Ansehen wurde jedoch nicht kontrolliert.
Neben 400 Euro Gehalt und kostenfreiem Mittagessen (wenn man mal im OP war und keine Zeit für die Mensa hatte, einfach kurz dort anrufen und es wird etwas zurückgelegt), gab es außerdem eine kostenfreie Unterkunft. Das Wohnheim ist gleich neben dem Klinikum, dort gibt es zwei Wohnungen für je 2 Personen sowie 3 "Appartements" (1 Zimmerwohnungen mit geteiltem Bad auf dem Flur). Während des Sommertertials war eine Person außerdem sogar in einer schicken Ferienwohnung in der Nähe untergebracht, weil es mehr PJler als Zimmer gab. Zunächst war ich in einem dieser "Appartements" untergebracht. Dies war zwar ausreichend ausgestattet, allerdings hat es mir nicht gefallen, den 70er Jahre Standard merkte man deutlich. Auf mehrmaliges Drängen hin konnte ich Ende September jedoch in eine der Wohnungen umziehen, weil ich im Herbsttertial zunächst der einzige reguläre PJler war. Die Wohnung (2 Zimmer, kleine Küche und Bad) war zwar nicht jünger, dort habe ich mich allerdings wohl gefühlt. Ab Mitte Oktober hatte ich dann auch noch einen Mitbewohner, mit dem ich mich sehr gut verstanden habe.
Freizeittechnisch ist Wilhelmshaven sehr schön an der Nordsee bzw. dem Jadebusen gelegen. Die Innenstadt ist eher zweckmäßig, die Strandpromenade jedoch sehr schön. Das schönste im Sommer sind jedoch die Strände in der Nähe (bei Flut zumindest) sowie die Möglichkeit von Tagesausflügen auf die Inseln. Der ÖPNV ist in der Gegend jedoch schlecht; wenn man die Freizeit dort genießen möchte sollte zumindest einer der PJler ein Auto haben... Mit Auto kann man dort aber mega viel unternehmen (Empfehlung: To'n Fischhus in Hooksiel, die wahrscheinlich besten Fish and Chips in ganz Deutschland!!). Im Herbst/Winter (ab Mitte oder Ende Oktober) machen viele Touri-Angebote leider zu und auch zum Baden im Meer ist es natürlich zu kalt, so dass man deutlich weniger unternehmen kann und auch weniger los ist. Nichtsdestotrotz lohnen sich Ausflüge auf die Nordseeinseln (vor allem Norderney hat auch Wintertourismus) und an den Strand trotzdem: Für entspannte Spaziergänge und zum Lenkdrachen fliegen. Kino und Schwimmbad oder Ausflüge nach Bremen gehen natürlich immer.