Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Diagnostik, Notaufnahme, Station
Heimatuni
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Kommentar
In erster Linie möchte ich sagen, dass meine Kritik vorwiegend auf Grund von Begebenheiten und Struktur so negativ ausfällt. Das Team von Ärzt*innen und Pfleger*innen war in meinem Fall durchweg sehr nett, behandelte mich auf Augenhöhe und als Teammitglied. Auch lehrtechnisch wurde sich viel Mühe gegeben.
Trotzdem möchte ich sagen, dass die generelle Haltung der Hamburger Krankenhäuser zum PJ für mich wirklich missbilligend und nicht mehr zeitgemäß ist.
Seit Jahren kämpfen wir für eine faire Entschädigung und humane Bedingungen. In vielen Städten und Kreisen wurde dies in Teilen umgesetzt, auch wenn wir noch nicht dort angekommen sind wo wir hin wollen. Allerdings gibt es immer noch Städte welche grundlegende Forderungen nicht im Ansatz umsetzen weil sie auf Grund anderer Faktoren eine Stellung geniessen in der sie auf Forderungen nicht eingehen müssen weil die Stadt an sich erstens keine Alternativen bietet und zweitens so begehrt ist, dass es immer PJ-Nachwuchs gibt.
Die privaten Träger, welche in Hamburg ein Monopol in der Krankenhauslandschaft bilden, haben beschlossen PJ’ler erst zu bezahlen wenn es keinen Nachwuchs mehr gibt. Dies ist zumindest eine Aussage der Asklepios. Dies ist angesichts der ansprechenden Stadt und der hiesigen Studierenden, welche teilweise gezwungen sind an Hamburger Lehrkrankenhäusern ihr PJ zu absolvieren, sehr unwahrscheinlich.
Grundsätzlich missfällt mir diese Einstellung denn wenn man sich den Ablauf des PJ’s anschaut übernehmen Studierende viele Aufgaben von Ärzt*innen zu denen diese aus Zeitmangel nicht kommen.
Nur ein Beispiel:
In der Approbationsordnung steht keinesfalls dass Studierende bspw. 5000 Blutentnahmen durchführen müssen oder peripher venöse Zugänge legen müssen, sie sollen „während der Ausbildung nach Absatz 1, in deren Mittelpunkt die Ausbildung am Patienten steht, die während des vorhergehenden Studiums erworbenen ärztlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vertiefen und erweitern“. Außerdem dürfen die Studierenden „nicht zu Tätigkeiten herangezogen werden, die ihre Ausbildung nicht fördern“, was angesichts täglicher Blutentnahmen etc wohl der Fall ist und kaum dem Ausbildungskatalog entspricht. Dies ist nur ein Beispiel für Aufgaben die zwar seit Jahrzehnten so von PJ’lern durchgeführt werden aber eig nicht direkt dem Ausbildungsziel entsprechen sondern eher der Entlastung des ärztlichen Personals dienen. Im Grunde verzichtet man in der Zeit die diese Aufgaben in Anspruch nehmen auf eine adäquate Lehre. Ich will nicht sagen, dass bspw Blutentnahmen nicht erlernt werden müssen oder unsinnig sind aber in dem Umfang in dem dies an einigen Lehrkrankenhäusern praktiziert wird entspricht es wohl kaum dem Lernkatalog. Dies ist nur ein Beispiel von vielen…
Dementsprechend wird man in einigen Fällen als Arbeitskraft ausgenutzt und verzichtet auf Lehre weil dies so „üblich“ ist und der Personalschlüssel nicht ausreichend ist.
Angesichts dieser Situation finde ich das Ablehnen einer Bezahlung noch unverschämter als es ohnehin schon ist. Für eine konsequente Lehre im Sinne eines Praktikums mit versierten Ärzt*innen an seiner Seite welche für 8h Lehre am Tag sorgen könnte ich das Ablehnen einer Bezahlung sogar verstehen, auch wenn ich dies grundsätzlich nicht fair und richtig finde. Wenn man allerdings als „Arbeitskraft“ für diverse Aufgaben, die eig nicht in den Lernkatalog gehören, fungiert ist die fehlende Entschädigung eine Missbilligung.
Schon unter normalen Zuständen ist das Bestreiten des PJ für einige Studierende eine Herausforderung. Gerade wer aus Ausbildung und Arbeitsleben kommt und Lebenshaltungskosten zu stemmen hat ist auf eine Bezahlung angewiesen, da das PJ nur wenig Zeit für paralleles Arbeiten lässt. Viele Studierende wissen nicht wie sie Ihre Miete und Lebenshaltungskosten bestreiten sollen wenn sie nicht gerade liquide Eltern haben oder einen Kredit aufgenommen haben.
Daher folgend einige Punkte die für mich alles andere als wertschätzend sind und mich wirklich enttäuschen. Für mich spiegelte es wider warum Privatisierung, meiner Meinung nach, nicht ins Gesundheitswesen gehört. Für die Aussenwirkung der Krankenhäuser scheint genug Geld vorhanden zu sein, für Personalschlüssel, Ausstattung, Patientenversorgung, Lehre und wertschätzenden Umgang mit PJ’lern scheint man aber leider kein Geld investieren zu wollen. Grundsätzlich kann ich sagen, dass ich mein PJ auf Grund meiner Erfahrungen und auch aus Prinzip nicht noch einmal an einem Hamburger Krankenhaus absolvieren würde, insbesondere nicht bei den marktbeherrschenden privaten Trägern.
Cons:
0€ Entschädigung für eine 40h Woche
Kein Studientag
Ein verpflichtender Tag am UKE jeden Monat für jede PJ-Kohorte an dem man 4h sinnlose Vorträge hört und anschließend so lange auf Anwesenheitslisten warten muss dass man eig aus Prinzip schon einen Fehltag in Kauf nehmen möchte. Allerdings lohnt es sich um den Konsens der restlichen PJ’ler zu hören welche größten Teils die selben Kritikpunkte haben und teilweise von noch prekäreren Situationen berichten.
Mahlzeit während des Arbeitstages: In meinem Fall konnte ich mittags im Wert von 5,30€ essen gehen. Anstatt Studierenden generell eine warme Mahlzeit zu gönnen musste ich hier erst jeden Tag die „Karte“ studieren um zu schauen was ich mir für 5,30€ überhaupt leisten kann…Ein Getränk (abgesehen von Leitungswasser) gab es leider auch nicht. Andere studierende berichten von Gutscheinen für den „Bäcker auf der anderen Straßenseite“ bei dem man sich trockene Brötchen holen konnte. Ziemlich peinlich…
Ein ca 30x30cm großes Fach in der Umkleidekabine welches als „Spind“ diente in dem man im Winter seine Nassen Sachen legen kann um sie anschließend feucht und miefend wieder anzuziehen
Kein Einführungstag um bspw Haus und IT kennen zu lernen. Studierende müssen versuchen in ihrer Arbeitszeit das Haus kennen zu lernen und bei Übernahme von eigenen Patienten fällt es sehr schwer diese IT-mässig zu bearbeiten da man den Ärzt*innen nicht nur Fachfragen stellen muss sondern auch noch Anwenderfragen stellen muss. Dies ist den Ärzten aus Zeitgründen nicht immer möglich (was völlig verständlich ist) und behindert alle bei der Arbeit.
Auf ein paar ehrliche Zugeständnisse werde ich hier aber nicht verzichten, daher folgend auch positive Aspekte:
Pros:
Beteiligung am Deutschland- bzw HVV-Ticket (auf Nachfrage für externe Studenten)
Es wird jeden Tag Unterricht angeboten welcher idR auch stattfindet
Nettes Team, Integration ins Team, Behandlung auf Augenhöhe
Kostenlose Wasserflaschen (Eigenmarke Asklepios ;)) damit man auf Station nicht verdurstet