Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich nicht sonderlich Chirurgie-affin bin und demnach mit gemischten Erwartungen in das Tertial gegangen bin. Vorab hat die Lehrkoordinatorin (Jule Niehus, die gute Seele des BHL, die einem wirklich versucht das Tertial so schön wie möglich zu gestalten und versucht, alle Wünsche zu erfüllen) uns kontaktiert und nach Wüschen für die Rotation gefragt. Hier konnte ich direkt anmerken, dass ich die Rotation auf die Unfallchirurgie gerne vermeiden will, was glücklicherweise auch berücksichtigt wurde. Am ersten Tag wurden wir mit Telefonen, Ausweisen und Spindzugängen versorgt.
ITS:
Hier war meine erste Rotation, in der ich mit einem anderen PJ eingeteilt war. Das Team dort ist super sympathisch und auch die Oberärzte sind einem auf Augenhöhe begegnet. Der Tag beginnt um 7:00 mit der Visite, anschließend ist gegen 8 Uhr nochmal eine schnelle Visite mit dem Chef der chirurgischen Klinik Prof. Schildhauer. Danach werden mit den Assistenzärzten die Tagesziele festgelegt und ToDos ausgearbeitet, wo man ab dem ersten Tag unter Anleitung auch viel selber machen darf. So durfte ich zum Beispiel selbständig einen ZVK legen, andere PJs durften Arterien legen und generell ist es immer möglich, sich alles an Eingriffen auf Station anzusehen. Man darf selber Bronchoskopieren, Punktionen durchführen und mit etwas Glück sogar Thoraxdrainagen legen. Gelegentlich fallen zwar auch Blutentnahmen an, in der Regel aber wird das durch die Pflege durchgeführt, da die meisten Patienten einen ZVK und/oder eine Arterie haben. Die Oberärzte nehmen sich wenn mal weniger los ist auch Zeit zum Teaching, dies ist aber nicht täglich der Fall. Feierabend ist durch das Schichtsystem auf der ITS in der Regel mit Eintreffen des Spätdienstes gegen 14:30.
ZNA:
Hier beginnt der Dienst um 7:30. Man nimmt selber Patienten auf, führt ein Anamnesegespräch und untersucht und bekommt dann in der Regel die Gelegenheit, seinem betreuenden Assistenzarzt den Patienten vorzustellen und Untersuchungsbefunde zu demonstrieren. Man kann in Absprache Röntgendiagnostik anmelden oder Untersuchungen wie ein eFAST durchführen. Blutentnahmen und Zugänge legen wird standardmäßig erwartet, wenn eine Indikation gegeben ist. Basiswundversorgung (Kleben, kleine Platzwunden nähen) darf man immer durchführen, solange man sich das zutraut. Außerdem schreibt man für „seine“ Patienten meist den Behandlungsbericht der ZNA. Wenn es mal hektischer wird, fällt das Nachbesprechen manchmal ein wenig hinten rüber, bei Fragen nimmt sich aber jeder kurz Zeit, zumindest eine schnelle Antwort zu geben. Wenn chirurgische Schockräume angekündigt sind, kann man immer mit dazu kommen und je nach Besetzung auch am Patienten helfen. Feierabend hängt stark von der Auslastung der Notaufnahme ab, in der Regel gegen 15:00, einmal kam es aber auch vor, dass sehr viel zutun war und ich bis ca 18:00 da war, was mich aber nicht gestört hat, da viel zu tun war und ich viel lernen konnte.
NCH:
Eine sehr kleine Abteilung mit in der Regel 5-10 Patienten und sehr nettem ärztlichen Team. Visite beginnt um 7:00, danach wird erstmal Kaffee getrunken und ab 8:00 geht ein OA in die Sprechstunde und einer in den OP, wo man auf Wunsch jederzeit mitgehen kann, allerdings meist nicht mit an den Tisch darf. Auf der Station gibt es dann 2-5 Aufnahmen für den Tag, wo PJler fürs Blut abnehmen zuständig sind. Wenn alle Aufnahmen erledigt sind, darf man aber fast immer schon um ~11:00 gehen.
VCH:
Auch eine kleinere Abteilung mit ca 12 Patienten. Die Oberärzte sind in meistens nett, können aber bei schlechter Laune auch mal etwas zickiger werden, was aber sehr selten vorkam. Hier geht man ab 7:15 auf Visite mit, danach fallen einige Blutentnahmen an, wobei nur die dringenden durch PJs erledigt werden, der Rest wird durch einen Blutentnahmedienst erledigt. Man kann mit in den OP oder in die Sprechstunde, aber es läuft nach dem Motto alles kann, nichts muss. Da die Betreuung in der Regel eher dürftig ist, kann man aber auch hier recht früh Feierabend machen (12:00-13:00).
Septische Chirurgie:
Hier ist Dienstbeginn um 6:30, auch hier startet der Tag mit Visite. Dabei werden PJs vorgeschickt, um alle Verbände zu öffnen, damit die OÄ sich die Wunden der Patienten ansehen können und Tagesziele festlegen können. Nach der Visite kannman mit in den OP (auch mit an den Tisch) oder aber auf Station bleiben und mit der Physician Assistant der Station Briefe schreiben, VAC-Wechsel machen oder Blutentnahmen machen die der Blutentnahmedienst nicht geschafft hat. Da hier fast nie ein Arzt auf Station ist, fällt Teaching aber fast immer komplett flach und man wird quasi als Stationsarzt eingesetzt, was Fluch und Segen zugleich bedeutet. Je nachdem wie viel zu tun ist gehen die Tage hier so bis 14:30, manchmal aber auch länger.
Allgemein ist zu sagen, dass man als PJ im BHL 4 Dienste mitmachen muss und 2 Wochenenddienste machen muss, wofür man aber den nächsten Werktag frei bekommt. Dienste kann man auf dem NEF machen (Max 2x), in der ZNA oder auf einer der Stationen. Empfehlenswert sind meiner Meinung nach neben dem NEF hauptsächlich die ZNA oder die ITS, da man hier am meisten machen darf.
Seminare waren immer Dienstags ab 11:00 (Pflicht!), wobei die Lehrvisite Innere in der Qualität von sehr gut bis sehr schlecht schwankend war, die PJ-Seminare in der Regel ganz in Ordnung waren und die Lehrvisite Chirurgie meist sehr gut war.
Generell kann man sagen, dass ein Tertial hier sowohl für chirurgiebegeisterte als auch für Leute wie mich, die nicht so viel Spaß an Chirurgie haben, eine echte Empfehlung ist. Man wird fast nie in den OP gezwungen, kann aber jederzeit mit an den Tisch und viel lernen. Der Umgang mit den Studenten ist grade von Seiten der Assistenzärzte, aber auch von den Oberärzten sehr freundlich und dankbar, was ein echt angenehmes Arbeitsklima schafft und den Eindruck vermittelt, dass man als PJ hier echt gern gesehen ist.