Winnenden war meine erste Station im PJ. Als Externer hoffte ich, dass andere PJler da sein würden, sodass ich schnell Anschluss finden konnte. Meine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht. Der erste Tag startete mit der Begrüßung aller neuen PJler durch die beiden PJ-Koordinatorinnen Nicole und Julia. Wir waren vier Neue und jeder erhielt einen großen Umschlag mit Telefon, Karte (Öffnen der Umkleide / Stationstüren etc.), Essensmärkchen, Namensschild, Logbuch, Zugangsdaten für ORBIS und einem Zettel, auf dem man seine Rotationswünsche für den PJ-Abschnitt eintragen konnte. Anschließend wurden wir von einer PJlerin, die schon länger da war, durchs Haus geführt und bekamen bei einem gemeinsamen Frühstück alles Wissenswerte erklärt. Einen eigenen Spind konnte glücklicherweise noch jeder von uns ergattern, daran herrscht allerdings leider ein Mangel. Bei dem Rundgang wurden wir auch schon auf die Stationen geführt, wo wir die ersten Wochen verbringen sollten. Ich war der Hämatologie/Onkologie/Palliativmedizin (Station 38&39) zugeteilt worden, was mir im ersten Moment Sorgen bereitete, da ich inhaltlich wenig Ahnung davon hatte. Meine Befürchtungen stellten sich als völlig unbegründet heraus: Auf der Station 38 hatte ich die besten vier Wochen in Winnenden! Angefangen von der Pflege über die Stationssekretärinnen, die Assistenz-. Fach- und Oberärzte bis hin zum Chefarzt war jeder so freundlich und kompetent, dass ich jeden Tag gerne hingegangen bin. Der Assistent, mit dem ich immer unterwegs war, brachte mir alles über die Abläufe auf Station und die Aufgaben der Ärztinnen und Ärzte bei. Nach einigen Tagen durfte ich eigene Patienten betreuen (Visite, Kurve führen, Arztbrief schreiben), bei Knochenmarkpunktionen und zentralvenösen Zugängen (werden direkt auf der Station gelegt) assistieren und auch selbst KMPs durchführen. Ein normaler Tagesablauf sah so aus: 07:45 - 08:00 Uhr: Patientenliste aktualisieren, ToDos für den Tag aufschreiben, Laborwerte checken falls schon vorhanden. 08:00 - 08:30 Uhr: Übergabe von der Pflege holen (wie gehts den eigenen Patienten, ist etwas über Nacht passiert etc.); 08:30 Uhr: Frühbesprechung im Erdgeschoss. Danach ging die Stationsarbeit los: Visite, KMPs, ZVKs, Liqourpunktionen, Aufnahmen, Arztbriefe schreiben, EKs/TKs transfundieren, Chemo anhängen etc. Die Visite macht man entweder direkt mit dem zuständigen Oberarzt oder man macht nachmittags mit ihm eine gemeinsame Kurvenvisite. Mittagessen war immer möglich, die Assistenzärzte sprechen sich hier auch ab und gehen, wenn möglich, gemeinsam in die Mensa essen. Dienstagsmorgens vor der Chefarztvisite findet ein gemeinsames Frühstück von Chefarzt, Pflege und allen anderen anwesenden Ärzten statt. Eins der Highlights war das Sommerfest, auf das auch die PJler ausdrücklich eingeladen waren. Wir (CA, OÄ, AÄ, PJler, Pflege, Sekretärinnen) fuhren Kanu auf der Rems und rundeten den lustigen Nachmittag im Biergarten ab. Trotz damals herrschendem Personalmangel unter den Assistenzärzten (aktuell sind wieder alle Stellen besetzt) war die Stimmung auf Station immer kollegial, freundlich und humorvoll. Ich habe viel gelernt, bin jeden Tag gerne zur Arbeit gegangen und wir haben mit einigen Assistenten und PJlern viel privat unternommen. Auf der Palliativstation war ich zwar nicht, habe aber nur Gutes von dort mitbekommen. Sie liegt im selben Gang wie die Hämato/Onko und wird vom gleichen pflegerisch-ärztlichen Personal betreut.
Nach vier Wochen Hämato-Onko standen drei Wochen Kardio an. Wie schon erwähnt dürfen sich die PJler untereinander absprechen und selbst die Länge und Reihenfolge ihrer Rotation in der Inneren bestimmen. Ich hatte mich auf die Kardio gefreut, da ich mich dafür interessierte. Leider wurde ich ziemlich enttäuscht, denn die gute Atmosphäre, die ich von der Hämato-Onko kannte, gab es dort nicht. Es war zwar niemand unfreundlich zu mir, jedoch alle relativ gleichgültig. Die Stimmung auf der Kardio wird etwas getrübt davon, dass der Chefarzt und eine Oberärztin die anderen Ärzte recht unfreundlich behandeln. Mit der Pflege gibt es nur sehr wenig Kontakt und abgesehen von Visite und Briefeschreiben gab es auf Station nichts zu tun. Die ersten paar Tage erklärte sich einer der Fachärzte bereit, sich um mich zu kümmern, doch mehr als eine kurze Visite sprang dabei nicht heraus. Er erklärte zwar gern etwas Theorie, doch das war nicht patientenbezogen und gab mir nicht das Gefühl, Kardiologie und Stationsarbeit besser zu verstehen. Ich wurde auch von niemandem richtig einbezogen und fühlte mich nie als Teil des Teams. Es stand einem frei, auf Station, im Herzkatheterlabor, bei Echos/TEEs oder in den Sprechstunden (Schrittmacher / OP-Vorgespräche) dabei zu sein, doch nur selten hatte ich das Gefühl, dass sich jemand wirklich mit mir beschäftigen und etwas erklären wollte geschweige denn mich etwas selbst machen ließ. Daher brach ich diese Rotation in der zweiten Woche ab und machte in der folgenden Woche, die eigentlich noch für Kardio vorgesehen war, Radiologie. Das Team ist ziemlich nett und die Oberärzte, mit denen ich unterwegs war, erklärten viel und gerne.
Die nächste Rotation führte mich zwei Wochen auf die Pulmo. Die Pflege dort ist sehr freundlich und offen gegenüber PJlern. Die Kommunikation zwischen Ärzten und Pflege sowie in der Pflege untereinander klappt leider kaum, sodass alles sehr chaotisch und teilweise auch zum Nachteil der Patienten lief. Leider waren zu meiner Zeit gerade zwei Rotantinnen aus der Kardiologie die Stationsärztinnen. Sie mussten eher schauen, dass sie selbst klarkommen und haben so gut wie nichts Fachliches erklärt. Die Atemtherapeutin, die sehr kompetent ist, der Oberarzt, der einem immer gern was zeigt, sowie der sehr nette Chefarzt sind leider gemeinsam weggewechselt. Die schon vorher bestehende Personalnot auf ärztlicher Seite (Honoraroberarzt) wurde so noch verstärkt. Wie es aktuell ist (neue Chefärztin, andere OÄ), kann ich leider nicht sagen. Jedenfalls habe ich auch auf der Pulmo rein gar nichts gelernt. Einmal habe ich einen Pleuraerguss geschallt und war bei seiner Entlastung dabei.
Zum Abschluss war ich noch drei Wochen auf der Gastroenterologie. Auch dort ist die Pflege sehr nett und besser organisiert als auf der Pulmo. Man hat einen ganz guten Überblick über die allgemeine Innere und die klassischen gastroenterologischen Krankheitsbilder bekommen. Die Assistenzärzte sind nett und beziehen eine gerne in ihren Alltag mit ein. Man kann jederzeit runter in die Funktion gehen und bei Gastroskopien, Coloskopien, ERCPs, Sonographien etc. dabei sein. Bei Sonographien darf man ggf. auch vorschallen.
In der Notaufnahme war ich insgesamt nur zwei Tage. Es war leider gerade an diesen Tagen wenig los, weshalb ich nicht viel berichten kann.
PJ-Unterricht findet 2-3 Mal pro Woche statt (montags Sono-Kurs, dienstags wochenweise eine andere Fachrichtung, ab und zu donnerstags noch einmal Unterricht). Man darf sich jede Woche einen halben Studientag nehmen, alternativ alle zwei Wochen einen ganzen. Für Frühstück und Mittagessen bekommt man Essensmärkchen. Das Essen in der Cafeteria ist sehr gut und das Personal freundlich. Es gibt jeden Tag auch vegetarische Gerichte und auch am Wochenende Frühstück & Mittagessen. Hausdienste (Viggos legen / Blutentnahmen / Notfälle, die auf den verschiedenen internistischen Stationen anfallen) kann man jederzeit gerne mitmachen, entlohnt werden diese jedoch nicht. Es gibt im Verwaltungsgebäude ein Studierzimmer. Eine Wohnung wird kostenlos gestellt, WLAN gibt es dort nicht. Die Wohnungen (2er-WGs) befinden sich in 1-3 Fußminuten Entfernung, ein anderes Wohnheim (Einzelapartments) in ca. zehn Fußminuten Entfernung (Schelmenholz). Blutentnahmen werden auf allen internistischen Stationen von eigens dafür angestelltem Personal durchgeführt, diese Aufgabe fällt einem also höchstens zu, wenn mal jemand krank sein sollte. Helfen darf man trotzdem, wenn man möchte, worüber sich jeder immer sehr freut. Es gibt immer relativ viele PJler im Haus, weshalb man eigentlich nie alleine essen muss und auch in unserer Freizeit haben wir Einiges unternommen (gekocht, Freibad Winnenden, Bars/Kneipen in Winnenden). Jeder wird herzlich aufgenommen und durch die Führung am ersten Tag (von PJlern für PJler) durchs Haus bekommt man einen guten Überblick und ist gleich Teil der PJ-Gruppe. Die PJ-Koordinatorinnen Nicole und Julia sind jederzeit erreichbar und kümmern sich super um alle Anliegen (Vorschläge, Probleme, Anregungen), die man hat.
Alles in allem war meine Zeit in Winnenden wirklich toll. Es herrscht eine recht familiäre Atmosphäre. Auch wenn ich nicht in jedem Bereich viel gelernt habe, würde ich jedem die Innere hier weiterempfehlen, vor allem die Hämatologie-Onkologie!
Bewerbung
Als Externer ca. vier Monate vor PJ-Beginn über das simed-Portal der Uni Tübingen. Nach der Zusage, die drei Monate vorher kam, dann problemlos einen Wohnheimplatz bekommen.