Die Neurochirurgie in der Klinik Hirslanden wird wie eine Belegarztpraxis geführt. Ich wurde von nur zwei Ärzten aus der Neurochirurgie betreut. Einmal pro Woche kam ein Neurochirurg aus einer externen Klinik, der auch zu dem Team gehörte. Ich war die einzige PJlerin in meiner Abteilung. Einmal pro Woche fand eine interdisziplinäre Tumorkonferenz statt. OP war ca. jeden zweiten Tag. Assistenzen war nur in der Wirbelsäulenchirurgie möglich.
Höflichkeitsfloskeln wurden penibel hoch gehalten. Sei es gegenüber den Patienten, als auch insbesondere gegenüber den Ärzten, denen ich zugeteilt war. Zudem konnte man nichts richtig machen, so sehr ich mich anfangs auch bemühte. Fragen kamen meist nicht gut an. Und wenn ich mal was fragte, wurde mir gesagt ich solle das doch nachlesen. Mir wurde ein eigenes Zimmer zugeteilt, in dem ich Briefe schrieb und am besten wenig störte. Ich bin höchst interessiert an der Neurochirurgie und an chirurgischen Fachrichtungen im Allgemeinen. Dieses Interesse wurde leider nicht gewürdigt.
Ich bin an besondere Umgangsformen in der Chirurgie und im OP gewöhnt, habe meine bisherigen Famulaturen ausschließlich in chirurgischen Bereichen absolviert und würde mich nicht als zimperlich beschreiben. Was ich hier jedoch erlebt habe, brachte mich an meine Grenzen. In den ersten Wochen kam es ca. alle 2-3 Tage vor, dass der mich betreuende Arzt aus mir noch bis heute unbegreiflichen Gründen für ca. 15 min verbal angriff. Ich hatte ihm beispielsweise mitgeteilt, dass eine Patientin, die zu einer cCT einbestellt worden war, bereit gestern in der Notaufnahme eine entsprechende Bildgebung erhalten habe, sodass heute keine mehr nötig wäre. Dies habe er vorher noch nicht gewusst.
Und dann ging es los. Die cholerischen Ausbrüche fanden auf unsachlicher und äußerst beleidigender Ebene statt und waren gegen mich persönlich und nicht gegen meine Arbeit gerichtet (ich sei u.a. zu frech und wolle immer das letzte Wort haben haha ;)). Dies ging ca. 3 Wochen so. Ich hatte bereits mit dem Studienkoordinator meiner Heimatuni Kontakt aufgenommen und mich entschlossen, das PJ in dieser Abteilung abzubrechen, sollte sich die Situation nicht ändern. Nach drei Wochen war es dann plötzlich vorbei. Meine Strategie beruhte seitdem darauf, mich zurückzuziehen, möglichst wenig zu "stören" und mich so gut wie möglich anzupassen. Es war mir dann einfach egal und ich wollte die Zeit so angenehm wie möglich rumkriegen.
Ein anderer Arzt begann die anfangs auf Gegenseitigkeit beruhende kollegiale Sympathie zunehmend für sexuell Anzüglichkeiten und absolut unangebrachte Kommentare zu missbrauchen. Dies endete letztendlich mit einer Einladung in ein Hotel zum "Champagner trinken".
Dies ist nur ein kleiner Auszug meiner Erfahrungen, die ich in dieser Abteilung gesammelt habe. Weitere ähnliche Situationen habe ich mehrfach über die vier Monate hinweg erlebt. Fachlich habe ich daher leider viel weniger mitgenommen, als ich es vor hatte.
Die schöne Stadt, die tolle Wochenendgestaltung und das Miteinander mit den anderen PJlern waren dementsprechend eine notwendige und eine wirklich wunderbare Bereicherung.
Die Motivation, Chirurgin zu werden, haben sie mir nicht genommen. Sie haben mir nur gezeigt, wie es eben "auch sein kann". Und wie ich es auf keinen Fall will.
Mein betreuender Arzt hatte mir bis heute trotz mehrfachen Nachfragens kein Arbeitszeugnis ausgehändigt.
Liebe Grüße an alle zukünftigen Chirurg:innen da draußen: Haltet immer an dem fest, was ihr wollt und wer ihr seid ;)
Bewerbung
Ca. 3 Monate (war aber Glück (oder Unglück? :D))
Per Email über die Website