PJ-Tertial Unfallchirurgie in Klinik Gut (11/2021 bis 2/2022)

Station(en)
Notfall + Station + OP
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Rostock
Kommentar
Ein cooles, aber sehr arbeitsintensives Tertial!

Ich habe mich 2 Jahre vorher per Mail in St. Moritz beworben. Der Papierkram ließ sich unkompliziert vorweg per Mail bzw. Brief erledigen. Bei meiner Ankunft am Vortag des PJ-Beginns war der Schlüssel zur Klinik-WG bereits in der Rezeption hinterlegt. Am nächsten Tag gabs für uns neue PJler:innen erstmal einen Einführungstag und alle Formalitäten wurden geklärt (Bekleidung, IT-Zugang, Namensschild, Dienstplan etc). Insgesamt ist die Klinik super organisiert und es gibt für jedes Belangen ein Merkblatt und angefangen vom Namensschild bis zum PJ-Zeugnis ganz zum Schluss war alles bestens organisiert.
Zum PJ-Beginn im November war es noch sehr ruhig in der Klinik, kaum Notfälle und fast ausschließlich Elektiv-OPs, sodass wir oft schon gegen 14 Uhr nach Hause geschickt wurden und auch noch Zeit war für einen Nahtkurs, BLS-Kurs und zwei Fortbildungen zur Lagerung um OP.
Mit Beginn der Skisaison endeten diese relaxten Arbeitszeiten schlagartig, wobei die Hauptsaison in der Klinik jener der Tourismussaison gleicht und die Hochphase von Weihnachten bis Ende Februar andauert. Insgesamt gibt es an der Klinik Gut für die Uhus (Schweizer Bezeichnung für PJler:innen) drei verschiedene Dienste. Der Dienstplan wird jeweils ca. zwei Wochen vor Monatsbeginn fertiggestellt, wobei zwar persönliche Frei- / Urlaubswünsche berücksichtigt werden, es aber durchaus vorkommen kann, auch mal 6 Tage am Stück zu arbeiten. In der Dienstplanung der Uhus sind (wie bei den Ärzt:innen) alle Wochentage „gleich“ und wir wurden auch ganz regulär nachts und am Wochenende eingeteilt. Es wird jedoch probiert, pro Monat zwei freie Wochenenden für jede:n einzuplanen. Weil aber in der Saison das Patient:innenaufkommen jeden Tag ähnlich ist und die Supermärkte auch sonntags geöffnet haben, werden einem die Wochenenden egaler und es ist ganz schön, dafür auch mal vormittags unter der Woche frei zu haben und auf einer etwas leereren Skipiste unterwegs zu sein. Nun zu den verschiedenen Diensten:

Tagdienst (7 – 19 Uhr)
Es beginnt morgens mit der Röntgendemo und anschließend der Visite, die der Uhu im Macbook dokumentiert. Die Klinik hat ca. 23 Betten und die Visite dauert zw. ½ und 1½ Stunden. Anschließend ist der Tagdienst-Uhu dafür zuständig, die OP-Patient:innen des jeweiligen Tages zu „starten“. Dazu gehören eine kurze körperliche Untersuchung der OP-Tauglichkeit, die Aufklärungsgespräche sowie im Computer die Vordiagnosen, Vor-OPs, Medikation etc. einzupflegen – diese Computerarbeit haben wir uns jedoch so aufgeteilt, das dies jeweils der Nachtdienst vorbereitet hatte und so der Tag-Uhu zügiger die doch relativ „repetitiven“ OP-Vorbereitungen abarbeiten konnte.
Den restlichen Tag ist man auf dem Notfall eingeteilt, was super lehrreich ist. Hier untersucht man die Pat. und leitet in Rücksprache mit dem sehr netten OA oder den Assistent:innen die weitere Diagnostik (Rö oder MRT im Haus, CT im Nachbarort) bzw. die Therapie ein. Am Ende des Tertials hab ich mich sowohl in der Untersuchung sämtlicher Gelenke als auch in der Wundversorgung sicher gefühlt. Das häufige selbstständige Untersuchen und anschließende Vorstellen, Besprechen und Behandeln empfand ich als sehr lehrreich. Zu Tertialbeginn im November durften wir wie gesagt häufig schon am frühen Nachmittag gehen, in der Hauptsaison gab es dann aber keinen Tag mehr, an dem man früher gehen konnte und man wurde erst um 19 Uhr vom Nachtdienst abgelöst. Außer ganz wenige einzelne Kurzbriefe in der Notaufnahme schreibt man keine Briefe und muss auch keine sonstige klassische Stationsarbeit machen (im gesamten Tertial habe ich 3 Flexülen gelegt und 0 Blutentnahmen gemacht :) ).

Nachtdienst (19 – 7 Uhr, meist etwas länger bis 8:30 Uhr)
Der Nachtdienst beginnt um 19 Uhr und wenn noch Pat. auf dem Notfall warten, kümmert man sich als erstes um diese (entsprechend zu den Tätigkeiten im Tagdienst). Anschließend gehen Assistenzärzt:in und Tag-Uhu nach Hause und ab dann seid ihr zusammen mit zwei Pflegekräften das einzige medizinische Personal im Haus. Anfangs ist das überraschend viel Verantwortung aber auch eine gute Übung für später. Jedoch könnt ihr für jede Frage die/den jeweiligen diensthabenden Assistent:in anrufen und sollt auch jede Entscheidung per Telefon besprechen. Ihr seid Ansprechpartner:in für Probleme auf Station, kümmert euch um Pat. die in der Nacht auf den Notfall kommen und versorgt diese entweder selbstständig mit Telefon-Rücksprache oder die / der Assistent:in kommt in die Klinik und hilft euch. Wenn z.B. nachts ein Röntgenbild gebraucht wird, müssen dafür immer Ärzt:in und Notfallpflege in die Klinik kommen. Die Krankheitsbilder auf dem Notfall sind dabei nachts ähnlich wie tagsüber, häufig Platzwunden, Stürze und leichtere Skiunfälle vom Tag, die sich erst gegen Abend entscheiden sich nun doch im Krankenhaus vorzustellen. Ansonsten bereitet man abends die Visiteneinträge des nächsten Tages sowie die OP-Daten am Computer (Vordiagnosen, Vor-OPs, Medikation, …) vor. So nutzt man die Zeit vorm schlafen und der Tag-Uhu ist weniger lange mit „OPs starten“ beschäftigt und kann mehr Zeit auf dem (spannenderen) Notfall verbringen.
In der Hauptsaison schafft man es gegen 23 Uhr ins Bett und kann bis 6:30 Uhr schlafen. Um kurz vor 7 Uhr werden bis die ersten Pat. zur OP aufgenommen und vom Nacht-Uhu noch gestartet, bis der Tag-Uhu die Visite beendet hat und dies für die weiteren OP-Pat. des Tages übernehmen kann.
Insgesamt kann man ca. jede zweite Nacht durchschlafen bzw. wird jede zweite Nacht geweckt, um sich um einen Pat. auf dem Notfall oder der Station zu kümmern.
Wenn genügend Uhus in St. Moritz sind, hat jede:r sieben bis acht Nachtdienste pro Monat, jeweils als Block aus 3 bis 4 Nächten in Folge.
Für jeden Nachtdienst gibt es eine Zulage von ca. 40 CHF.

OP-Dienst (ab 7 Uhr bis 7 Uhr des Folgetages)
Es gibt zwei OP-Säle. Im OP seid ihr als 2. oder 3. Dienst eingeteilt. Der 2. Dienst wird fast immer benötigt und ihr seid dann entweder 2. Assistenz (= zusammen mit einem der Chefs + Assistenzärzt:in) oder als 1. Assistenz mit einem Chef, während die / der Assistenzärzt:in im anderen OP-Saal eingeteilt ist und der Chef zwischen den OPs zwischen beiden Sälen wechselt. Entsprechend wird der Uhu, der als 3. Dienst eingeteilt ist, nur benötigt wenn noch eine weitere helfende Hand benötigt wird. Die Assistenzärzt:innen sagen euch Bescheid, ob und wann ihr im OP benötigt werden. Dennoch muss man in der Hauptsaison innerhalb von 30 Minuten nach Anruf im OP stehen – daher ist dann leider kein ausgiebiger Skitag möglich, sondern man muss im Ort oder der WG bleiben. Leider wird dieses sich-bereithalten im Pikettdienst nicht bezahlt.
Im OP selbst sind eure Aufgaben sehr abwechslungsreich: jede:r hilft überall mit, damit das OP-Programm schnell voran geht (selbst der Anästhesie-Chefarzt reinigt mal dem OP-Tisch etc). So kommt es, dass ihr von der Lagerung, übers Abwaschen, klassisches Hakenhalten bis hin zum Nähen, Schrauben entfernen, … alles macht. Hierbei sei ausdrücklich gesagt, dass man leider während der Hauptsaison eher weniger lernt selber chirurgisch zu arbeiten! Der OP-Plan ist dann wirklich voll und es bleibt weniger Zeit zum anleiten und selber machen. Ihr seid dann also hauptsächlich eine klassische Assistenz am Tisch und haltet viel Haken bzw. führt die Kamera bei diversen Arthroskopien. Die Stimmung im OP ist trotzdem immer nett!
Der Lerneffekt in der Klinik Gut kommt also eher auf dem Notfall und weniger im OP!
Wenn mehr Zeit ist, wird aber auch mehr zum selber machen beigebracht. Das OP-Programm besteht in der Zwischensaison hauptsächlich aus elektiven Ortho-Eingriffen (Knie-TEP, Hüft-TEP, Arthroskopien) und in der Hauptsaison vor allem aus Trauma (ganz vorne mit dabei sind natürlich distale Radius-Fx und VKB-Ruptur).

Team & Klinik
Super nettes Team, alle Mitarbeiter der Klinik duzen sich und man kennt sich beim Namen. Wesentlich flachere Hierarchie auch mit den Chefs als in Deutschland.
Das Mittagessen kostet zwar 10 CHF, ist aber (mindestens) Restaurant-Qualität, für 7 CHF gibt’s alternativ auch ein Wochenmenü oder Pasta. Wirklich sehr sehr lecker.

Arbeitszeit
Wir waren (durch Covid, Tertialwechsel, Urlaub etc) teilweise weniger als vier Uhus, was dann wirklich tough wurde und dazu führte, dass wir teilweise 11 Nächte pro Monat hatten oder gleichzeitig für den OP-Dienst und die folgende Nacht eingeteilt waren. Mit 4 Uhus lässt sich gerade so der allgemeine Bedarf decken: 1 Uhu im Tagdienst, 1 im Nachtdienst, 2 Uhus als 2. und 3. OP-Dienst (und niemand hat frei).
Der Arbeitsvertrag ist auf 50h pro Woche ausgelegt und so viel ist man im Winter tatsächlich auch in der Klinik. Mein Negativ-Rekord waren knapp 21 Stunden am Stück in der Klinik, zu der Zeit gabs zu wenig Uhu und ich war als 2. OP-Dienst ab 11 Uhr morgens bis zum Abend in der Klinik und hatte im Anschluss Nachtdienst bis 8 Uhr am nächsten Morgen.
Wie es im Sommer läuft, weiß ich nicht. In der Zwischensaison (Oktober, November, April, Mai) soll es jedoch wesentlich ruhiger und relaxed ablaufen!!
Fürs gesamte Tertial gab es (glaube ich) 10 Urlaubstage (die nicht mit den deutschen PJ-Urlaubstagen verrechnet werden), pro Monat erarbeitet man sich also etwa 2 freie Tage extra.

WG
Die WG liegt ungefähr 5 Minuten von der Klinik entfernt und hat 4 Zimmer in unterschiedlicher Größe sowie eine Küche mit Sitzecke und 2 Bäder. Die Zimmer und Bäder sind in gutem Zustand. Die Küche ist voll ausgestattet und Bettwäsche, Handtücher und WLAN werden gestellt. Die Wohnungsverwalterin ist zwar recht kompliziert, kümmert sich aber um eure Anliegen und so hat sie auf unseren Wunsch auch verschiedene Küchenutensilien ersetzt.
Es gibt auch noch weitere, kleinere Wohnungen / Appartments, dort war ich aber nie.

Freizeit
St. Moritz ist ein einmaliger Wintersport-Ort, das Skigebiet ist groß und der Saisonskipass hat sich bei mir absolut gelohnt! Die Bergbahn ins Skigebiet ist keine 2 Minuten von der WG entfernt. Es gibt im Winter einige einmalige Events, die durch die Klinik Gut betreut werden und wo ihr als Uhus auch die Ärzt:innen begleiten könnt: Snowpolo und Pferderennen auf dem zugefrorenen See, Skiworldcup, Eishockey, …
Auch Langlauf oder Snowkiten sind möglich. Im Sommer kann man wohl biken, wandern, auf dem See segeln, baden, …
Auch in der Freizeit haben wir Uhus viel Zeit mit den Assistent:innen verbracht und es herrschte ein gutes Gemeinschaftsgefühl. Letztendlich ists eben doch ein kleiner Ort und alle sind weit weg von Zuhause und so ergibt sich der Anschluss von ganz alleine.

Geld
Der Arbeitsvertrag vereinbart 50h/Woche und man bekommt 1500 CHF/Monat. Davon werden 500 CHF für die Wohnung abgezogen und ein paar Schweizer Sozialabgaben und Steuern. Da wiederrum die Nachtdienste extra vergütet werden und es Zuschläge fürs Wochenende gibt (Die digitale Zeiterfassung funktioniert wirklich sehr gut!), bekommt man ca. 1300 CHF ausbezahlt. Die Klinik bezahlt in bar oder auf ein Schweizer Konto. Auch wenn St. Moritz sehr teuer, kam ich mit dem Geld gut zurecht. Als Stundenlohn und im Vergleich mit den Schweizer Lohnniveaus ist die Bezahlung natürlich trotzdem noch PJ-typisch schlecht, wenn auch besser als in Deutschland.
Bewerbung
2 Jahre vorher per Mail
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Nahtkurs
Tätigkeiten
Chirurgische Wundversorgung
Röntgenbesprechung
Notaufnahme
Mitoperieren
Patienten untersuchen
Dienstbeginn
Schichtdienst
Dienstende
nach 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Unterkunft gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
1500

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
3
Betreuung
2
Freizeit
4
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
2

Durchschnitt 1.8