Diagnostik, Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, OP
Heimatuni
Regensburg
Kommentar
Ich habe von November 2022 bis März 2023 mein Chirurgie Tertial an der Romed Klinik Bad Aibling absolviert und möchte gerne meine Erfahrungen teilen. Chirurgische Vorerfahrungen hatte ich keine.
Die chirurgische Abteilung besteht aus der Allgemeinchirurgie/Viszeralchirurgie und der Unfallchirurgie, aufgeteilt auf 2 Stationen. Man rotiert 2 Monate auf die Unfall C1 und 2 Monate auf die Allgemein C2. Man betreut zwischen 20 und 30 Patienten. Die OP-Säle sind sehr neu, genau wie die Intensivstation. Die Klinik hat 130 Betten (glaube ich). Wir waren 3 Pjler in der Chirurgie, die anderen Abteilungen nehmen keine PJler. Operativ tätig sind noch die HNO, der Beleggynäkologe und die Belegplastikerin.
Klassischer Arbeitstag: man beginnt um 7:30Uhr in der morgendlichen Besprechung. Dort werden die Fälle der Nacht besprochen und die entsprechenden Röntgenbilder befundet. Dann geht es auf die Intensivstation zur Visite, wo man mitgehen kann. Als nächstes steht die Visite der Normalstationen an + Blutentnahmen/Vigos (Pflicht), Stationsarbeit (wird gern gesehen, muss man aber nicht). Zwischendrin wird man immer wieder in den OP gerufen. Wenn man Lust hat, kann man auch immer in die Notaufnahme gehen. 15:15 Uhr ist die erneute Röntgenbesprechung der Tagesbilder und danach geht es (hoffentlich) nach Hause.
Arbeitsbedingungen: sehr gut. Man hat fast immer Zeit zum Essen und kommt auch regelmäßig pünktlich raus. Früher heim gehen ist aber nicht drin. Wer erwartet um 2 in den Feierabend zu starten, ist in Aibling falsch. Überstunden habe ich ziemlich viele gesammelt. Es wird erwartet, dass man bei OPs hilft, die erst um 15:45 Uhr beginnen. Genauso bleibt man häufiger länger, wenn die ZNA überquillt. Der Chef ist aber wohlwollend uns gegenüber und die Überstunden wurden ausgeglichen.
Station: Blutentnahmen und Vigos sind PJ-Aufgabe. Visite geht man gern mit, man darf sich auch einbringen, viel dokumentieren, Anordnungen schreiben usw. Briefe schreiben wird gern gesehen, es wird aber ausdrücklich betont, dass das nicht PJ- Aufgabe sei. Man kümmert sich generell um Alles, was ansteht.
OP: ich hatte sehr viel OP-Zeit, durchschnittlich 2-4 OPs/d. Man assistiert, führt Kamera, darf auch mal endoskopische Instrumente bedienen, Schrauben aus Knochen rausdrehen und natürlich Haut nähen. Auch die Vorbereitung (abwaschen, abdecken) gehörte bei mir zu den Aufgaben. Mir hat es im OP sehr gefallen, das Team ist super, freundlich und hilfsbereit. Wenn etwas unklar ist, bekommt man immer Hilfe/Erklärungen. Es lohnt sich, abends länger zu bleiben, wenn z.B. ein Ileus laparotomiert wird.
Notaufnahme: Die ZNA Aibling bekommt jetzt nicht unbedingt die schwerstkranken Patienten, trotzdem kann man dort sehr viel lernen. Man darf früh selbstständig Patienten untersuchen. Mit dem Diensthabenden bespricht man den Fall und leitet dann entsprechend weitere Diagnostik und Therapie ein. Ambulante Briefe schreiben und stationäre Aufnahmen gehören zum Tagesgeschäft. Je nachdem mit wem man arbeitet (Erfahrungsgrad), kann man wirklich sehr eigenständig arbeiten! Das Vertrauen muss man sich aber auch erst erarbeiten.
Wohnen: es gibt ein Personalwohnheim für 100 Euro im Monat. Bad, Küche und ein Zimmer mit Terrasse Richtung Süden (Bergblick Wendelstein :D). Es liegt 2min zu Fuß von der Klinik entfernt. Und man wohnt mit den anderen PJ-lern Tür an Tür. Ich habe mich sehr wohl gefühlt dort.
Essen: man bekommt kostenlos mehr als genügend Essensmarken für das Mittagessen. Montag bis Sonntag gibt es Suppe, Salat, eins von 3 Hauptgerichten und Nachspeise.
Dienste: es gibt die Möglichkeit, Nachtdienste unter der Woche und Tag-und Nachtdienste am Wochenende zu absolvieren. 100 Euro + einen Tag frei gibt’s als Belohnung. Ich habe 6 Dienste gemacht und kann es nur empfehlen, da man noch mehr lernt, bespricht und selbst machen kann. Kommt auf den Diensthabenden an!
Team: wirklich sehr hervorzuheben! Egal welcher Beruf oder Fach, alle Angestellten sind supernett und hilfsbereit. Der chirurgische Chef + Oberärzte sind sehr interessiert, dass man viel im OP ist und erklären gerne. Wie immer gilt natürlich: brav überall vorstellen, freundlich sein, dann läuft es von allein. Die Assistenzärzte sind schwer unterbesetzt, weswegen viel Arbeit an den PJlern hängen bleibt. Ich fand das aber ganz gut so, dadurch kann man viel selbst machen. Langweilig wurde es nicht!
Freizeit: Bad Aibling ist klein und bietet natürlich kein Großstadtleben. Es ist sehr ruhig dort. Umgebung ist schön für Joggen/Radln. Großes Plus sind die nahen bayerischen Berge und relativ nah Wilder Kaiser und Kitzbühler Alpen. Wir waren viel auf Skitour/Skifahren und rodeln. Rosenheim ist 10km entfernt, da findet man dann auch Nachtleben (nicht wirklich gemacht)
Nachteile: Die Organisation ist grauenvoll. Am ersten Tag drückt einem die Sekretärin den Kittel in die Hand, gibt das PJ-Logbuch und schickt einen dann in die Besprechung. Kleidung, Transponder und alles weitere muss man sich selbst organisieren. Es gibt auch keinen PJ-Beauftragten. Unterricht war sehr gut, fand aber nur teilweise statt.
Fazit: In meinem Tertial war Aibling eine „Spielwiese“. Durch den Personalmangel der Assistenzärzte gab es überall so viel zu tun, dass man sich fast schon frei aussuchen konnte, was man heute machen will. Viel OP-Zeit, viel selbstständiges Arbeiten in der Notaufnahme und auf Station und das nette Team sind große Pluspunkte. Man wird fair und mit Respekt behandelt. Und die Arbeit/Motivation wird gesehen und gewertschätzt! Es ist zu empfehlen für Leute, die Chirurgie an einem kleinen Haus machen wollen, eigenständig arbeiten wollen, die Basics mitnehmen wollen und nah an den Bergen seien wollen. Für eingefleischte Chirurgen ist es aber nicht geeignet. Man muss sich aber im Klaren sein, dass es wirklich viel zu tun gibt. Wir waren zu dritt + abschnittsweise 1 Famulantin und wir waren alle gut beschäftigt. Über Weihnachten bis Mitte Januar war es mal entspannter, aber die restliche Zeit wurde schon gut gearbeitet. Trotzdem hatte man immer Zeit für Sport/Ausflüge/Spieleabende usw. Hat viel Spaß gemacht, Danke an alle Beteiligten!