Der Transparenz halber muss ich zugeben, dass mich Chirurgie nicht brennend interessiert und dass sich meine Motivation, im dritten Tertial angekommen, in Grenzen hielt. Das hat meine Wahrnehmung des Tertials sicherlich beeinflusst, ein angehender Chirurg hätte das ganze vielleicht anders beurteilt.
Allgemeines und Organisation: Es gab bei uns 4 Stationen, in die wir Rotiert sind: 5a (Allgemeinchirurgie), 3c (Normalstation UCH), 6b/c (Privatstationen UCH), Notaufnahme. Die für PJler zuständige Ärztin war zum Tertialstart längerfristig krank und es gab keine Vertretung, wir haben uns dann selbstständig eingeteilt. Einmal in der Woche hat man einen Lerntag. Wichtig ist, dass man sich die Lerntage offiziell nicht aufheben darf, um sie dann gegen Ende des Tertials zu bündeln, das wurde uns auch nochmal explizit von der Ärztin gesagt, als sie dann irgendwann wieder da war. Die Info auf der Website des Klinikums ist falsch, ich habe das auch angemerkt, zum Zeitpunkt der Rezension wurde es aber noch nicht richtiggestellt. Es wird erwartet, dass man sich mit den anderen PJlern abspricht, damit die Lerntage nicht gleichzeitig genommen werden.
Der Papierkram, die Ausgabe von Telefonen und weitere anderwärtige Organisation läuft über die PJ-Sekretärin, das hat bei uns gut funktioniert.
Team: Das Team war nett, gerade die Assistenten, insgesamt sind die Hierarchien flach und der Umgang mit PJlern war angemessen und freundlich. Manchmal meiern sich die Oberärzte in der Frühbesprechung gegenseitig an, aber ich denke das gehört zum guten Ton einer chirurgischen Abteilung dazu. Ich hatte eine Gruppe netter Mitstreiter im PJ, die wirklich dabei geholfen haben, die negativen Aspekte auszugleichen.
Arbeit und Lehre: Zum Tagesstart dokumentiert man die Visite und versucht mit dem Oberarzt schrittzuhalten, während dieser durch die Patientenzimmer rast. Danach gehts in die Frühbesprechung, hier wird dann auch abgesprochen, welcher PJler in den OP geht, in der Regel sind das ein oder zwei am Tag. Danach kommt Stationsarbeit, also Blutentnahmen, Briefe anlegen und Verbandswechsel. Am Montag, Mittwoch und Freitag wird stationsweit der Verband erneuert, wenn man auf der Normalstation allein ist, kann das schon viel Zeit in Anspruch nehmen. Eigene Patienten zur Betreuung hatten wir keine. Die proaktive Lehre im Arbeitsalltag hält sich stark in Grenzen, wenn man kein Interesse zeigt und nicht nachfragt, dann lernt man auch wenig. Ich muss dazusagen, dass ich das nicht zu Lasten der Assistenzärzte legen will, die haben alle mehr als genug zu tun. Die Oberärzte haben, was Lehre angeht, selten die Initiative ergriffen.
Positiv fiel die Notaufnahme auf, man arbeitet selbstständig, meldet Untersuchungen an und bekommt Feedback zu seiner Arbeit.
Das alles trifft vor allem auf die UCH/Ortho zu, in der ACH war ich wegen Urlaub und Fehltagen nur kurz. Im Großen und Ganzen war es da ähnlich, die Assistenten hatten aber ein bisschen mehr Zeit für Lehre.
Die PJ-Fortbildungen fanden bei uns einigermaßen regelmäßig statt, bei den chirurgischen Fortbildungen musste man aber deutlich aktiver nachfragen. Waren oft nette Wiederholungen, hat meiner Meinung nach aber nicht die fehlende Lehre im Stationsalltag ersetzt.
Lohn: Man bekommt das Essen bezahlt, für Krankenhausessen ist es in Ordnung, obwohl die Portionen manchmal etwas klein sein. Geld bekommt man keines, meiner Meinung nach einer der größten Minuspunkte.
Umgang mit Feedback: Gegen Ende des Tertials haben sich die anderen PJler und ich zusammengesetzt und nochmal unser Feedback gesammelt. Der Chefarzt ist darauf eingegangen und hat Missstände offen eingestanden, was ich ihm durchaus anrechne. Natürlich sind nicht alle der Punkte, die wir angesprochen habe, in seiner Kontrolle, wie zum Beispiel die Frage des Lohns. Ob sich was geändert hat, weiß ich natürlich nicht.
Fazit: Geht schlimmer, hat aber noch viel Luft nach oben. Es gibt bestimmt andere Kliniken, in denen man selbstständiger arbeitet, mehr lernt und Geld verdient, aber ich denke in den meisten Kliniken ist es ähnlich. Gerade im dritten Tertial stört, dass man die Lerntage nicht sammeln kann.