Die Zeit in der Mikrobiologie war für mich die beste des ganzen PJs.
Die Organisation ist zwar etwas kompliziert (s.u.), dafür lohnt es sich aber. Am UKL wird noch viel "klassisch" mikrobiologisch gearbeitet, das heißt mit unzähligen Petrischalen, Erreger-Isolierungen, Schnelltests - und es die Ablesung erfolgt durch die Ärzt:innen. In vielen Labors läuft das wohl anders, aber vor allem als PJler kann man so besonders viel sehen und mitnehmen.
Der Tag beginnt um 7:00 Uhr, man rotiert wöchentlich durch die verschiedenen Bereiche: Probenannahme, Blutkulturen, Urin, Stuhl und Varia-Labor. Den Vormittag verbringt man dann in der Regel mit den MTAs und kann recht schnell mithelfen beim Ausstreichen, Beschriften, Isolieren oder der Erregeridentifikation. Zwischendurch kommt dann ein ärztlicher Kollege für die Befundablesung (dauert meist 1 bis 2 Stunden), da kann man dann daneben sitzen und zuschauen/ Fragen stellen oder später auch selbst versuchen Kolonien anhand von Farbe, Form oder Wachstumsverhalten zu erkennen. Mittags gibt es dann eine kurze Besprechung (meist nur 10min) und danach hat man fast eine Stunde zum entspannten Mittagessen in der Mensa nebenan. Am Nachmittag finden dann oft die Antibiotika-Visiten statt. Die sind immer auf einer anderen Station, zusammen mit der Infektiologie, Hygiene und Apotheke. Auch hier ist man eher stiller Gast, hilfreich ist allerdings wenn man sich vorher die Patient:innen-Liste geben lässt. Dann kann man die Erregerbefunde im iSoft nachschauen (PJler:innen erhalten einen Gastzugang) und sich eigene Gedanken zur Antibiotikatherapie machen und dann auf der Visite überprüfen. Auch wenn der Name es suggeriert, Patient:innen sieht man eher selten auf der Visite, meist sitzten die Ärzt:innen von Station zusammen mit dem ABS in einem Besprechungsraum und gehen die Fälle der Reihe nach durch. Nach der Visite kann man in der Regel überpünktlich gegen 15:00 Uhr gehen und sich vom anstrengenden Tag erholen ;D
In der Mikrobiologie gibt es ein kleines Team und alle sind super nett. Man kann (und sollte) die ganze Zeit Fragen stellen, alles wird immer beantwortet. Zwischendurch gibt es immer ein bisschen Leerlauf, da es keine festen Pflichtaufgaben gibt. Ich habe meist versucht bei den MTAs etwas zu unterstützen. Zwar sind die alle so routiniert, dass man nicht wirklich gebraucht wird, allerdings kann man oft ein paar Aufgaben übernehmen und dann entspannt an der Werkbank platten ausstreichen und Radio hören. Ausserdem habe ich versucht so viel wie möglich zu mikroskopieren. Am grossen Mikroskop im Probenansatz liegen immer die Präparate des Tages, die man nach Lust und Laune durchschauen kann. Ausserdem ist es sicherlich hilfreich sich ein kleines Projekt zum Eigenstudium zu suchen, ich habe mir zum Beispiel eine ausführliche Antibiotika übersicht erstellt. Alle im Team sind auch immer dazu bereit, dir etwas zu erklären, ob zu Antiobiotikaresistenzen oder Pilzkulturen. Ab und zu kann man auch ein kleines Eins-zu-Eins-Teaching bekommen oder dir werden spannende Befunde unterm Mikroskop gezeigt (Wurmeier, Malaria oder andere Parasiten). Die Teilnahme am Wahlfach oder kleine eigene Experimente sind nach Absprache auch möglich. Zusätzlich kann man auch in andere Bereiche kurz hereinschauen, die nicht im Rotationsplan sind, wie zum Beispiel die Molekularbiologie, die Nährbodenküche oder die Serologie. Wenn man sich früh genug kümmert kann man auch mal in die Virologie schauen, die auch zukünftig in das Gebäude einziehen soll (dann wird es sicherlich noch leichter).
Alles in allem kann man in diesem (Halb-)Tertial sehr viel verschiedenes Lernen und Sehen in einer recht stressfreien Umgebung. Ideal wahrscheinlich kurz vor dem Examen. Der einzige Negativpunkt für mich war, dass man i.d.R. der/die einzige PJler:in ist, sodass ab und zu die Möglichkeit fehlt sich auszutauschen oder Kontakte zu knüpften (vor allem für alle die nicht aus Leipzig sind). Dafür bleibt aber nach der Arbeit deutlich mehr Freizeit als in anderen Stellen.
Nicht empfehlen würde ich das Tertial für Studierende die:
- immer eine vorgegebene Aufgabe brauchen und sich nicht zwischendurch selbst beschäftigen können
- schon im PJ das Gefühl haben wollen, jeden Tag Menschenleben zu retten
- überhaupt kein Interesse an Mikroorganismen haben - dann wird das Tertial wahrscheinlich sehr anstrengend
Bewerbung
Dass man Mikrobiologie als Splitting-Hälfte im Chirurgietertial wählen kann, scheint eine Leipziger Besonderheit zu sein.
Die Organisation ist etwas kompliziert - am einfasten ist es wohl, wenn die andere Hälfte der Chirurgie auch am UKL absolviert wird (also Chirurgie UKL via PJ-Portal). Die Kombi mit anderen Krankenhäusern ist eher schwierig. Es lohnt sich aber in jedem Fall, frühzeitig den PJ-Beauftragten Herrn Kullmann zu Fragen, wie das organisiert werden kann.