Ich habe mich für ein Tertial in Merheim entschieden, da ich die Klinik im Vorfeld schon etwas kannte, zudem wollte ich in ein Haus der Maximalversorgung, wo viele (größere) Operationen durchgeführt werden. Korrekte Bezeichnung für das Team der Allgemeinchirurgie in Merheim ist "Klinik für Viszeral-, Tumor-, Transplantations- und Gefäßchirurgie", dabei ist die Gefäßchirurgie ein separates Team, mit dem man wenig zu tun hat. Mittagessen gibts Mo-Fr. 11-14Uhr zum Mitarbeiterpreis (3-6€), Wasser und Kaffe gibt es kostenfrei.
Pro:
Ich konnte viel sehen und meist immer in die Operationen, die mich interessierten. Es wurde ein breites Spektrum an großen (Tumor-)Operationen durchgeführt mit HighPack oder auch Explantationen und Transplantationen.
Start war Wochentags immer um 7Uhr, Ende nach der Nachmittagsbesprechung um 15/ 15:15Uhr. Mittagessen war immer möglich, wenn man tagsüber unter der Woche Termine hatte, war es ziemlich problemlos möglich sich den Tag frei zu nehmen und dafür an einem anderen Tag den regulären Dienst mit zu machen und dann dem Dienstarzt ab 15 Uhr bis ca. 21/22/23 Uhr zu unterstützen oder man kam ersatzweise an einem Samstag. Das alles war keine Pflicht. Das Team der Fach- und Assistenzärzte war gut. Am Unterricht der Blockstudierenden konnte man immer teilnehmen, sofern dieser stattfand. Der Fachbereich gehört zur Uni Witten/Herdecke, somit bekommt man aktuell als Aufwandsentschädigung 597€ (Fachbereiche die zur Uni Köln gehören bekommen hingegen nur 400€).
Ein riesigen Dank an das Team der Assistenzärzte, einer Fachärztin und zwei Oberärzten, die es auch nicht immer einfach haben, für mich die Zeit jedoch so angenehm und lehrreich wie möglich gemacht haben.
Contra:
Leider habe ich mir von dem Tertial mehr erwartet: Die Einbindung ins Team war nur mäßig, die Telefonnummer vom PJler kannten die meisten nur, wenn eine Viggo zu legen, man Blut abnehmen musste, eine Drainage zu ziehen war oder im OP jemand zum Haken halten gebraucht wurde. Über einen spannenden Fall in der Notaufnahme, auf Station oder in der Sprechstunde wurde man nicht informiert.
Einige der Oberärzte empfand ich vom Verhalten her grenzwertig: kaum Kommunikation und wenn wurde genörgelt, kritisiert oder auch mal ausfallend/cholerisch gegenüber den OTA oder den Assistenzärzten oder halt dem PJler. Das hing maßgeblich von der Tagesstimmung des Oberarztes ab, sodass ich nach kurzer Zeit das bewohnen im OP bei bestimmten Oberärzten gemieden habe. Die Koordination bezüglich der OPs war in den Besprechungen meist nicht wirklich klar, wer wann zu welcher OP geht. Auch der Ton in den Besprechungen war eher rau und wenig konstruktiv und förderlich.
Genäht habe ich in der Zeit einmal: eine Drainage angenäht. Im OP wurde entweder getackert, der nächste Patient war schon bestellt oder es handelte sich um einen Privatpatienten, den der PJ-ler doch bitte nicht nähen sollte..... Irgendwann habe ich dann auch aufgegeben.
PJ Unterricht speziell gab es nicht, das Bedside-Teaching erfolgte meist durch die Assistenzärzte, die aber meist selbst wenig Teaching von ihren Oberärzten bekamen. Dass mal jemand auf mich zukam und mich mit in die Sprechstunde einlud, war nicht der Fall, das musste ich mir alles selbst organisieren und erkämpfen. Ein Zwischengespräch fand nicht wirklich mit dem PJ-Beauftragten statt, da er nicht im Viszeral-Team war sondern im Gefäß- Team und ich nichts viel mit Ihm zu tun hatte. Auf das Logbuch wurde ziemlich wenig/keinen Wert gelegt.
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(Floss nicht in meine Bewertung mit ein) Die letzten vier Wochen habe ich mir eine Rotation in die Unfallchirurgie im gleichen Haus organisiert: Das Bild hier war ziemlich anders! Die Begrüßung erfolgte namentlich bei der Morgenbesprechung mit dem gesamten Team, man wurde ermutigt Fragen zu stellen und auch zu "nerven". Einen Studientag gibt es es. Ich wurde mehrfach von Ober und Fachärzten kontaktiert, die mich um Unterstützung bei Ihrer OP baten oder in der Sprechstunde und mir als "Gegenleistung" viel wissen vermittelten und mich gut betreuten. Klar, Blutentnahmen müssen auch hier laufen, genauso Wundkontrollen, verschiedene Anträge für eine Anschlussheilbehandlung o.ä. Hakenhalter bei Hüft-TEPs ist undankbar, weil man wenig sieht, aber da muss man durch, dafür war das Team immer cool. Der Ton und die Atmosphäre im Team ist sehr konstruktiv, wohlwollend und kollegial. Ich habe mich dort wohl gefühlt und auch bei der Betreuung einer Station wurde mir viel Freiraum gegeben und gute Hinweise für mein zukünftiges Arbeitsleben. Mittagspause war immer möglich, von mir wurde auch nicht verlangt, dass ich bis 16:30/17Uhr bleibe zur Nachmittagsbesprechung.
Fazit: Auch wenn ich mir mehr erhofft hätte, die Realität in der Viszeralchirurgie für einen PJler hat einiges an Luft nach oben. Wer viele große Operationen sehen möchte, ist hier richtig!
Die Unfallchirurgie hat mir gut gefallen, ich wurde gefordert und gefördert!
Bewerbung
Bewerbung im Vorfeld waren wenige Monate an die entsprechende Abteilung der Klinik, gleichzeitig musste ich dann noch mit der Uni Witten/Herdecke in Kontakt treten. Bitte beachten: Das PJ Gesundheitszeugnis vom Betriebsmedizinier darf zu Antritt des Tertials nicht älter als 1 Monat sein!!!