Meine Erfahrungen aus dem praktischen Jahr in der Chirurgie im Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum sind durchweg positiv, sodass ich jedem das Chirurgie-Tertial in diesem Haus weiterempfehlen kann. Trotz der anfänglichen Skepsis aufgrund der Beurteilungen anderer PJ-Berichte, konnte mich das Team von Beginn an vom Gegenteil überzeugen.
Die Lehrkoordination übernimmt im Vorfeld die Organisation bezüglich der Einteilung auf die jeweiligen Stationen (Schwerpunkte sind Station 5 Transplantationschirurgie und Station 7 Viszeralchirurgie) und steht zudem auch jederzeit für Fragen zur Verfügung. Darüber hinaus sind nach Absprache zusätzliche Rotationen (ein- bis zweiwöchig) in die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Neurochirurgie und Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie möglich, sowie in die Chirurgische Ambulanz und Notaufnahme.
In der Klinik begann der Tagesablauf gegen 7:00 Uhr mit einer kurzen Visite auf den Stationen (nicht verpflichtend) beziehungsweise dann gemeinsam um 7:30 Uhr mit einer morgendlichen Frühbesprechung mit einer Vorstellung der Patienten aus dem Dienst und dem tagesaktuellen Operations-Plan. Dienstags gab es zusätzlich eine interne Fortbildung. Gegen 8:00 Uhr bin ich überwiegend direkt in den OP gegangen oder auf die entsprechenden Stationen beziehungsweise in die Ambulanz. Am Nachmittag erfolgte um 15:30 Uhr die Visite auf der operativen Intensivstation. Abschließend fand um 15:45 Uhr die tägliche Röntgenbesprechung und eine weitere Dienstbesprechung statt, in der das Operationsprogamm des Tages sowie für den nächsten Tag, als auch Aufnahmen aus der Notaufnahme und noch anstehende Aufgaben und Besonderheiten von den peripheren Stationen besprochen wurde.
Jeden Mittwoch findet für alle PJ’ler eine sehr gute fachübergreifende Lehrveranstaltung bestehend aus Radiologische-Bildanalyse, EKG-Kurs und PJ-Seminar (verschiedensten Fachabteilungen) statt.
Einen Studientage gibt es alle zwei Wochen, dieser ist unter Absprache mit dem PJ-Beauftragten frei wählbar. Ebenfalls wird eine Teilnahme an regulären Diensten angeboten, diese bieten einem eine weiteren Möglichkeit Notfälle, die außerhalb der regulären Tätigkeit anfallen, kennenzulernen. In der Regel bleibt man bis 22:00 Uhr, ein Freizeitausgleich wird in Form eines freien Tages am Folgetag gewährt.
Für PJ-Studierende gibt es eine kostenfreie Parkmöglichkeit im neu errichteten Parkhaus. Während des Praktischen Jahres enthält man 452 Euro monatlich. Darüber hinaus erhält man als PJ’ler ein kostenloses Mittagessen inklusive Getränk. Für alles Weitere zahlt man mit dem eigenen Transponder den reduzierten Mitarbeitertarif.
Während der Stationsroutine sowie in der Ambulanz konnte ich selbständig Blutentnahmen und das Legen von venösen Zugängen nachgehen als auch bei Patientenaufnahmen die Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung durchführen. Darüber hinaus habe ich verschiedenste Techniken der Wundversorgungen erlernt, Drainage gespült und gezogen, sowie Rehaanträge bearbeitet und Arztbriefe geschrieben. Bei Fragen oder Unsicherheiten wurde man direkt von den Stationsärzten unterstützt. Außerdem bekommt man als PJ’ler ein eigenes Telefon, auf dem man angerufen werden kann, um beispielsweise bei dringlichem Bedarf auf anderen Stationen Blut abzunehmen. Besonders spannend habe ich den Einblick in die Transplantationschirurgie empfunden. Die umfangreiche Begleitung des Patienten von der Aufnahme bin hin zur Operation und Entlassung mit entsprechender Nachsorge empfand ich besonders bemerkenswert. Hierbei konnte ich mir auch die Sonographie von transplantierten Organen zu Eigen machen. Darüber hinaus erfolgt auf der Transplantationschirurgie Mittwochsvormittags eine ebenfalls lehrreiche Visite mit Nephrologen aus dem Marien Hospital Herne.
Da ich während meines gesamten Tertials als alleinige PJ’lerin tätig war, durfte ich erfreulicherweise die überwiegende Zeit im OP verbringen. Während dieser Zeit habe ich sehr viel gelernt, denn das Spektrum ist im Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum ausgesprochen vielfältig. Insgesamt konnte ich von den allgemein- und viszeralchirurgischen Basis-Operationen (beispielsweise Cholezystektomie, Appendektomie, Hernienchirurgie) bis hin zu komplexen Operationen (wie z.B. Zweihöhleneingriffe beim Ösophagus-Carcinom, Hemikolektomie, Whipple-Operation, Nephrektomie) inklusive Transplantationen (Nieren-Transplantation und kombinierte Pankreas-Nieren-Transplantation) nicht nur alles sehen, sondern sogar mitoperieren. Sofern ich als PJ‘ler nicht fest als Assistenz mit eingeplant war, konnte ich mich dennoch immer bei Operationen, die mich interessierten miteinwaschen und wiederum assistieren.
Man wurde nicht zum bekannten „Klappe und Haken halten“ degradiert, ganz im Gegenteil, die Arbeit bestand häufig wie bereits oben erwähnt aus aktiver Assistenz, vor allem wenn man Interesse zeigt. Meistens war ich daher auch den ganzen Tag im OP. Wenn man sich einbringt und auch freiwillig länger bleibt, kann viel sehen aber auch ebenso viel lernen. Dementsprechend habe ich mich auch immer willkommen gefühlt. Im OP herrscht zudem ein freundlicher Ton. Es wurde mir alles geduldig gezeigt und erklärt. Ich konnte jederzeit Fragen stellen, diese wurden auch gerne und meist auch ausführlich beantwortet. Während der OP konnten so mein theoretisches Wissen in Hinblick auf die jeweilige aktuelle Operationssituation mit der entsprechenden Anatomie und den Operationsverfahren vertieft werden. Durch meine aktive Einbringung konnte ich mich meiner Meinung nach gut in das Team integrieren und weiterentwickeln. Je mehr ich mich eingebracht habe, desto mehr Verantwortung und Aufgaben durfte ich übernehmen. So erfolgte unter Anleitung und Aufsicht der Oberärzte die Erlernung von Naht- und Knotentechniken, sodass ich Drainagen annähen und am Operationsende meist immer zunähen durfte. So habe ich auch viele Operationen nur mit einem Oberarzt durchgeführt, wodurch mir durchweg die Möglichkeit gegeben wurde, selbständig zu arbeiten und eigene Erfahrungen sammeln zu können. Abschließend hatte die Assistenz bei einer vollumfänglichen Explantation eines Organspenders für mich persönlich eine sehr große Bedeutung. Ebenfalls zu erwähnen ist das nette OP-Pflege-Team und auch das Anästhesiepersonal, das jederzeit zuvorkommend war und einem auch gerne für Erklärungen bereitstand.
Weitere anerkennende Worte gelten dem Chef der Abteilung Prof. Dr. Viebahn. Er bemüht sich sehr für die Belange seiner Mitarbeiter und erkannte mich als PJ’lerin als Teil seines Teams an. So konnte ich jederzeit offen mit ihn in Kontakt treten und gegebenenfalls Vorschläge/Wünsche äußern. In den Besprechungen hat er auch immer wieder das Wort an mich als Studentin oder an die jungen Assistenzärzte gerichtet, um etwas näher zu erklären.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich in meiner Zeit in der Chirurgie sehr wertvolle Erfahrungen sammeln konnte und gerade für Chirurgie-Interessierte (oder die es noch werden wollen) ein Tertial im Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum nur empfehlen kann. Wenn man wissbegierig ist und sich entsprechend einbringt, kann man ein breites Spektrum der Chirurgie aktiv miterleben und zugleich sein Wissen festigen und vertiefen.
Mit einem vereinbarenden Zitat des Chefs würde ich gerne den Bericht abschließen: „Das OP-Virus hat auch mich befallen.“