Mir hat das Tertial in der Anästhesie gut gefallen. Es gibt sehr viele Möglichkeiten und man kann viel mitnehmen, allerdings muss man auf jeden Fall Eigeninitiative zeigen und sich selbst kümmern. Am Anfang wurde ich ein wenig „reingewürfelt“ und habe etwas gebraucht, um mich zurecht zu finden. Nach wenigen Wochen hat man aber raus, wo es sich lohnt, hinzugehen. Ab da habe ich die Freiheit auch sehr genossen, jeden Tag selbst zu entscheiden, worauf ich Lust habe.
Zwei von drei Monaten habe ich im OP verbracht, es gibt den Zentral-OP und den HNO-OP. Ersterer ist ziemlich groß und es ist am sinnvollsten, sich einen festen Saal für den Tag zu suchen. Ist die OP lang bzw. länger Leerlauf kann man aber auch immer in den anderen Sälen/Einleitungen vorbeischauen. Teilweise gab es echt spannende OPs wie Whipples oder Pneumektomien, von Gyn über Ortho bis Thoraxchirurgie ist für jeden was dabei. Es gibt immer viele Hospitanten/Praktikanten/Azubis und manchmal standen wir mit mehreren in einem Saal, obwohl es genug andere gibt. Darum sollte man sich absprechen und es ist ratsam in der Frühbesprechung gut zuzuhören, was ansteht und wer welchen Saal macht. Dann kann man sich gleich anschließen (man muss hier proaktiv sein, es nimmt einen keiner einfach so mit). Je nachdem, wo man landet, ist von Zuschauen bis selbst die ganze Einleitung übernehmen alles möglich. Hier ist es natürlich extrem abhängig von der Person (wie überall). Grundsätzlich ist es sinnvoll, bei den Fachärzten oder Alt-Assistenten mitzulaufen, weil die einen mehr machen lassen dürfen. Es waren aber alle Jung-Assistenten so unglaublich nett und entspannt und haben sich sehr verantwortlich gefühlt, dass man nicht dumm rumsteht (obwohl sie ja eigentlich genug mit sich selbst zu tun hatten). Ich hatte das große Glück, dass einer der erfahrensten Fachärzte sich mir angenommen hat und am Ende fast wie ein Mentor war. Wir haben von vorne bis hinten alles sehr intensiv und detailliert durchgesprochen und ich hatte das erste Mal das Gefühl, die Dinge wirklich grundlegend begriffen zu haben. Mit der Zeit konnte ich auch immer mehr übernehmen, ohne mich dabei überfordert zu fühlen. In dieser Zeit war die Lernkurve wirklich unglaublich steil und ich hatte wahnsinnig viel Spaß.
Im HNO-OP ist die Anzahl an Einleitungen aufgrund der kurzen Eingriffe sehr hoch und man kann sehr viel intubieren und im Saal übernehmen. Hier fand ich die Atmosphäre im gesamten Team auch angenehmer als im Zentral-OP, wo man an manchen Tagen echt ein dickes Fell brauchte (aber eher von ATA/OTAs ausgehend, ärztlicherseits wurde ich immer respektvoll behandelt).
Man kann auch sehr gut für ein paar Tage in den Kreißsaal mitgehen, wo mir viel erklärt wurde und ich sogar Spinale stechen durfte. Wenn man mitkriegt, dass Interventionen z.B. in der Radiologie stattfinden, würde ich auch mal die Gelegenheit ergreifen, zuzuschauen. Das ist zwar von anästhesiologischer Seite meist nicht so spannend, aber man kann wirklich coole Eingriffe wie z.B. TIPS-Anlage sehen, von denen ich vorher im Studium immer nur gelesen hatte. Wenn man auf sich aufmerksam macht, wird auch immer erklärt.
Den letzten Monat habe ich auf der operativen Intensivstation verbracht, was nach mehreren Wochen OP eine willkommene Abwechslung war. Die Atmosphäre hier habe ich als sehr positiv wahrgenommen und das Miteinander mit der Pflege war ein Traum. Der Tag ist sehr von Übergaben und einer ausführlichen Visite geprägt. Man kann eigentlich immer gut mithelfen, die Patienten zu untersuchen und die Ärzte sind immer sehr dankbar. Wenn man Glück hat, liegt auch mal eine ZVK-/Arterien-Anlage an, die man vielleicht übernehmen darf. Das war zwar nicht so oft, aber wenn die Ärzte wissen, dass man das machen möchte, probieren sie es auf jeden Fall zu ermöglichen. Den Stationsärzten war auch immer daran gelegen, dass man sich wohlfühlt und was lernt. Wenn die Anästhesie zu einem Notfall dazu gerufen wird, kann man immer mitgehen, was ich sehr lehrreich fand.
Ich würde auf jeden Fall empfehlen, ein paar Tage auf dem ITW mitzufahren. Am Anfang habe ich mich gefragt, was ich bei dem Transport von Intensivpatienten großartig lernen könnte, aber ich hatte das Glück, dass das Team an den Tagen eher Primäreinsätze gefahren ist. So konnte ich viele spannende Einsätze sehen, aus denen man echt etwas mitnehmen konnte, und konnte noch einen Einblick in die Notfallmedizin bekommen. Auch hier waren auf der Wache alle super nett und haben sich über das Interesse gefreut.
PJ-Unterricht gibt es mehrmals wöchentlich, allerdings kann ich nur den aus den Inneren und Radiologie empfehlen. Der Chirurgie-Unterricht ist eigentlich chronisch ausgefallen oder wurde so kurzfristig angekündigt, dass man aus anderen Abteilungen keine Chance hatte, hinzugehen. Insgesamt habe ich die Stimmung PJlern gegenüber im Haus eher nicht so positiv wahrgenommen (damit meine ich explizit nicht die Anästhesie). Gleich am ersten Tag wurde man bei der Einführungsveranstaltung „eingenordet“, was man sich als PJler alles nicht erlauben dürfte und welche Pflichten jetzt auf einen zukommen würden, wo man ja seit neustem (Januar 2024) 400€ monatlich bekommen würde. Das fand ich doch recht irritierend als Begrüßung. Das Organisatorische wie Spinde, Schlüssel, Zugangsdaten etc. hat aber größtenteils geklappt, bis auf die Gehaltsauszahlungen, die teils Wochen auf sich warten ließen oder fehlerhaft waren (konnte sich aber alles klären). Ein Highlight war jeden Tag das Mittagessen mit den anderen PJlern zusammen. Wir waren teils so viele wie eine Schulklasse und hatten eine echt gute Zeit zusammen. Ich würde eher empfehlen, sich Essen mitzubringen. Bis auf den Salat ist das Essen aus der Cafeteria eher unappetitlich und man zahlt bei kleinen Portionen teilweise über 10€.
Im Großen und Ganzen ein gelungenes und lehrreiches Tertial, das mich bewogen hat, mich für die Anästhesie zu entscheiden 😊