Ich möchte Chirurgie machen, war wegen Corona meine gesamte Klinik auf keiner Inneren Normalstation, hatte nach dem M2 wirklich gar keine Lust aufs PJ und niedrigste Erwartungen an mein Innere Tertial. Daher wurde ich komplett positiv überrascht von meinem Tertial in Bad Soden. Das Team (Gastro und Kardio) war wirklich toll, ich habe mich mit so ziemlich allen Ärzt:innen, Pflegekräften und Putzkräften richtig gut verstanden! Die Hierarchien sind sehr flach in Bad Soden, was ich super angenehm finde.
PJ in der Inneren in Bad Soden läuft sehr nach dem Prinzip: wenn du Bock hast viel mitzunehmen und zu machen, dann ist das immer möglich, aber du kannst auch nur chillen. Wenn man motiviert ist und mithilft, dann wird man auch viel früh heimgeschickt (ich durfte oft ab 13 Uhr/13:30 schon gehen), die eher unmotivierten Chill-PJs wurden nicht so häufig früh gehen gelassen, aber spät heißt in Bad Soden trotzdem nur so 15 Uhr oder 15:30 Uhr.
Um viel zu lernen sollte man nicht darauf warten, dass immer auf einen zugegangen wird, aber man kann von Assistenzärzt:innen bis Oberäzt:innen immer alle fragen und sie nehmen einen gerne mit oder sagen nett, wenn es gerade nicht passt.
Ich konnte meine eigenen Patient:innen behandeln (wenn ich wollte), konnte immer in die Notaufnahme oder auf IMC, habe Pleurapunktionen, Aszitespunktionen und Knochenmarkpunktionen gemacht, Briefe schreiben und Orgakrams gelernt und so weiter. Man kann bei allen Interventionen dabei sein (z.B. Endosonos, Gastro/Kolos, Herzkatheterlabor usw.). Wenn ich etwas spezielles lernen oder machen wollte, habe ich das immer einfach gesagt (z.B. EKG befunden) und dann hat sich immer jemand die Zeit genommen mir das beizubringen. Je mehr Arbeit man abnimmt, desto mehr Zeit haben sie auch für Lehre :)
Thema Blut abnehmen: gerade auf der Kardio ist das manchmal super viel und es gibt immer ein paar Assistent:innen, die einem da doch gerne mal viel abdrücken und gleichzeitig keinen Bock auf Lehre haben. Da kann und sollte (!) man aber immer seine Grenzen setzen und das ist völlig in Ordnung! Einfach nett sagen "bin jetzt auf Visite, das müsstest du bitte selber machen" und dann ist es in der Regel gar kein Problem. Gab ein paar andere PJs, die sich das nicht getraut haben und dann ständig bis 12 Uhr Blut abnehmen waren und das Tertial super scheiße fanden, aber ein bisschen für sich einstehen gehört im PJ auch langsam dazu :)
Man darf in Bad Soden in jede Fachabteilung rotieren, die es dort gibt (ich war z.B. 1 Woche in der Anästhesie), was ein großes Plus ist. Man kann die Studientage entweder 1x/Woche nehmen, oder sammeln und dann mal länger freinehmen. Dienste kann man auch gerne mal mitmachen und kriegt dann den nächsten Tag frei. Notarzt fahren kann man auch, man muss nur einen Tag finden, an dem nicht schon NEF-Praktikant:innen oder so mitfahren. Außerdem kann man (während der regulären PJ Zeiten und am Wochenende) OP-Dienste machen (unabhängig davon in welchem Fach man PJ macht), womit man sich dann 200-500 Euro zusätzlich zum PJ-Gehalt verdienen kann, je nachdem wie viele PJler:innen Dienste machen wollen. Das ist wirklich kaum Arbeit und von der Klinik so eingerichtet, damit sie uns mehr zahlen können, als das PJ-Gehalt vorsieht.
Das Mittagessen ist relativ viel, schmeckt verhältnismäßig für Krankenhausessen echt ganz gut und ist komplett umsonst, man darf immer ein Gericht, eine Suppe, Salat von der Salatbar, ein Nachtisch und ein Obst nehmen. Die Stationen 11 und 13 teilen sich eine Kaffeemaschine, von der man immer Kaffee trinken kann, wenn man auch selber mal Bohnen mitbringt. Mit der S3 ist man auch echt schnell aus Frankfurt da, ich hätte sicherlich zu einigen Frankfurter Kliniken länger gebraucht als nach Bad Soden.
Alles in allem hatte ich eine richtig gute Zeit, habe mehr über Innere Medizin gelernt, als ich für möglich gehalten hätte, und hatte trotzdem viel Freizeit. Perfekter Einstieg ins PJ.