Allgemeines:
- es wird mit Urlaub geworben, wenn man ankommt erfährt man, dass es keinen gibt
- es gibt keine Studientage
-in den 4-7 Wochen auf dem Notfall arbeitet man im Schichtsystem inkl. Nacht und Wochenende mit ca. 55 Wochenarbeitsstunden
- der Notfall ist aber auch der einzige Ort, wo man das Gefühl hatte, dass man wenigstens irgendwas gelernt hat, Ärzte sind umgänglicher, man kann auch mal selber ne Anamnese erheben und Patienten untersuchen (zumindest "chirurgisch" untersuchen)
- ausserdem lernt man - je nach Assistenzarzt- auch kleine Wundversorgungen, Interpretation von Röntgenbildern
- von aussagekräftiger Laborbefundung und adäquater Arzneimittelanwendung wird man allerdings nix lernen
- es gibt selten Schweizer Unterassistenten in der Chirurgie, mag das was zu bedeuten haben?! Ausserdem bekommen diese einen Lohn der deutlich mehr ist als die Kosten für Unterkunft und die 480 Franken für die Cafeteria pro Monat, die ein deutscher Unterassistent erstattet bekommt.
Cafeteria: extrem gutes Essen, man kann sich hier komplett ernähren, braucht fast nix mehr einkaufen,
Note: 1
-Auf Station:
Man wird höchst selten informiert, wenn die Visiten stattfinden, obwohl jeder Arzt eine Liste hat, auf dem der zuständige Unterassistent steht. Hinterhertelefonieren ist aber auch nicht erfolgreich. Die Patienten sollen beim Eintritt aufgenommen werden, viele sind Nüchterneintritte und gehen direkt in den OP, die Aufnahme ist dann nur noch Copy-Paste mittels Computer. Und wenn man dann mal klinisch eine Aortenstenose hört......dann ist es auch zumeist egal.
- Im OP:
überwiegend Haken und Klappe halten. Der Schweizer brüllt nicht wie man es aus Deutschland kennt, jedoch wird man überwiegend als Unterassistent nicht beachtet oder wird darauf hingewiesen, dass der Haken zu fest/ nicht fest genug/ gerade falsch/ oder schräg/ oder ins Licht / gehalten wird. Selber was machen ist quasi nie der Fall. Ich habe in 4 Monaten 1x bei einer Lap- Galle und 1x bei einer Lap-Appendix als 1. Assistenz mitgemacht, sonst als 2. oder gar 3. Assistenz. Erklärt bekommt man insgesamt wenig, Fragen dürfen gerne gestellt werden, die Antworten sind meist einsilbig.
Und wenn man dann über die Monate hinweg min. 1x pro Woche hört: "Ich brauch mir deinen Namen nicht merken, du bist ja eh bald wieder weg" fragt man sich auch, was mit dem Benehmen passiert ist.
- man rotiert üblicherweise je 1 Monat in die Unfallchirurgie, Allgemeinchirurgie, den Notfall sowie entweder in die Gefäß-, Hand- oder Neurochirurgie. Dort ist das Teaching deutlich besser:
Bspw. in der Neurochirurgie:
Komplette Aufnahmen machen lernen und umsetzen, Teaching durch den Stationsarzt sowie auch mal durch den Chef beim Morgenrapport. Üblicherweise ist man 1. Assistenz bei NPP-Operationen und PLIFS bzw. anderen Fusionen. Hier könnte man sich sogar vorstellen, PJ zu machen oder gar als Assistenzarzt anzufangen. Chef, Oberärzte sowie der derzeitige Stationsarzt sind sehr nett, erklären viel, man frühstückt morgens gemeinsam...
Nota bene: es werden überwiegend spinale Eingriffe durchgeführt, wenige Köpfe.
-Fortbildungen:
Sind eigentlich 1x die Woche, jedoch fallen sie zu 2/3 aus, weil es irgendwann in der Woche einen Feiertag gibt (!), der Assistent keine Zeit hat oder keine Lust. Die Fortbildungen werden den Assis aufgezwungen,was man teilweise deutlich merkt. Viele nehmen dann aus Faulheit auch noch eine alte Fortbildungs- Präsentation der Handchirurgie aus dem Intranet des Spitals und tragen sie innerhalb einer halben Stunde vor. Was interessiert einen PJler, dass man ein Karpaltunnelsyndrom mittels 5 verschiedener Techniken operieren kann.....die einzigen guten Referenten während unseres Aufenthaltes verlassen im Rahmen ihrer Weiterbildung im Sommer das Spital
Sonstiges:
-Unterkunft: überwiegend modernisierte Wohnheimzimmer. Draussen gibts nen Pool sowie ein Volleyballfeld. Internet kostet 20 Franken pro Monat extra.
Note: 1-2
-Winterthur als Stadt: Note 2
--------------------------------
FAZIT:
Die Rahmenbedingungen sind eigentlich hervorragend was Unterkunft, Essen, ein modernes Spital, die Kollegialität mit anderen Unterassistenten etc. angeht, das Spital hat eine angenehme Grösse, viele verschiedene Operationen.
Allerdings haben 95% der Oberärzte und 80% der Assistenzärzte mehr oder weniger offensichtlich kein Interesse an den Unterassistenten solange diese die aufgetragenen Deppenarbeiten wie Aktenordner anlegen und Medikamente in Listen eintragen erledigen.
Ich persönlich rate von der chirurgischen Abteilung für eine Unterassistenten-Stelle ab. Und ich glaube auch nicht, dass sich die beschriebenen Defizite mittelfristig ändern werden.
Bewerbung
- bewirbt man sich mit langer Vorlaufzeit "muss" man 4 Monate machen (wohlgemerkt: keine Studientage, kein Urlaub!)
-bewirbt man sich kurzfristig wird man auch für 3 Monate genommen
- bewirbt man sich, bekommt eine Stelle und kommt nicht, muss man laut Vertrag eine Strafe von 500 Franken zahlen. Diese kann das Spital aber juristischen Gründen nicht einfordern! (nur mal so nebenbei erwähnt)