Bei mir war es ähnlich wie bei den anderen Bewertungen. Ich habe mich auch erst sehr spontan und zwar im Februar des gleichen Jahres für ein PJ Tertial in der Schweiz entschieden und habe in Basel im Adullam noch einen Platz bekommen. Auch ich war skeptisch, ob 4 Monate Geriatrie etwas für mich sind, da ich zum Zeitpunkt der Bewerbung nichtmal großer Fan der Inneren war. Aber ich habe ein wahnsinnig tolles Tertial gehabt und bin unfassbar froh, dass ich es hier machen konnte, besser hätte mein 1. Tertial nicht laufen können. Das Adullam ist ein sehr kleines Haus, es hat 4 Etagen, pro Etage 2 Stationen mit jeweils 11-12 Patienten, pro Station einen Assistenten (also eine/n AA/AÄ auf 11-12 Patienten). Zusätzlich kommt pro Etage ein/e Oberarzt/-ärztin oder die Chefärzte dazu, mit denen jeden Tag jeder Patient besprochen wird und alle Fragen geklärt werden.
Man bekommt frühzeitig per Post alle Infos und weiß genau wann man wo am ersten Tag aufkreuzen soll. Da bekommt man dann direkt ein Telefon, ein Namensschild, einen Dienstausweis (Badge) mit dem man sich an den Computern einloggen kann, am Drucker anmelden kann und der auch als Transponder und Geldkarte zum Mittag bezahlen funktioniert. Am 01. des darauf folgenden Monats ist dann auch nochmal ein Willkommenstag für alle Neuankömmlinge in allen Bereichen des Spitals. Überall wird sich geduzt und die Leute sind wirklich alle super nett. Man wird dann einem/ einer Assizenzarzt/-ärztin ("Assis") zugeteilt. Die Arbeitszeiten orientieren sich an denen der Assis und da Schweizer Ärzte /Ärztinnen eine reguläre 50 h Woche haben sind die meistens im Schnitt von 8-17 Uhr, bis 18 Uhr kam bei mir auch vor, aber ich bin auch schon ein paar Mal vor 17 Uhr rausgekommen. Der Tag beginnt um kurz nach 8 mit dem Huddle, einer kurzen Besprechung mit der Pflege, in der alle wichtigen Vorfälle aus der Nacht übergeben werden. Um 8:30 Uhr gibt es dann ein gemeinsames kostenloses Frühstück mit Kaffee, dabei isst fast das gesamte ärztliche Team mit den OÄ und dem stellv. CA zusammen. Danach beginnt die Stationsarbeit (Visite, aBGAs, Verordnungen, Entlassungen, Eintritte, Restharn-Sono, mal Bedside Sono, Telefonate, Gespräche mit Patienten und Angehörigen, Anpassungen der Medis). Um ca. 9:30 Uhr ist dann Kartex, wo man mit der Pflege zusammen jeden Patienten der Station bespricht und Medikamente und Verordnungen anpasst. Gegen 12/12:30 Uhr ist dann Mittagessen (5,80 CHF für das vegetarische Gericht, 7,50 CHF für das Fleischgericht), das meistens wieder mit allen gemeinsam ist. Offiziell hat man eine ganze Stunde Mittagspause. Um 15:30 Uhr ist dann Besprechung, hier werden jeden Tag gemeinsam EKGs und die Röntgenbilder vom Tag besprochen. Dabei lernt man eine ganze Menge, in der EKG Auswertung und Rö Thorax Analyse bin ich in der Zeit echt nochmal sehr viel sicherer geworden und habe super viel gelernt. Danach werden die Neueintritte vorgestellt und wichtige Patienten an den Dienst übergeben. Meistens ist nicht jeden Tag Visite, sondern nur Montag, Mittwoch und Freitag und die anderen beiden Tage vor allem für Patienten, bei denen es akut was zu besprechen gibt. Montag ist zusätzlich Wochenendübergabe und nachmittags Journal Club, Dienstag vormittag ist PiB, hier werden Patienten interdisziplinär mit der Physio, der Ergo, der Pflege, den Psychologen, den Ernährungsberatern und der Sozialberatung besprochen und nachmittags gibt es noch eine Fallbesprechung. Mittwoch ist zusätzlich Fortbildung, Donnerstag ist DoKo, ein Vortrag aus dem Unispital Basel, der per Video übertragen wird und Freitag ist Röntgenbesprechung mit den Radiologen und noch Lerngrüppli, wo der Chefarzt Themen bespricht, in denen es noch Erklärungbedarf gibt (z.B. Röntgen Auswertung, Diagnosenliste erstellen etc.). Man übernimmt relativ schnell eigene Patienten, die man selber direkt mit den OÄ/CÄ bespricht. Da man sofort einen Computerzugang besitzt und auch für alles freigeschaltet ist kann man ganz autark eigene Rezepte und Briefe fertig machen, wobei die Briefe immer von den zuständigen OÄ/CÄ korrigiert werden. Es gibt zwar per se keinen PJ Unterricht, aber da man quasi eine 1:1 Betreuung mit den OÄ/CÄ, sowie die EKG und Röntgenbesprechung, hat, hat man eigentlich jeden Tag Unterricht. Da alles Assis im ersten Jahr sind, habe ich mich direkt sehr wohl gefühlt und mich mit ihnen super verstanden. Mir hat das Tertial so gut gefallen, dass ich nun doch überlege in die Innere zu gehen und auch das Fach Geriatrie ist sehr viel spannender, als man am Anfang denkt. Man sieht Patienten mit weit fortgeschrittenen Erkrankungen und hat bei der körperlichen Untersuchung tatsächlich einen Befund. Es gibt keine ITS, keine ZNA und auch sonst werden kritische Patienten verlegt. Ich dachte zu Beginn, dass mich das stören würde, da ich selber großes Interesse an der Intensiv- und Notfallmediziner hab, aber man hat wirklich genug zu tun, sich in die selbstständige Stationsarbeit einzufuchsen und ich habe es tatsächlich gar nicht vermisst. Es ist ein wirklich tolles, super liebes Team, alle geben sich miteinander und den Patienten super viel Mühe und es hat mir großen Spaß gemacht hier zu arbeiten und ich alle wirklich sehr ins Herz geschlossen und auch neue Freunde gefunden :)
Gehalt und Ferientage:
Für das Gehalt braucht ein schweizerisches Bankkonto und das ist wirklich ein Krampf. Ich würde die Basler Kantonalbank empfehlen, fast alle anderen haben mich abgewiesen. Man bekommt vom Spital eine Aufenthaltsbewilligung (Kosten ca. 70 CHF, werden vom 1. Gehalt abgezogen), die aber viele Banken nicht kennen bzw. nicht anerkennen, da man für viele mind. 6 Monate in der Schweiz sein muss. Dazu kommt, dass sich die Öffnungszeiten nicht gut mit den Arbeitszeiten vertragen, wenn ihr es also vor Beginn vom Tertial schon schafft zur Bank zu gehen, tut das! Man bekommt netto etwa 1390 CHF, die zum leben etwa reichen. Wer mehr unternehmen möchte und sich das Land ansehen will muss damit rechnen, dass es auch mal nicht reicht. Zumindest in manchen Städten kann man zusätzlich Erasmus Stipendien beantragen, das lohnt sich in der Schweiz dann schon. Zusätzlich braucht ihr eine spezielle Auslandskrankenversicherung (nicht alles gilt in der Schweiz), diese Freistellung von der schweizerischen Versicherungspflicht oder was das ist hab ich allerdings nie gemacht, hat auch nie jemand gefragt, musste aber auch nicht zum Arzt.
Man bekommt insgesamt 8 Ferientage, die man sich frei einteilen kann (Weihnachten 24.-26.12. ist frei). Ich bin einmal am Samstag da gewesen und konnte mir dafür einen anderen Tag noch frei nehmen.
Wohnen:
Das Adullam hat keine Personalwohnungen, darum muss man sich selber kümmern. Hier ist https://markt.unibas.ch die Anlaufstelle. Ich hab in einer WG im Studentenwohnheim der WoVe gewohnt (in der Signalstrasse), hier konnte ich von Dezember bis Ende März (nur ganze Monate mgl) im möblierten Zimmer wohnen und bin mit dem Fahrrad zur Arbeit. (Die Kaution habe ich (trotz schlechter Bewertungen auf Google) schnell und vollständig zurückbekommen)
Handy:
Die Schweiz beteiligt sich nicht am Datenroaming, ich hatte eine eSIM bei digital Republic, das kostet für unbegrenzte Daten nur 10 CHF/ Monat und ist jederzeit verlängerbar und kündbar, super praktisch.
Basel, Schweiz und Freizeit:
Basel ist eine super tolle Stadt. Es gibt super viele Museen, in denen auch immer mal wieder coole Veranstaltungen sind. Es gibt viele Restaurants und Bars und darunter sind manche für Schweizer Verhältnisse auch echt bezahlbar (in der Markthalle wird man schon für 15 Franken satt). Es ist zwar nicht DIE Pistenhochburg, aber die Schweiz ist ein kleines Land, ich bin trotz der Lage 6x auf der Piste gewesen (das nächste Skigebiet ist der Feldberg in Deutschland in 1,5h erreichbar, nicht so hoch, aber dafür die Rechnung auch nicht ;) ) . Die Schweiz ist ein sehr schönes Land und man ist mit Basel top an den Rest des Landes angebunden, ich hab mir viele andere Städte angesehen, Bern, Luzern und Zürich sind super schnell erreichbar. Da ich kein Auto habe bin ich ausschließlich mit den Öffis durch das Land gefahren. Hier lohnt es sich in eine Haltbax zu investieren, allein wenn man 3x Hin und Zu fährt hat man das Geld quasi "wieder drin" (dann lohnt sich das U-Abo nicht mehr, das wäre ein Abo für knapp 40-50 CHF/ Monat für die Nutzung der Öffis in Basel/Baselland, hat sich für mich aber da ich mit Fahrrad in Basel unterwegs war sowieso nicht gelohnt). Die Halbtax kauft man direkt für ein Jahr und kostet 185 CHF (aber wie gesagt, lohnt sich sehr schnell). Hier bekommt auch Rabatt auf den öffentlich Verkehr innerhalb der Städte, auf Bergbahnen, auf Schifffahrten etc. Die SBB App ist auch echt top und der Zugverkehr ist sowieso sehr pünktlich und angenehm (vor allem als DB geschädigte Person). Im Sommer ist Basel bestimmt auch sehr schön, aber dafür hat man im Winter Tertial das Glück die Basler Fasnacht zu erleben (etwa Ende Februar). Das sind 3 Tage Basel im Ausnahmezustand und es ist eine richtig coole Erfahrung, informieren über den Ablauf lohnt sich, es fängt montags um 4 Uhr mit dem Morgenstraich an, sehr empfehlenswert und geht dann 3 Tage fast pausenlos, ich plane jetzt schon nächstes Jahr wieder zu gehen :)
(Das Schwyzerdütsch ist etwas gewöhnungsbedürftig am Anfang, aber man kommt wirklich relativ schnell rein :) )
Bewerbung
Ich habe mich relativ knapp einfach per Mail beworben (März des gleichen Jahres). Wie alle anderen vor mir geschrieben haben, es lohnt sich sehr, viel Spaß :)