Diagnostik, Notaufnahme, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Aachen
Kommentar
Ich habe als zukünftiger nicht-Chirurg mit dem Chirurgie-Tertial am RMK Würselen gestartet. Einleitend würde ich sagen, dass ich das Tertial grundsätzlich jedem empfehlen kann, der in der Städteregion Aachen bleiben und ein gutes Chirurgie-Tertial verbringen will. Von den PJlern auf der Chirurgie waren alle eigentlich ziemlich zufrieden, egal ob Chirurgie später auf dem Plan stand oder nicht. Dementsprechend ist alles was folgt a.e. als Erläuterung und ggf. auch als Verbesserungsvorschlag gemeint.
Allgemeines/das Haus:
Der Empfang findet als super herzlicher Einführungstag von der PJ-Koordinatorin Frau Carl statt. Man fühlt sich wirklich willkommen geheißen und die Organisation läuft reibungslos. Im Verlauf ist dann auch die Betreuung weiter super, man kann jederzeit Änderungswünsche äußern was Einsatzorte angeht, Spind und Schlüssel sind nur einen Anruf entfernt und man bekommt eine eigene Email-Adresse sowie einen Zugang für das iMed Datenbanksystem was einem weitestgehend autonomes arbeiten ermöglicht, insofern dieses auf der entsprechenden Station gewünscht ist. Oben drauf gibt es eine Essenskarte mit der man 3 mal am Tag mehr essen gratis bekommt als man essen kann - und manchmal auch als man möchte denn das Mittagessen ist insbesondere für Vegetarier ziemlich bescheiden und Veganer gucken völlig in die Röhre. Nichts desto trotz habe ich für ca. 15-20€ am Tag essen gratis bekommen und darüber kann man sich wirklich nicht beschweren.
Ansonsten herrscht im Haus eine ganz gute Grundstimmung, auch wenn natürlich die üblichen resignierten und übellaunigen Krankenhausgespenster umherspuken. Im allgemeinen jedoch wird man viel angelächelt, gegrüßt, es wird sich bedankt für fast alles was man an Arbeit abnimmt und grundsätzlich gehört man zum Team dazu.
Gefäßchirurgie:
Mein etwas holpriger Start fand in der GCH statt, wo ich nach der wunderbaren Einführung von Frau Carl persönlich hingeführt wurde. Mit guter Laune und einem optimistischen Lächeln wurde ich dann in der Sprechstunde der GCH abgegeben wo ich dann wieder daran erinnert wurde dass ich im Chirurgie Tertial bin, als ich erstmal 2 Stunden lang ziemlich unsichtbar in der Ecke saß und dem Oberarzt abwechselnd beim Fluchen über das Computersystem, seinen Job und den Zustand der Welt im Allgemeinen zuhören durfte. Danach verließ er mich ohne sich im Gegenzug zu meiner Vorstellung selbst vorzustellen und kam erstmal nicht wieder. Bin also essen gegangen und hab danach erstmal meine neue Station für den nächsten Monat auf eigene Faust gesucht. Das blieb dann auch in etwa der Ton meiner Zeit auf der GCH. Was es allerdings noch herumgerissen hat war das wirklich freundliche und kompetente Team der Assistenzärztin und der CTA, die zusammen die Station geschmissen haben und mir ein kleines Refugium geboten haben, aufgepasst haben dass ich doch auch was lerne, dankbar waren wenn ich ihnen mit Blutabnahmen, Briefen und pVKs geholfen habe und allgemein Allem zum Trotz einfach eine wirklich gute Stimmung verbreitet haben. Auch zwei der drei Oberärzte waren freundlich und periodisch, wenn es die Arbeitslast und massive Unterbesetzung zugelassen hat, um Lehre bemüht und dankbar für meine Anwesenheit. Das ganze hat jedoch leider unter der noch etwas sehr ungeschliffenen Koordination des Chefarztes und des leitenden Oberarztes gelitten. Lehre fand hier vor allem in Konsequenz der Unterbesetzung statt, weil man sich einfach 3 Stunden in die Sprechstunde setzen und die längste Anamnese und körperliche Untersuchung überhaupt machen konnte, bis ein Arzt Zeit hatte mal dazu zu stoßen. Ein paar eigenständige Sonos und einzelne Nähte im OP waren bei Gelegenheit jedoch drinnen.
Notaufnahme:
Sowieso ein Highlight für jeden nicht-angehenden Chirurgen in jedem Chirurgie Tertial möchte ich behaupten, wurde meine Zeit auf der Notaufnahme im RMK noch aufgewertet durch ein sehr kompetentes, witziges und definitiv charakterreiches Team aus Oberärztinnen und Assistenten. Hier durfte ich mit Abstand am meisten machen; viel nähen, untersuchen, Röntgenbilder befunden, Anamnesen erheben, Verdachtsdiagnosen aufstellen und nachjagen, und beim Reponieren mithelfen. Zugänge, BGA-Botengänge, Blutabnahmen und Infusionen waren natürlich auch dabei, aber dafür war sich niemand zu schade, es wurde halt von demjenigen gemacht der gerade Kapazität hatte und dementsprechend war es auch kein Problem. Ich hatte wirklich das Gefühl dass mein Input gezählt hat und wenn man z.B. was im Röntgen gesehen hat, da man als PJler oft der erste war der Zeit hatte sich die anzusehen, wurde das auch ernst genommen und sofort überprüft und dementsprechend gehandelt. Habe hier eine Woche verlängert, da ich wirklich Spaß auf der NotA hatte.
Allgemeinchirurgie:
Erstmal vorweg: die AVC wäre unter der aktuellen Führung und Besetzung meine erste Wahl, falls ich selbst operiert werden müsste. Der Chef hat ein wahnsinnig fähiges und gut koordiniertes Team zusammengesetzt. Die Besetzung ist gut, die Visite fast schon internistisch sorgfältig, das Fehlermanagement ist sauber und weitestgehend frei von Selbstschutz und Ego, die Outcomes der Patienten sehr gut, und ich habe erstmals in meiner Karriere lächelnde Allgemeinchirurgen gesehen. An der Qualität der Station lässt sich wirklich wenig aussetzen. Natürlich gibt es schlechte Tage auf Station und OPs in denen es etwas unangenehmer wird, aber ich war wirklich nachhaltig beeindruckt.
Umso unglücklicher fand ich es, dass ich hier wirklich überhaupt *nichts* gelernt habe. Ob es jetzt die gute Besetzung war, die Tatsache dass ich im ersten Tag im OP geschwächelt habe und dann auch noch geäußert habe dass ich kein Chirurg werden will, ich war wirklich 4 Wochen lang weniger als eine Fliege an der Wand. Blutabnahmen, dann Visite oder Haken halten. Zugucken beim Verbandswechsel. Zugucken bei der Drainage. Zugucken bei der OP während man eine Körperposition hält die das exakte Gegenteil von Yoga ist. Zugucken in der Sprechstunde. Zugucken beim Hernien-Schallen. Zugucken in der Prokto. Und so weiter. Ich habe immer wieder Anmerkungen gemacht wie dass ich gerne X oder Y lernen, tasten, nähen oder selber machen würde. Die Antworten haben eigentlich immer v.a. den Zweck gehabt die Verantwortung für meine Ausbildung irgendwo anders hin abzuschieben. Highlight war z.B.: "Ja wenn du körperlich untersuchen willst musst du [OA von der NotA] sagen, dass sie dich anrufen soll wenn sie einen allgemeinchirurgischen Patienten hat, dann kommst du halt erstmal vorbei und rufst dann uns dazu." (Mal ganz davon abgesehen dass die betroffene Ärztin mich bei aller Freundlichkeit eigenhändig geköpft hätte wenn ich ihr gesagt hätte dass ich jeden Patienten erstmal sehen will, bevor sie ihn loswerden und Platz in der vollen NotA machen kann - war der Vorschlag wirklich ein 'geh zurück auf die NotA, da gibts Lehre'?) Insgesamt war es oft so, dass wenn ich irgendwo mal dazu konnte, bereits ein Hospitant, zwei Assistenzärzte, die Sprechstundenhilfe und mindestens ein Oberarzt um das Sono standen. Da war nix mit selber machen. So zog sich dass dann die vier Wochen lang, bis ich zugegeben am Ende mental völlig abgeschaltet habe und aufgehört habe noch irgendwas anderes zu versuchen als zur Blutabnahme zu erscheinen und dann so bald wie möglich nach Hause zu kommen. Ich hatte anfangs richtig Bock auf die AVC, aber davon ist wirklich gar nichts über geblieben.
Dazu noch wichtig: die zwei PJler die vor mir da waren und beide in die Chirurgie wollten waren allgemein echt zufrieden, standen oft im OP und haben viel gutes berichtet. Daher auch meine persönliche Überraschung. Es kann sich also defintiv und ein Problem meinerseits handeln, vielleicht hab ich einfach so ein Gesicht. Und als ich einem Oberarzt auf seine Nachfrage nach meiner Zufriedenheit in der letzten Woche oben stehendes geschildert habe, hat er sich umgehend bemüht, noch etwas zu ändern. Für mich hat das nicht mehr all zu viel getan aber vielleicht ja für nachfolgende PJler.
Unfall/Ortho:
Die UCH war das versteckte und unerwartete Highlight meiner Zeit im RMK. Nach meiner AVC-Erfahrung und mit den üblichen Vorurteilen ausgestattet war ich bereit dazu, meine Zeit auf der UCH mit Bein-Halten und Blutabnahme abzusitzen und dann endlich die Chirurgie hinter mir zu lassen. Ich hatte mir jedoch vorgenommen es zumindest zu versuchen und war absolut Baff als mein halbherziges in etwa "Hi, ich hab Bock auf alles, lasst mich was lernen, bitte nicht nur zusehen," mit Herzlichkeit und Humor empfangen wurde. Telefon klingelt nicht nur für Blutabnahme sondern damit man die Blutabnahme mal PAUSIERT um nicht am ersten Tag gleich die Visite zu verpassen. Danach wird man beim Rest ggf unterstützt. Eigenes Zimmer mit eigenen Patienten zur Betreuung. Im OP hin und wieder als erster Assistent mit dem Chef und 1:1 Teaching. Keine Fragen wie "so, was ist denn hier wichtig" bei einer OP nachdem man gerade 4 Stunden weggedämmert ist, sondern wirklich lehrreicher Unterricht während man mit anpackt. Assistenten die einen, und das hatte ich noch nie, anrufen um mit einem Essen zu gehen. OAs die einen fragen ob man noch irgendwas bestimmtes sehen will. Der OP Tisch, und das muss man sich mal geben, wurde auf meine Höhe gefahren und der Chef hat sich einen Hocker geholt, damit ich keine Rückenschmerzen bekomme. Nachdem ich in der GCH und der AVC meinem ersten Bandscheibenvorfall mindestens 2 Jahre näher gekommen bin war das ein absoluter Segen.
Fairerweise habe ich das alles damit bezahlt dass ich mir eine Milliarde Sprüche darüber anhören durfte, dass ich mal Anästhesist werden will, aber ich konnte mindestens genau so viel zurück feuern und immer mit einem Lächeln, egal ob Chef oder Assistenzarzt. Die UCH (und die NotA die vom Personal mehr oder weniger direkt dazu gehört) hat mir erstmals wirklich das Gefühl gegeben, dazu zu gehören.
FAZIT:
Unterm Strich habe ich wesentlich schlimmeres von meinem Chirurgie-Tertial erwartet und war positiv überrascht dass sogar meine schlechteste Erfahrung auf der AVC im Grunde nicht mehr war als Langeweile. Schlecht behandelt wurde ich nie, immer respektiert in meiner Autonomie und manchmal sogar wertgeschätzt. Ich konnte oft früher gehen, wenn so ab 13-14 Uhr mal nichts mehr zu tun war und ich nicht gerade im OP stand. Und darüber hinaus habe ich sogar hier und da noch was lernen können.
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Übers PJ-Portal, auch noch recht kurzfristig waren Slots frei. Splitting möglich.