PJ-Tertial Visceralchirurgie in St. Eloi (8/2022 bis 10/2022)
Station(en)
Chirurgie B, OP, Station, Intensiv
Einsatzbereiche
OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
TU Muenchen
Kommentar
In der Abteilung von Prof. Navarro, gibt es einen festen Plan für Studenten in Ausbildung. Es gibt einen Oberarzt, der verantwortlich für die Lehre ist, und der sehr darauf achtet, dass man während seiner Zeit dort durch alle wichtigen Posten rotiert und ausreichend Zeit im Operationssaal verbringt. Am ersten Tag des Praktikums hat er mich in sein Büro gebeten und sich notiert, welche Ziele ich mir für mein Praktikum gesetzt hatte, was ich mir zu lernen erhoffte, welche Abteilungen ich vorher bereits durchlaufen hatte und welche Fachrichtungen mich in Zukunft interessierten würden. Nach der Hälfte der geplanten Praktikumszeit, sowie zum Abschluss wurde man erneut in sein Büro gebeten und diese Dinge besprochen, sowie auch nach Verbesserungsvorschlägen und Feedback meinerseits gefragt. Es bestand also ein großes Bestreben, das Praktikum für die Studenten so lehrreich wie möglich zu gestalten und stetig zu verbessern. Während der zwei Monate, die ich in der Chirurgie B des St. Eloi verbrachte, durchlief ich also, wie alle anderen Studenten dort auch, folgende Posten:
Die Normalstation.
Es war gewünscht, dass man mindestens zwei bis drei Patienten selbst untersuchte, bei Visite vorstellte und auch täglich in der Morgenbesprechung vorstellte. Dies war auf Französisch anfangs anspruchsvoll, man erhielt aber immer ausreichend Vorbereitungszeit und wurde von den Assistenzärzt*innen nie allein gelassen. Natürlich waren auch sie mal gestresst und hatten wenig Zeit, aber meistens funktionierte es dennoch sich vor der eigenen Vorstellung kurz Feedback einzuholen. Wenn man etwas nicht wusste, war es nicht schlimm. Wirklich Verantwortung hatte man für diese Patienten keine, es ging eher darum den fall zu verstehen und die Vorstellung zu üben, sodass man jetzt eigentlich auch nie überfordert damit war. Wie immer hängt die Qualität der Lehre von den direkt vorgesetzten Personen ab, ich hatte aber das Glück, dass ich auf Station von jeweils zwei sehr zuvorkommenden Assistenzärzt*innen betreut wurde, die auch gerne mal mit mir CT-Bilder anschauten und Spaß am Erklären hatten.
Die Intensivstation.
Auf der Intensivstation lief es ähnlich ab, wie auf Normalstation, hier betreute man aber kritisch kränkere Patienten, vor allem nach Lebertransplantationen, großen Tumoroperationen, Ileus oder Mesenterialischämie.
Den Operationstrakt.
War man im OP eingeteilt, betreute man meistens gemeinsam mit einem/einer Assistenärzt*in einen Saal, und assistierte während des gesamten Tages den in diesem Saal durchgeführten Operationen. Was man macht, ist natürlich immer stark abhängig von Operateur*in. Zunähen durfte man fast immer helfen, sonst natürlich Haken halten. Bei OP-Personal Mangel musste man außerdem die Instrumente anreichen und letztendlich die OP-Pflege ersetzen. Ist aber auch ganz easy und alle sind nett :) Das Operationsspektrum ist sehr breit, ich habe unter anderem bei Cholezystektomien, Bauchwandhernien, Platzbäuchen, Mesenterialischämie, Dünndarm- und Dickdarmtumoren, Rektumexstirpationen, Whipple-Operationen, Pankreaslinksresektionen, Splenektomien, Ileusoperationen, Ösophagusoperationen, Zwerchfell- und Leistenhernien, Leberteilresektionen und Portkathetereinlagen assistiert. Außerdem hatte ich das Glück zwei Lebertransplantationen sehen, bzw. ihnen assistieren zu dürfen. Einige der Operateur*innen sind technisch extrem gut und es hat super viel Spaß gemacht ihnen im OP zuzuschauen und die OP-Techniken zu sehen. Hinzu kam, dass die Atmosphäre im Operationstrakt sehr gut war, und vor allem viel besser, als ich es bisher gewohnt war.
Die Sprechstunden.
Kann man auch mal hin. Hier hielt man sich eher zurück und es ging mehr darum zu beobachten. Trotzdem fand ich es spannend, weil hier oft die OP-Indikationen gestellt wurden und Patienten bezüglich einer Listung für eine Lebertransplantation ausgewählt und aufgeklärt wurden.
Den Organtransplantationsdienst.
Obligatorisch musste jeden Tag und jede Nacht ein*e Student*in Dienst für die Transplantationen haben. Man wurde dann, sollte an diesem Tag, oder in der Nacht eine Lebertransplantation anfallen, benachrichtigt und sollte innerhalb von einer Dreiviertelstunde im OP erscheinen. Hier hatte ich das Gefühl, dass man als Student*in nicht unbedingt benötigt wurde, da es meistens bereits zwei Operateur*innen, sowie eine*n Assistenzärzt*in, die assistiert haben, gab. Trotzdem war es erünscht, bzw. wurde erwartet, dass man anwesend ist. Auch in der Nacht und am Wochenende hätte man hierfür kommen müssen. Im Schnitt findet 1-2 Mal / Woche eine Transplantation statt. Wann diese Dienste übernommen wurden, konnte unter den Studenten ausgehandelt werden, jeder musste jedoch mal ein Wochenende übernehmen, damit es fair aufgeteilt war.
Den Multiorganentnahmedienst.
Ein zusätzliches Angebot, war die Mitwirkung bei der Multiorganentnahme. Man konnte sich freiwillig in die Dienstliste eintragen und wurde dann benachrichtigt, sollte sich ein*e passende*r Spender*in für jemanden, der/die auf der Liste des Krankenhauses stand, gefunden haben. Ein Team aus Ärzt*innen und einem selbst fuhr oder flog dann innerhalb Frankreichs in die entsprechende Stadt und entnahm die Leber des Spenders, um sie dann zurück in Montpellier für die sich direkt anschließende Transplantation zu präparieren. Vor Ort wurden außerdem Nieren, Lunge und Herz von Urologen, Herz- und Thoraxchirurgen entnommen. Dies war sehr spannend und auch sehr aufregend. In Frankreich gilt die Widerspruchslösung, was bedeutet, dass jede*r als Organspender*in gilt, der/die dem zu Lebzeiten nicht widersprochen hat. Natürlich werden in der Realität die Angehörigen mit einbezogen und befragt, sodass es trotzdem häufig vorkommt, dass Organe nicht entnommen werden können. Insgesamt führt diese Regelung dazu, dass deutlich mehr Organtransplantationen durchgeführt werden, als in Deutschland.
Zusätzlich konnte man in der gastroenterologischen Endoskopie, in der Radiologie und auch in der interventionellen Radiologie hospitieren, sodass ich unter anderem eine TIPS-Anlage sehen konnte. Auch in der Radiologie und Gastroenterologie erklärten die Ärzt*innen gerne, wenn sie merkten, dass man Interesse hat.
Es gab gleich zu Beginn des Praktikums eine Fortbildung für alle neuen Studenten, wo es um das Nähen, das Verhalten im Operationssaal und das Instrumentieren ging. Es wurde außerdem darauf geachtet, dass man auf Station Patienten vorstellte und dann auch mal was dazu erklärt oder Fragen gestellt. In der Frühbesprechung wurden auch oft CT-Bilder besprochen. Freitags wurde außerdem in einer langen Frühbesprechung das Operationsprogramm der kommenden Woche vorgestellt. Auch hier konnte man Einiges lernen, da die Fälle häufig häufig ausführlich diskutiert wurden und dazu immer CT-Bilder an der Leinwand gezeigt wurden. Zusätzliche Kurse für Studenten gab es nicht.
Es gab täglich kostenloses Mittagessen im Internat der Assistenzärzt*innen (wo manche von denen tatsächlich wohnen). Wir gingen auch immer gemeinsam Essen. Auch ein paar Fach- und Oberärzt*innen kamen regelmäßig mit.
Die Stimmung im gesamten Team war sehr gut. Besonders in chirurgischen Fächern, habe ich bisher noch nie eine so gute Stimmung erlebt.
Insgesamt bin ich mit meinem Praktikum mehr als zufrieden gewesen. Besonders das Operationsspektrum, sowie die Integration der Studierenden in den Klinikalltag waren super.
Negativ waren eventuell die langen Arbeitszeiten. Nicht selten war ich von 7:45 bis 17:00 oder 18:00 Uhr in der Klinik. Das hätte man aber sicher auch abkürzen können. Ich habe mich oft nicht getraut früher zu gehen oder zu fragen, ob ich noch gebraucht wurde, da ich dankbar war, so ins Team integriert zu werden und, weil alle sehr nett waren. Am Ende bin ich auch mal um 14 Uhr gegangen, ginge sicher öfter.
Die deutschen Student*innen erhalten einen Studientag, weil wir im letzten Jahr sind. Das hatten Student*innen vor uns mal durchgesetzt :)
Außerdem haben wir ein paar Tage frei nehmen dürfen. Ich hatte in 60 Tagen Praktikum 4 Urlaubstage. Die standen dann auch nicht auf der Bescheinigung, weil sie intern so geregelt sind.
Ich würde jederzeit wieder dort hingehen. Entgegen mancher Berichte hier, würde ich das Tertial gerade für chirurgisch interessierte empfehlen.
Bewerbung
Für die Bewerbung musste man als erstes von dem Chefarzt Prof. Navarro für ein Praktikum akzeptiert werden. Hierfür hatte ich ein kurzes Motivationsschreiben, einen Sprachnachweis B2 und meinen Lebenslauf an die E-Mail-Adresse des Chefarztes, die auf der Homepage des Uniklinikums zu finden ist, geschickt. Hier musste man dann ein paar Dokumente, einschließlich medizinischer Nachweise vom Betriebsarzt, unter anderem auch dass man keine Tbc hat und Hep C, B HIV und so negativ sind, sowie auch ein paar Impfnachweise und Praktikumsvereinbarungen ausfüllen und hinschicken. Die Dokumente werden einem aber alle mit der Zusage per Mail zugeschickt.
Als Nächstes musste man dann mit Omar Masrar Kontakt aufnehmen, der für internationale Studierende an der medizinischen Fakultät in Montpellier verantwortlich ist. Er ist sehr zuvorkommend und hilft gerne weiter. Bei Fragen kann man sich immer an ihn wenden.
Man findet alle relevanten Informationen auf der Homepage der Universität Montpellier. Unter folgendem Link findet man unter dem Reiter „Faculté de médecine“ die Kontaktdaten des international office: https://www.umontpellier.fr/international/bureau-de-relations-internationales-de-votre-composante und unter folgendem Link findet man am Ende der Webseite unter der Überschrift „Etudiants ENTRANTS – Participation à un programme de mobilité“ die Informationen zum Bewerbungsablauf: https://facmedecine.umontpellier.fr/etudes-et-formations/echanges-internationaux-erasmus/. In jedem Fall wäre der erste Schritt sich an den/die jeweilige*n Chefärzt*in beziehungsweise das Sekretariat zu wenden.
Die Finanzierung des Praktikums lief für mich über das deutsch-französische Jugendwerk und die Erasmus-Förderung für Praktikum. War unkompliziert.
Auch die Anerkennung des Tertials war unkompliziert.
Bewerbt euch früh! Als ich dort war, waren noch 4 weitere deutsche Studentinnen und 1 österreichischer Student, neben den französischen Studenten dort.
Wichtig ist, dass man im gesamten Bewerbungsprozess telefonisch hinterher ist. Oft wartet man lange auf Antworten und ich hatte das Gefühl, dass die ein oder andere E-Mail auch untergegangen war. Sobald man dann aber anruft, geht es doch alles ganz einfach. Bleibt einfach dran!