Ich habe extra alle meine PJ- Tertiale abgewartet, damit ich einen Vergleich habe, da ich mich zwischendurch in der Geriatrie in St. Gallen in manchen Bereichen überfordert und in anderen unterfordert gefühlt habe.
Im Nachhinein muss ich sagen- das PJ Tertial dort war die beste Entscheidung, die ich für Innere hätte treffen können.
Ich empfehle die Geriatrie in St.Gallen allen, die entweder Geriatrie spannend finden, gar keine Innere später machen möchten, oder die vielleicht nicht unbedingt Innere mit viel Diagnostik brauchen. Die Vollblutinternisten, die jeden Tag einen STEMI oder andere akute Notfälle sehen möchten sind hier falsch!
Das Haus ist sehr familiär. Hier kennt jeder jeden. An den echt super schönen Mitarbeiterfeiern kommt auch mal der CEO zu den Pjlern und stösst mit einem Appenzeller Kräuterschnaps an. Auch mit dem Chefarzt waren wir mal auf seine Kosten richtig schön 3- Gänge beim Italiener essen. Eine Oberärztin hat uns Pjler mal einen Tag zum
Reiten inkl. Reitlehrerin eingeladen- das war ein super Erlebnis und wäre bestimmt unglaublich teuer gewesen. In welcher Klinik bekommt man als PJler bitte sowas? Mit einigen Oberärzten hatte ich ein freundschaftliches Verhältnis. Mit den Assistenten sowieso.
Das unvergessliche war die Gemeinschaft im Wohnheim Linsenbühl- wir waren glaube ich die coolste Gruppe die jemals dort war ;-). Haben heute noch viel Kontakt!
Medizinisch habe ich dort nicht übermässig viel gelernt- das war mir aber vorher klar. Ich habe allerdings sehr viel eigenständig Stationsarbeit gemacht und das hilft mir jetzt wirklich sehr.
Während des Tertials war ich manchmal etwas unzufrieden, dass mir gefühlt zu wenig Lehre gemacht wurde. Retrospektiv muss ich das aber korrigieren. Es gibt eine gute Fortbildung pro Woche am KSSG, es gibt die Möglichkeit einen EKG Kurs zu besuchen und der Journal Club taugt teilweise auch echt was.
Wichtig bei eurer Entscheidung ist- lasst euch von dem Wort „Praktikumsvertrag“ nicht beirren. Es ist keine Stelle zum chillen. Ihr arbeitet fast oder genau so viel wie die Assistenten. Sprich mindestens 42,5h pro Woche und das wird auch so von euch erwartet und auch elektronisch kontrolliert.
Die Schweiz ist ein teures Pflaster und das Gehalt ist teilweise schnell weg- viel luxuriöser als in Deutschland konnte ich damals auch nicht leben, allerdings bekommen die neuen PJler wohl nun deutlich mehr Gehalt. Was auch gerecht ist, da man fast genau so eine grosse Hilfe ist wie ein Assistent und die Klinik teilweise ohne Unterassistenten nicht so funktionieren würde- das ist aber eigentlich in jeder Klinik in Deutschland so wenn man mal ehrlich ist. Das gute hier: habe keine einzige Blutentnahme gemacht oder Nadel gelegt- das macht die Pflege.
Noch ein Tipp für euch- geht nicht in dem Tertial dorthin in dem ihr keine Fehltage nehmen dürft, denn auf die wird tatsächlich streng geachtet. Ihr habt pro Tertial 7 bezahlte Urlaubstage. Auch die werden aufgeschrieben auf dem Zeugnis- nur eben bezahlt. Wollt ihr mehr Tage frei, dann werden die auch aufgeschrieben, nur eben nicht bezahlt. Grund dafür- das war auch bei meinen anderen Stellen in der Schweiz so , dass sie Angst haben dass das LPA oder die Uni Zürich den laxen Umgang damit mitbekommen und die Anerkennung des Tertials entziehen. Dann würden kaum noch neue Unterassistenten kommen.
Die „goldenen“ Zeiten in denen man in der Schweiz den Urlaub zusätzlich zu den Fehlzeiten bekam sind meines Wissens zumindest in der Deutschschweiz überall vorbei.
Noch ein Tipp: stellt euch gut mit den Leuten im Sekretariat und seid sehr höflich zu allen- das kann nämlich darüber entscheiden, wie hart die Punkte oben durchgesetzt werden oder eben nicht- aber auch das ist wie überall seit der Schule: mit Nettigkeit und Vitamin B kommt man überall weiter ;-).