Das Innere Tertial in Amberg war mein erstes (mittlerweile alle drei abgeschlossen) und hat mir ausgesprochen gut gefallen. Dabei stechen für mich folgende positive Aspekte heraus:
1. Freie Auswahl der Stationen sowie freie Einteilung unter den PJ-lern
Das Klinikum St. Marien Amberg verfügt insgesamt über 4 Innere Kliniken, wobei fast das gesamte Spektrum der Inneren Medizin abgedeckt wird und auch das „Patientengut“ sehr vielfältig ist. Dabei hat man als PJ-ler die Möglichkeit selber seine Einteilung in Absprache mit den anderen PJ-lern festzulegen. Logischerweise spielt natürlich schon eine Rolle, was die anderen PJ-ler wollen, denn die Stationen haben auch nur eine gewisse Kapazität (etwa 2 PJ-ler und ggf zusätzlich noch Famulanten pro Station). Wenn jemand also gerne etwas länger in einen bestimmten Bereich gehen möchte oder etwas gar nicht sehen möchte, sollte das kein Problem sein. Bei uns ließen sich alle Wünsche umsetzen.
2. Notaufnahme und andere Fachbereiche möglich
Auch in die Notaufnahme konnten wir rotieren, was für mich eine sehr wertvolle Erfahrung war. Hier hat man die Möglichkeit sich "auszutoben" und durchaus auch bei den Chirurgen (Platzwunde nähen...) oder den Neurologen etwas zu machen/dabei zu sein. Das hängt natürlich auch sehr viel von den anwesenden Ärzten/innen und dem eigenen Vermögen ab. Man kann es aber in der Regel so gestalten, wie es für einen gut ist! Da immer nur 1 PJ-ler Platz hat, kann es hier ggf. zu Engpässen kommen (war bei uns nicht der Fall).
Ich hatte auch die Möglichkeit eine Woche lang den Nachtdienst mitzumachen (sowohl ZNA als auch Hausdienst), was auch eine sehr wertvolle Erfahrung war!
Auch beim Notarzt kann man wohl mitfahren.
Was meiner Erfahrung nach im absolut positivem Sinne "ungewöhlich" ist:
Man hat in der Inneren in Amberg die Möglichkeit in andere Fachbereiche "reinzuschnuppern". Ich selber habe das Angebot der Radiologie genutzt und war eine Woche lang dort mit dabei. So wie ich es mitbekommen habe, kann man auch in die Pädiatrie und die Gyn reinschnuppern und ich kann mir gut vorstellen, dass mit entsprechender Kommunikation auch andere Fachgebiete möglich sind.
3. Maximale Selbstgestaltung der Tätigkeiten – Es gibt einen Blutabnahmedienst!
Die eigene Tätigkeit erfolgt selbstverständlich in Rücksprache mit den Assistenzärzten/innen, welche dann natürlich auch von diesen abhängt. Meiner Erfahrung nach war aber immer das Motto: „Du kannst, musst aber nicht.“ Wer Anamnese/klin. Untersuchung üben will, kein Problem. Wer selbstständig eigene Patienten betreuen will, kein Problem. Wer Punktieren will (Aszites, Pleura, ggf auch Knochenmark), kein Problem. Wer Arztbriefe schreiben will oder Visite dokumentieren will, kein Problem. Das hängt natürlich auch davon ab, was es gerade an Aufgaben/Patienten gibt. Auch Aufklärungen muss man nicht machen, aber wenn man so viel Freiraum hat, nimmt man den Ärzten gerne mal etwas Arbeit ab! Auch das „lästige“ Briefeschreiben kann ich jedem nur empfehlen zu üben. Visite mitgehen war „immer“ möglich. Wer an der Tumorkonferenz teilnehmen möchte, kein Problem. Wer gerne ins Herzkatheterlabor gehen möchte oder in die Endosono, kein Problem. Ich war 2mal mit im Herzkatheterlabor 1x Bronchoskopie, 1x Gastro/Kolo, aber andere PJ-ler oder Famulanten waren wesentlich öfter dabei. Man kann sich zwar auch auf Station ein Ultraschallgerät schnappen und die AA machen das auch, aber für spezielle Fragestellungen liegt der Fokus für sonographische Untersuchungen in der Funktionsabteilung. Man kann dort, wenn es auf Station nichts zu tun gibt einfach vorbei schauen oder sich auch „fest“ einteilen.
Großes Plus für so manchen:
Wer gar keinen Bock auf Blutentnahmen hat: Es gibt einen Blutabnahmedienst. Das heißt wer will kann üben, aber wenn man nicht will, ist es in der Regel auch nicht schlimm. Das hängt aber auch von den Kollegen/innen des Blutabnahmedienstes ab und wenn jemand mal ausfällt oder es dringlich ist, hilft man ja sowieso gerne mit.
Zur Vollständigkeit: Ich habe auch freiwillig „Botengänge“ und „nichtärztliche“ Tätigkeiten gemacht, da ich damit kein Problem habe.
4. Bezahlung/Unterkunft/Essen
Monatlich haben wir 400€ bekommen. Zusätzlich bekommt man einen Essenschip, auf den Täglich ein gewisser Betrag automatisch aufgeladen wird (dieser gilt immer nur für 1 Tag, man kann nichts „ansammeln“). Hiervon kann man entweder in der Kantine (ich fand das Essen gut) oder im Kiosk etwas holen (nicht an den Automaten!). Es reicht auf jeden Fall um gut satt zu werden, die Portionen sind meist eh zu groß!
Des weiteren hat man die Möglichkeit kostenlos eine Unterkunft gestellt zu bekommen, wobei man sich hierum am besten rechtzeitig bemüht. Ich war völlig zufrieden mit meinem Zimmer! Es war in gutem Zustand und geschätzt 15-20m2. Es war möbliert mit Bett, Kleiderschrank, Schreibtisch, Stuhl, Nachtkästchen, mit einer Schrankküche (Herd, Spüle, Kühlschrank, Geschirr, Besteck) und einem Badezimmer mit Dusche. Meine Wohnung war im Erdgeschoss und ich hatte eine Terrasse. Ein anderes Zimmer hatte geschätzt 40m2... Unsere Wohnungen waren etwa 200m Fußweg von der Klinik, so dass man quasi aus dem Bett in die Klinik fallen konnte (hier gibt es wohl noch ein anderes Wohnheim, wozu ich aber nichts sagen kann). Im Keller befindet sich auch eine Waschmaschine, wobei man sich da wohl um Münzen bemühen muss. Einziger (heftiger!) Wehrmutstropfen: Es gibt kein Internet und so wie ich das verstanden habe auch keine Möglichkeit für einen Anschluss. Hier muss man sich irgendwie anders behelfen wenn man Internet möchte! Ich hatte einen Unlimited mobil-Vertrag für diesen Zeitraum. Da gibt es bestimmt günstigere/bessere Alternativen, war aber für mich „hinnehmbar“ im Rahmen der Bezahlung.
Soweit mir bekannt, kann man anstatt der Wohnung auch Fahrtgeld beantragen.
5. Zugriff auf Lernplattformen
Hier muss ich leider sagen, dass ich das nicht mehr so genau weiß, da ich das Angebot nicht genutzt habe. Soweit ich mich erinnere, hat man als PJ-ler in Amberg Zugriff auf Thieme eRef mit Heimzugang und Amboss. Das kann ich aber nicht mit Sicherheit sagen, man bekommt aber die entsprechenden Information.
6. Arbeitszeiten und anderes
Im Rahmen der Covid-19 Pandemie sollten wir PJ-ler nicht an der Frühbesprechung um 8:00 Uhr teilnehmen. Dementsprechend war es völlig ausreichend gegen 8:00 Uhr da zu sein. Natürlich kann man auch früher (z.B. für Blut/Nadeln...) kommen. Man kann sich um einen Spint bemühen (ich hatte das Glück einen im 1.Stock zu bekommen, andere mussten in den 4.Stock), so dass man sich nicht im Arztzimmer umziehen muss, wobei das viele Ärzte/innen machen. Klamotten werden gestellt (Wäscherei, unpersonalisiert, einfach hingehen und abholen). Da es mir sehr viel Spaß in Amberg gemacht hat, war ich oft auch mal länger da, aber es kam regelmäßig das Angebot auch früh/früher nach Hause zu gehen, was meiner Erfahrung nach nie ein Problem dargestellt hat. Die Assistenzärzte/innen sind sehr bemüht darauf zu achten, dass man als PJ-ler genug Freizeit hat!
7. Das Team
Wobei wir beim für mich wichtigsten Punkt sind! Das Arbeitsklima empfand ich immer als ausgesprochen angenehm, was viel mit den Menschen zusammenhängt, mit denen man arbeitet. Diese Einschätzung ist natürlich sehr individuell.
Der Hauptkontakt besteht zu den Assistenzärzten/innen, die sich im Laufe der Jahre logischerweise ändern werden. Während meinem Tertial waren die aller-allermeisten absolut genial und falls doch mal die Wellenlänge nicht ganz so optimal gepasst hat, hat man sich dennoch immer sehr gut und kollegial arrangieren können! Es ist ein wirkliches Team, weil jeder jedem hilft wo er kann! Auch während stressigen Situationen waren alle bemüht einem etwas zu erklären oder zu zeigen und es war nie ein Problem Fragen zu stellen. Bis auf eine sehr spezielle Situation hatte ich immer die Möglichkeit erstmal zuzuschauen (so oft ich wollte) und dann unter Anleitung selber durchzuführen (z.B. Pleurapunktion). Die Mittagspause wird gerne zusammen verbracht und in ruhigeren Momenten haben wir uns gerne auch mal zu einem Kaffee zusammengesetzt.
Der oberärztliche Kontakt war meistens auf Visite, in den täglichen Patientenbesprechungen zwischen Assistenzarzt/ärztin und betreuenden Oberarzt/ärztin, oder im Kathetherlabor/Endoskopie. Dieser war für mich immer sehr lehrreich und der Umgang mit den PJ-lern immer sehr freundlich und kolelgial! Gerne wurde uns (gerade während der Endoskopie oder während/nach dem Herzkatheter) viel erklärt, auch ohne Nachfragen.
Was die Chefärzte betrifft, hatte ich nur mit einem Kontakt, meist während der Chefarztvisite. Der Umgang mit den PJ-ern ist hier genauso freundlich und kollegial wie beim übrigen Personal! Man kann Fragen stellen, Patienten vorstellen und es wird sich auch hier Zeit für einen genommen! Exemplarisch möchte ich eine Situation erwähnen, in der wir PJ-ler explizit im Rahmen einer Feierlichkeit vom Chefarzt zusammen mit den anderen Kollegen/innen zu Kaffee und Kuchen eingeladen wurden.
Mit dem Pflegepersonal bin ich gut zurecht gekommen, ebenso wie mit den Kolleginnen vom Blutabnahmedienst. Hier hatte ich das Glück mich besonders gut mit einer Kollegin zu verstehen! Da ich bis dahin in meinen Famulaturen fast nie Zugänge legen sollte waren meine Fähigkeiten diesbezüglich sehr beschränkt. Eben besagte Kollegin hat sich sehr viel Zeit genommen und mir da extrem gut weitergeholfen, worum ich sehr dankbar bin!
Kritik und negative Aspekte
1. PJ-Unterricht
Der Hauptpunkt den ich kritisieren möchte ist, dass es bei uns aufgrund der Covid-Pandemie während des gesamten Tertials keinen PJ-Unterricht gab. Das ist zwar verständlich, allerdings glaube ich, dass man dafür eine Lösung hätte finden können. Zumindest hätte man den Unterricht wieder aufnehmen können, nachdem sich die Situation entspannt hatte. Hier hatte ich nicht unbedingt den Eindruck, dass der PJ-Unterricht einen hohen Stellenwert bei den ärztlichen Kollegen genießt.
Normalerweise bieten die Kliniken der Inneren Medizin einen PJ-Unterricht an.
2. Studientage
Gab es bei uns nicht.
Zusammenfassung:
Insgesamt habe ich die Zeit in meinem Innere Tertial sehr genossen und wenn ich die Berichte von Freunden über deren Innere Tertial höre, dann kann ich für mich nur festhalten, dass es eine hervorragende Entscheidung war nach Amberg zu gehen! Mir persönlich hat es hier so gut gefallen, dass ich hier auch als Assistenzarzt mit meiner Weiterbildung beginnen möchte!