PJ-Tertial Chirurgie in Klinikum Ludwigshafen (7/2022 bis 9/2022)

Station(en)
mehrere
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
"Lord have mercy" dachte ich nur, als ich nach den blühenden PJ-Berichten meinen ersten Tag in der chirurgischen Abteilung des KliLus absolvieren durfte. An besagtem Tag empfing man mich im übergeordneten Studierendensekretariat, welches von zwei sehr netten, engagierten Damen neu besetzt wurde. Es gäbe eine Vertragsänderung, sodass mein Vertrag aus dem ersten Abschnitt nicht mehr gültig sei. Ich dachte zuerst, dass sie das ohnehin niedrige PJ-Gehalt wohl der Inflation (zu diesem Zeitpunkt 10 %) angepasst haben und ein bisschen draufgeschlagen hätten. Haha! Nein! Man hat es bei genauer Betrachtung gesenkt. So eine Klinik muss ja auch sparen und das kann man bei denen am besten, die ohnehin keine Lobby haben. Übrigens wurde auch gezielt darauf verzichtet, die Energiepreispauschale an die PJ-ler auszuzahlen. Schließlich kriegt man zwar den kompletten Beitrag vom Bund erstattet, aber was das für ein Aufwand wäre...! Das Essen ist jetzt kostenpflichtig zu Mitarbeiterpreisen (6 - 8 €) und die Büchergutscheine in Höhe von 30 € pro Tertial/Quartal gibt es auch nicht mehr. Zack! Gespart! Das ging ja einfach. Aber „LeHrJaHrE SiNd kEiNe hErReNjAhRe“ und „fRüHeR gAb eS nOcH dAs AiP“. Excuse me – wir haben 2022.

Dadurch dass ich vorher bei einem nahezu malignen Arbeitgeber (Gesundheitswesen in a nutshell) tätig war, wusste ich, dass ich nicht gleich den neuen Vertrag unterschreiben muss und fragte erst bei der Personalabteilung nach. Hier bestand ich auf meinen bestehenden, "alten" Vertrag, welcher durchaus noch gültig war und die für mich eindeutig besseren Konditionen bereithielt. Die für die PJ-ler zuständige Dame ist hier echt ein Schatz und kümmert sich wirklich sehr gut und schnell um unsere Anliegen (großes Plus!). Weiterhin bekam man ein nigelnagelneues DECT-Telefon, welches vor allem eine Funktion hat: Das PJ-Telefon bietet die uneingeschränkte Erreichbarkeit in sämtlichen Situationen für alle erdenklichen Tätigkeiten. Hätte das KliLu mehr Geld, hätte man darin auch gleich noch einen Peilsender eingebaut.

Nun ging es dann doch in die "Höhle des Löwen" - die Chirurgie. Im Vorfeld wurde ich bereits vor einigen Ärzt:innen gewarnt. Der Ruf der Abteilung eilt ihr weit voraus. Am ersten Tag bekam ich von der PJ-Beauftragten einen kleinen Rundgang durch die Stationen, den OP und die sogenannte Rotunde, in der morgens die PJ-ler die Operationen des Tages vorstellen sollten. Hierbei wurde auch direkt erwähnt, dass man diese Seite (PJ-Ranking) kenne und genau wisse, wer was schreibe. Liebe Grüße an dieser Stelle.

Auf meiner Station angekommen, ging es nach kurzer Vorstellung direkt mit zur Visite, wo die PJ-ler das verschriftlichen müssen, was der Stationsarzt dem Patienten so erzählt. Zwischendrin findet die Privatvisite statt, bei der neben dem Mitschreiben des Erzählten und dem Ausfüllen der blauen Privatzettel noch Fragen vom Chefarzt zu beantworten sind. Hier kann man echt was mitnehmen - im Gegensatz zu dem Unterricht, weil jener nicht stattfindet oder alle "chirurgischen PJs" Haken halten. Und hier wären wir auch schon bei der Hauptaufgabe der PJs - Spitze betonen und Haken halten. Je nach Operateur:in war das manchmal sogar ganz nett und man hat was gelernt. Dann gab es natürlich auch Operateur:innen, die einem zeigen wollten, dass sie hier Chef sind und sämtliche, vermutlich selbst verschuldeten Fehlerchen auf das Konto des PJs zu schieben versuchten. Insbesondere bei laparoskopischen OPs war dies ein schieres Intermezzo mit ständig veränderten Regeln einer guten Kameraführung. Ich denke solche Charaktere findet man in jedem Team. Wobei das Wort Team hier hoch gegriffen wäre. Leider hat es auf mich den Eindruck gemacht, dass Neid und Missgunst sowie Ausübung von Machtstrukturen vorherrschen. Den Ursprung dessen habe ich weder eruieren können noch wollen. Trotzdem gibt es einige Ärzt:innen, die für mich echte Lichtblicke in meinem Tertial waren und die ich auch wirklich gern mochte.

Ein typischer Stationstag ohne OP-Einteilung verlief ungefähr wie folgt:
Morgens in der Frühbesprechung stellt ihr die OPs eurer Station vor. Oder besser gesagt: Die OPs, die nach ihrem Eingriff auf eure Station gelegt werden. Das bedeutet, dass ihr gesetzlich versicherte Patient:innen, die elektiv zu ihrem Eingriff kommen, nicht kennt. Dazu später mehr.
Nach der Frühbesprechung geht es mit euren Stationsärzt:innen auf die euch zugeordnete Station - doch halt! Ihr müsst erst eure Anwesenheit protokollieren. Mit einer täglichen Unterschrift im Sekretariat muss bestätigt werden, dass ihr auch wirklich da wart. Zwar seid ihr fest und namentlich im OP eingeteilt, aber eine fehlende Unterschrift ist eine fehlende Unterschrift. Auch wenn man den ganzen Tag seit 8 Uhr im OP stand. Glücklicherweise hatte ich nie Probleme damit, eine Unterschrift nachzuholen, wenn ich ganztägig am Tisch eingebunden war. Allerdings haben hier mache PJs wohl schon Schwierigkeiten gehabt.
Nach der täglichen Signatur geht es zurück auf Station, wo dann nach Sichtung der schriftlichen Übergabe der Pflege die bereits beschriebene Visite losgeht, bei der die PJ-ler mitlaufen und mitschreiben sollen.

Nach der Visite gilt es, Dinge zu erledigen, die pauschal an die PJ-ler delegiert wurden. So gab es auch ein extra PJ-Whiteboard, an dem zu legende Braunülen und übrig gebliebene Blutentnahmen aufgelistet waren. Dies hielt sich in Grenzen und war tatsächlich auch gar nicht so viel Arbeit, da der Blutentnahmedienst hier erfahrene Mitarbeiter:innen einsetzte. Weitere typische Stationsaufgaben waren das Erledigen von Sonos, die Aufnahme von Privatpatient:innen und das Anstechen von Ports. Leider kam es auch vor, dass nicht delegierbare Leistungen versucht wurden zu delegieren. Ich denke hier sollte man aufpassen, welche Tätigkeiten man sich zutraut und welche nicht. Jedenfalls gehen Aufklärungen zu Operationen ohne Beisein des Stationsarztes definitiv zu weit. Ein kleiner Refresher zum Thema „Rechte und Pflichten im PJ“ schadet euch nicht und hilft euch, auch stichfest zu argumentieren, warum ihr bestimmte Tätigkeiten nicht oder nur unter ärztlicher Aufsicht durchführt.

Im Stationsalltag gelang einem wirklich immer eine Mittagspause. Man muss sie sich nur selbst einteilen. Ich denke, dass man auch im PJ alt genug ist, zu sagen: „Ich mache jetzt Mittag, ruf mich an, wenn was ist“.

Gegen Nachmittag begann man dann die OPs vorzubereiten, die am nächsten Tag in der Frühbesprechung vorgestellt werden. Hier gilt es, eine kurze Anamnese, den Lokalbefund, die relevanten Vorerkrankungen sowie das gewählte Operationsverfahren den Akten und Arztbriefen zu entlocken. Ich besaß glücklicherweise einen SAP-Zugang, andere PJ-ler nicht. Auch hier besteht Verbesserungsbedarf. Wie bereits erwähnt, hat man eher selten die Möglichkeit, die Patient:innen selbst zu untersuchen, sodass Rückfragen nur schlecht bis gar nicht beantwortet werden können. Vorschlag: Warum stellt nicht die Person die Patient:innen vor, welche sie auch aufgenommen hat? Wenn ich jedoch etwas in meinem Tertial gelernt habe, dann ist es eine Vorstellung eines Patienten oder einer Patientin - schließlich habe ich ca. 150 OPs morgens vorgestellt und die initiale Aufregung und Angst vor Rückfragen ist schnell verschwunden und es wurde zur Normalität. Dies half mir auch sehr in meinem M3.

Positive Lichtblicke waren die festgeschriebene Rotation in die Anästhesie und die Gefäßchirurgie (tolles, kleines Team!) mit echt wertschätzender Haltung gegenüber PJ-lern und einer wahnsinnig guten Kaffeemaschine auf CH05. Zuletzt möchte ich betonen, dass der Zusammenhalt unter den PJs super war, was einem sehr durch die doch körperlich und psychisch anstrengende Zeit verhalf.

Fazit: Die Chirurgie im KliLu kann ich nur eingeschränkt empfehlen und das Outcome ist sehr abhängig von eurer individuellen Resilienz. Ich kann nur empfehlen, sich außerhalb der Schusslinien zu bewegen und möglich wenig Angriffsfläche zu bieten. Leider kommt die chirurgische Lehre maximal zu kurz, was jedoch gegen Ende meines Abschnitts erkannt wurde. Vielleicht verbessert sich hier etwas in naher Zukunft. Ich fühle mich nicht wirklich auf das Dritte Staatsexamen vorbereitet und hoffe hier auf eine faire Bewertung. EDIT: Die chirurgische Prüfung war fair.
Alles in allem tragen die niedrige Aufwandsentschädigung und die immer wiederkehrenden Tiefschläge zusätzlich zu einer umso niedrigeren Arbeitsmoral der PJ-ler bei. Hier zu nennen sind die für das KliLu einmalige Rentenversicherungspflicht, das Nein zur Energiepreispauschale, das Essen jetzt zum vollen (oder doch zum reduzierten?) Preis, die täglichen Unterschriften – sonst Fehltage, die je nach Operateur:in größer ausfallende Sündenbockrolle am OP-Tisch, ausfallender oder schier nicht geplanter PJ-Unterricht und abschließend ein fehlendes Vertrauensverhältnis zur PJ-Beauftragten der chirurgischen Abteilung.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Notaufnahme
Blut abnehmen
Botengänge (Nichtärztl.)
Rehas anmelden
Braunülen legen
Mitoperieren
Patienten aufnehmen
Patienten untersuchen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Essen frei / billiger
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
400

Noten

Team/Station
4
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
5
Klinik insgesamt
4
Unterricht
6
Betreuung
5
Freizeit
2
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
4

Durchschnitt 3.8