TL;DR: Ich kann das PJ am EGZB für jede Person empfehlen, die sich für Innere Medizin interessiert und ein möglichst breites Spektrum an Erkrankungen aus verschiedenen Fachrichtungen sehen möchte. Das Team ist super, man lernt enorm viel und wird schnell in den Stationsalltag integriert. Nicht empfehlen kann ich es, wenn das Interesse eher gering ist und man das Tertial einfach nur "ableisten" möchte. Dafür gibt es vermutlich bessere Kliniken, bei denen man überpünktlich rauskommt.
Ausführlicher:
die Klinik: das EGZB ist ein vergleichsweise kleines Haus mit insgesamt 5 Stationen (eine Privatklinik, vier "reguläre" Stationen) sowie einer Tagesklinik. Eine Rotation unter den Stationen halte ich nicht für sinnvoll, da sich die Stationen fachlich untereinander nicht unterscheiden. Ich empfand es sogar als sehr positiv, über 4 Monate fest auf einer Station eingesetzt zu sein und richtig zum Teil des Teams zu werden. Als geriatrische Frührehabilitation kann man natürlich keine aufwendige Diagnosemaschinerie erwarten - mehr als Röntgen und Sonografie ist an Bildgebung im Haus routinemäßig nicht möglich. Hierfür gibt es eine Anbindung an das CVK, wo konsiliarisch weitergehende Untersuchungen stattfinden können. Man ist mehr auf seine klinische Intuition und die körperliche Untersuchung angewiesen.
das Fach: Geriatrie ist ein sehr unterschätztes Fach und auch das Konzept einer "komplexgeriatrischen Frührehabilitation" ist Vielen nicht geläufig. Man darf hier natürlich keine Akutmedizin erwarten - die PatientInnen werden i.d.R. aus einem anderen Haus verlegt nachdem die Akutbehandlung weitgehend abgeschlossen ist. Das bedeutet aber nicht, dass medizinisch nichts zu tun ist, eher im Gegenteil; Geriatrie ist nicht grundlos ein eigenes Fachgebiet. Man lernt, die Patienten aus einer anderen, sehr viel ganzheitlicheren Sicht zu betrachten und viele Gegebenheiten zu hinterfragen. Einfach gedankenlos Diagnose- und Medikamentenlisten übernehmen gibt es hier nicht; jedes Medikament und jede Diagnose muss hinterfragt werden. Dass im Laufe des Aufenthaltes gerne mal der gesamte Medikamentenplan umgeworfen wird ist fast schon Standard. Dabei ist man nicht nur an eine Fachrichtung gebunden; ob Kardio, Gastro, Neuro, Ortho - man sieht hier alles und kann auch viel untersuchen. Um eine wirklich gute Behandlung leisten zu können ist es dabei essentiell, zumindest die Basics jedes Krankheitsbildes zu durchschauen. Dementsprechend ist die Geriatrie der ideale Überblick über die gesamte Innere Medizin und darüber hinaus. Die eine oder andere Aszites- oder Pleurapunktion kann man zudem auch übernehmen.
Die Patienten sind i.d.R. über 2 - 3 Wochen stationär, sodass man sich mit Dingen beschäftigen kann, die in der Akutklinik untergehen. Neben dem Medizinischen lernt man aber auch die psychosoziale Perspektive stärker einzunehmen. Wie geht es mit der Versorgung des Patienten weiter - nicht nur kurzfristig für ein paar Wochen, sondern über die nächsten Jahre? Hierbei helfen auch die wöchentlichen Teamsitzungen, in denen sich das gesamte Team der Station - Pflege, TherapeutInnen, ÄrztInnen, Sozialdienst, Stationsmanagement - zusammensetzt und jeden einzelnen Patientenfall bespricht. Als Person, die perspektivisch den Facharzt für Innere Medizin anstrebt, kann ich die Geriatrie als Einstieg sehr stark empfehlen.
das Team: man lernt recht schnell die Ärzteschaft das gesamten Hauses kennen und ist mit nahezu allen sofort per Du. Das Team ist insgesamt sehr jung, viele treten am EGZB ihre erste Stelle als AssistenzärztInnen an. Ich empfand die Stimmung insgesamt als sehr angenehm. Es gab kaum KollegInnen, mit denen ich mich nicht verstand. Man kennt sich in diesem Haus untereinander und ist nach wenigen Wochen ein fester Bestandteil des Hauses. An einigen Tagen fühlte es sich weniger nach PJ und mehr nach "erster Stelle" für mich an. Auch das Team der Pflege und TherapeutInnen ist hier hervorzuheben; es waren nahezu alle immer sehr freundlich und einladend. Die Mittagspausen haben wir häufig gemeinsam mit den TherapeutInnen verbracht.
Die OberärztInnen sind ebenfalls freundlich und freuen sich darüber Dinge erklären zu können. Die Oberarztvisiten waren immer sehr informativ und man merkt, dass Geriatrie ein sehr komplexes, weitumfassendes Fach ist, für das man einen besonderen Blick entwickeln muss. Selbstverständlich besteht auch hier eine gewisse Hierarchie, aber ich hatte nie das Gefühl, nicht auch mal Einwände erheben, Fragen stellen oder meine persönliche Perspektive auf die Dinge geben zu können. Der Oberarzt der Station 1 ist zudem der PJ-Beauftragte und bemüht sich wirklich darum, den Studierenden etwas beizubringen.
An dieser Stelle möchte ich auch nochmal insbesondere das Ärztinnen-Team der Station 1 hervorheben, die mich vom ersten Tag an in das Team integriert haben. Natürlich ist der Alltag stressig und man verbringt viel Zeit mit den "klassischen" PJ-Aufgaben wie Blut abnehmen und Flexülen legen. Trotzdem hat das Team immer versucht das Beste daraus zu machen. Dann wurde mal mit der Visite gewartet, bis die Blutentnahmen durch sind, wenn man Zimmer verpasst hat wurden die Patienten kurz vorgestellt/erklärt - oder es wurde halt mal schnell bei ein paar BEs geholfen, damit man die Oberarztvisite nicht verpasst. Während der Visiten kann man gerne Fragen stellen und bekommt viel erklärt. Und auch menschlich hat man sich sehr schnell sehr gut verstanden, was zu vielen tollen, witzigen Unterhaltungen und Momenten geführt hat. Ein so tolles Team findet man selten!
die Orga: der Einstieg war sehr gut durchorganisiert. Am ersten Tag kümmert man sich, wie wahrscheinlich überall, um die Formalitäten, erhält einen Schlüssel, Wäsche sowie einen PC-Zugang. Ein Telefon bekommt man (leider) nicht. Ein Minuspunkt: Bis auf die Fortbildungen für die AssistenzärztInnen, die aufgrund des Sommerlochs kaum stattfanden, findet Lehre in dem Haus leider nicht statt, man muss theoretisch für die PJ-Fortbildungen ans CVK fahren und dort teilnehmen. Realistisch betrachtet ist das aber nicht umsetzbar. Die Fortbildungen finden um die Mittagszeit herum statt, und gerade dann beginnt der Stationsalltag lehrreicher/interessanter zu werden. Mit Fahrtweg und Pause ist man somit mindestens 2 Stunden zur "besten Zeit" abwesend. Wer also auf die PJ-Fortbildungen nicht verzichten möchte, ist hier falsch. Und: wer wirklich darauf pocht, jeden Tag pünktlich zum Feierabend den Stift fallen lassen zu können, ist hier wahrscheinlich auch falsch. Die ÄrztInnen geben sich natürlich Mühe, dass man als PJ-Studierender pünktlich rauskommt, es ist aber immer viel zu tun und eigenes Interesse/Initiative werden hier sehr belohnt. Für die persönliche Entwicklung als baldige/r Ärztin/Arzt lohnt es sich enorm. Dass man dafür dann auch mal die eine oder andere Überstunde ableisten muss, ist dann halt so. Wer genügend Interesse/Initiative zeigt, kann zudem auch gerne eigene Patienten übernehmen und diese in enger Rücksprache mit den StationsärztInnen und OberärztInnen weitgehend selbstständig visitieren und behandeln.