Ich kann ein PJ-Tertial am Spital Bülach sehr empfehlen.
Es herrscht ein sehr angenehmes Arbeitsklima, man wird auch als Student direkt als Teil des Teams behandelt und die Erwartungen an die flachen Schweizer Hierarchien werden bestätigt.
Das Spital ist ein relativ klein, aber im Verhältnis dazu ist die Innere Medizin sehr breit aufgestellt. Die Stationen sind immer allgemeininternistisch, was ich sehr gut fand, um einen breiten Einblick in die Innere zu bekommen und möglichst viele Krankheitsbilder zu sehen. Es gibt auch eine Akutgeriatrie mit Alterstraumatologie und eine Palliativstation. Als Unterassistent wird man vom ersten Tag an fest in den Behandlungsablauf und die anfallende Stationsarbeit eingebunden und bekommt im Vergleich zu Deutschland auch recht schnell „verantwortungsvolle“ Aufgaben.
Ich war zunächst 3 Wochen auf Station, dann 5 Wochen in der Notaufnahme und anschließend wieder 4 Wochen auf Station. Diesen Rotationsplan fand ich optimal, da man erst auf der Station etwas Routine bekommt und die Abläufe kennenlernt, dann in der Notaufnahme viel selbst übernehmen kann und anschließend wieder auf der Station auch eigene Patienten übernehmen kann und viel mehr in den Behandlungsablauf integriert ist. Man ist immer einem Assistenzarzt zugeteilt.
Der Tag beginnt um ca. 7.30 Uhr auf der Station (Einlesen in die Patientenfälle) und dann offiziell um 8.00 Uhr mit dem Morgenrapport, bei der die Bilder vom Vortag von einem Radiologen kommentiert werden. Hier kann man als Unterassistent auch Patienten vorstellen. Danach gibt es meist ein gemeinsames Frühstück, um 9.00 Uhr beginnt dann der Stationsalltag, Schluss ist meist gegen 16.00 Uhr, manchmal wurde ich auch früher nach Hause geschickt, wenn viel zu tun war oder bei spannenden Fällen bin ich auch mal bis 18.00 Uhr geblieben. Es wird sehr darauf geachtet, dass alle eine (möglichst gemeinsame) Mittagspause haben (Vorsicht: Die Mensa ist ziemlich teuer!).
Die Zeit in der Notaufnahme hat mir besonders gut gefallen, da man teilweise selbstständig Patienten aufnehmen kann und dann mit einem Oberarzt den weiteren Behandlungsplan bespricht. Man ist immer unter Aufsicht und kann jederzeit Fragen stellen. In der Notaufnahme arbeitet man in Früh- oder Spätschichten. Auf Station darf man 1-2 Patienten selbst führen, d.h. dann auch bei der Visite dem Oberarzt vorstellen und gemeinsam das Procedere besprechen (also ideale Stex-Vorbereitung).
Während der Stationsrotation hat man auch die Möglichkeit, bei endoskopischen Eingriffen dabei zu sein, hier ist Eigeninitiative gefragt (am besten immer bei den Eingriffen der „eigenen“ Patienten mitgehen), die leitenden Ärzte sind immer bereit, Dinge zu erklären. In Bülach gibt es keine Koronarangiographie, die Patienten werden immer verlegt. Dafür wird gastroenterologisch und pneumologisch sehr viel gemacht.
Es gibt ein umfangreiches Fortbildungsprogramm: Dienstag, Mittwoch und Donnerstag findet immer von 12.00 - 13.00 Uhr eine (obligatorische) Fortbildung für die Assistenten statt, in der viele internistische Themen behandelt werden. Nach dem Morgenrapport finden regelmäßig Journal-Club, Clinical Pearl oder Vorbereitung auf die Facharztprüfung statt. Dieses Weiterbildungsangebot hat mich fasziniert, da ich es in dieser Fülle in deutschen Kliniken noch nicht erlebt habe.
Bülach ist eine recht kleine Stadt und das Angebot an Cafés und Bars ist überschaubar. Mit dem Zug (am besten vorher über Halbtax und Monatsangebote informieren, sonst wird es auf Dauer ziemlich teuer) ist man aber in 20 Minuten in Zürich. Von Bülach aus kann man ganz gut Ausflüge machen, aber man muss immer eine Weile fahren und hat die Berge jetzt nicht unbedingt vor der Haustür.
Das Wohnheim kostet ca. 500 CHF im Monat, dafür hat man ein möbliertes Zimmer mit Waschbecken und optional Balkon. 2 Bäder und Küche (gut ausgestattet mit Geschirr und Töpfen) teilt man sich mit ca. 8 anderen Mietern.
Wenn man mit dem Auto anreist, kommt man am günstigsten weg, wenn man sich bei der Stadt ein Parkticket kauft und dann in einem nahegelegenen Wohngebiet parkt.
_____
Insgesamt lernt man viele Krankheitsbilder kennen, die Arbeit auf der Inneren Medizin macht Spaß und wird ausgezeichnet betreut. Die Struktur des Krankenhauses ist sehr familiär und man fühlt sich sofort als Teil des Teams. Der Ort an sich hat nicht viel zu bieten, aber die nächsten größeren Städte oder Ski- und Wandergebiete sind auch nicht ewig weit entfernt.