Das Team war bis auf sehr einzelne Ausnahme sehr nett und hilfsbereit, sowohl ärztlich also auch nicht-ärztlich, bis hin zum Chefarzt. Die Integration ins Team fiel entsprechend leicht.
Am ersten Tag wurde man vom Chefarzt begrüßt, der unter anderem darauf hinwies, dass man nicht mehr als eine Stunde am Tag mit Venenpunktionen verbringen und ihn anderenfalls darauf ansprechen sollte, da es nicht Sinn des PJ sei als reine Arbeitskraft betrachtet zu werden.
Die ersten Wochen hatte das auch sehr gut geklappt, da die Stationsassistentinnen dafür zuständig waren und dies auch entsprechend gut beherrschten. So fielen nur die Anlage von Venenkathetern und schwierige Blutentnahmen an.
Als dann die Stationsassistentin ausfiel und schließlich das Haus dauerhaft verlassen hatte und noch kein Ersatz eingestellt war, sah die Situation allerdings anders aus und dies Tätigkeiten beanspruchten viel Zeit. Wenn immer möglich hatte sich das ärztliche Personal dann diese Arbeit mit uns geteilt, aber dennoch gab es zwei Tage, an denen ich fast nichts anderes gemacht hatte. Fairerweise muss aber erwähnt werden, dass wir damit nicht gleich dem CA bescheid gaben. Es gab aber auch in der Situation ohnehin keine guten Alternativen.
Nach dem Wechsel in die Kardiologie war dies dann aber auch wieder vorbei, denn hier gab es wieder eine Stationsassistentin.
Ansonsten war man flexibel, sowohl was den Rotationsplan als auch die tägliche Tätigkeit betrifft.
Man konnte sich jederzeit in die Funktionsdiagnostik begeben. Ich hatte sehr häufig die Gelegenheit selbst zu sonographieren, wovon ich auch sehr profitierte.
Die steilste Lernkurve hatte ich allerdings in der Notaufnahme, wo ich auch zwei Wochen Nachtdienst gemacht hatte, was ich sehr empfehlen kann. Ich hatte mir die zwei Wochen so gelegt, dass ich mit einem Arzt im Dienst war, den ich von der Station schon kannte.
Sowohl im Nacht- als auch im Tagdienst hatte ich Patient*innen komplett eigenständig betreut, aber immer mit der Gewissheit, mich jederzeit absichern zu können. Nach Übernahme, Anamnese, Untersuchung und ggf. Sono sowie Laborbefunden hatte ich weitere Diagnostik, Therapie und Aufnahme/Entlassung festgelegt und diese Planung dann (ober-)ärztlich besprochen.
Was die vollständige aber zügige Anamnese und Untersuchung sowie Selbstorganisation angeht, war ich nach dieser Rotation sehr routiniert und hatte auch sonst hier sehr viel gelernt.
Auf den Stationen waren die Pat. hingegen ja schon voruntersucht. Natürlich hätte man jederzeit trotzdem körperliche Untersuchungen durchführen können. I.d.R. hätte man dabei aber nichts festgestellt, was nicht schon dokumentiert war oder in Besprechungen genannt wurde. Hier lag daher der Schwerpunkt auf Organisation, Verlaufs- und Therapieplanung, Differentialdiagnostik sowie dem Verfassen von Arztbriefen. Letzteres ist ein wichtiger Bestandteil der praktischen Ausbildung und sollte nicht unterschätzt werden.
Die Rotation nach Borkum ist definitiv sehr empfehlenswert. Im Nachhinein hätte ich mehr als nur eine Woche dort verbringen sollen.
Natürlich war der Freizeitfaktor auf der Insel im Sommer hervorragend, aber auch die Arbeit war gut und vielfältig inklusive eigener Pat.-Betreuung und -besprechung.
Es fiel an, was anfiel. Von der Kopfplatzwunde nach Fahrradsturz und weiterer Traumaversorgung bis zur regulären hausärztlichen Versorgung der Inselbevölkerung und Urlaubsgästen — vom Kind bis zu Hochbetagten.
Das Essen in der Kantine ließ nur selten, und wenn dann wenig zu wünschen übrig.
Allerdings hätte ich mir gewünscht, jeden Tag ein vegetarisches Gericht zur Auswahl zu haben, denn dieses war ab und zu auch mal Fisch. Ernährt man sich tatsächlich vegetarisch, kann das ein Problem sein, weil einem dann nur Beilagen bleiben oder ein Salatteller, der dann aber extra kostet. Bei veganer Ernährung sollte man die Verpflegung abwählen und selbst im Apartment kochen.
Das Apartment im Dachgeschoss des Krankenhauses war sauber, modern ausgestattet und in gutem Zustand, man hat eine Küchenzeile, die für vier Monate absolut ausreichend ist. Der kurze Arbeitsweg war sehr angenehm und ich hatte keineswegs das Gefühl nicht abschalten zu können.
Lediglich die Internetverbindung per WLAN ist sowohl sehr unzuverlässig als auch extrem langsam und war wirklich ein Ärgernis. Ich hatte daher schließlich einen Mobilfunkvertrag mit höherem Datenvolumen gebucht und diese genutzt.
Ein wirkliches Manko hinsichtlich der Ausbildung war der PJ-Unterricht. Der Unterricht der Inneren/Kardio hat bis auf eine Ausnahme jede Woche stattgefunden. War kurzfristig jemand für diese Termine nicht verfügbar um den vorgeplanten Unterricht zu halten, wurde Ersatz gestellt.
Ganz anders lief das bei den anderen Abteilungen. Mit Abstand am Zuverlässigsten war von diesen die Anästhesiologie, deren Unterricht auch sehr gut war. Auch die Unfallchirurgie/Orthopädie hat oft Unterricht gehalten (stets der Chefarzt).
Obwohl es einen Plan für mehr als einen Monat im Voraus gibt, hat es von der Pädiatrie nur einmal Unterricht gegeben. Die Gynäkologie war zu 100% ausgefallen. Auch die Viszeralchirurgie war nicht sehr viel besser.
Der Unterricht, der stattgefunden hat, war dann fast immer auch gut. Allerdings war die hohe Ausfallrate doch sehr frustrierend. Oft wirkte es bei der telefonischen Nachfrage so, als wäre es eine völlige Neuigkeit, dass Unterricht ansteht, obwohl es den besagten Plan gibt.
Alles in allem kann ich das Haus empfehlen und ich bereue nicht, mich für Leer entschieden zu haben, denn ich hatte eine schöne und lehrreiche Zeit. Am regelmäßigen Stattfinden des Unterrichts muss aber dringend gearbeitet werden. Die Rotation in der Notaufnahme war die mit der steilsten Lernkurve in meinem gesamten PJ und wird dringend empfohlen.
Bewerbung
Die Buchung erfolgt über das PJ-Portal.
Vorab war es problemlos möglich Informationen über die Unterkunft und Vergütung per Email zu erhalten.
Am Sonntag vor Tertialbeginn fiel mir auf, dass ich gar nicht darüber informiert war, wann und wo ich mich am nächsten Tag einfinden soll. Dies ist also ggf. explizit vorher zu erfragen.