Das Wichtigste direkt am Anfang:
Tut euch das auf keinen Fall an. Nach diesen Erfahrungen kann niemandem guten Gewissens zu einer PJ-Tätigkeit in diesem Haus geraten werden, insbesondere nicht in der Chirurgie.
Dies war auch der Konsens der anderen Unterassistenten, die zeitweise parallel zu mir dort gewesen sind.
Von vorn:
Ich bin zusammen mit einer Kommilitonin meiner Heimatuni hochmotiviert dort aufgeschlagen, da wir eigentlich beide große Fans vom Arbeiten in Schweizer Krankenhäusern sind und haben uns auf ein cooles, lehrreiches, arbeitsreiches und sinnvolles Tertial gefreut. Eigentlich war ich zudem fest entschlossen nach Studienende meine ärztliche Tätigkeit in der Schweiz zu verrichten. In der Vergangenheit habe ich bereits eine gut zweimonatige Famulatur in einem anderen KH den Verbundes absolviert und war dort sehr zufrieden; u.a. ein Grund weshalb ich mich hier damals beworben habe (Infos zur Bewerbung s.u.). Natürlich haben wir uns vorher auch eingehend informiert; was wir nicht wussten - im Nachhinein ist es aber vollkommen verständlich - dass das Spital wohl bei vielen LPAs/Heimatunis aus guten Gründen nicht mehr für ein chirurgisches Tertial anerkannt wird, also vorher unbedingt abklären.
Noch nie (!) habe ich mich so ausgenutzt gefühlt wie hier in Wolhusen.
Wir haben vorher schriftlich, u.a. für die Äquivalenzbescheinigung unserer Uni, abgeklärt, welche chirurgischen Fachbereiche wir in Wolhusen belegen. Dies war dann aber von Anfang an überhaupt nicht mehr relevant.
Am ersten Tag traf ich (wir) im Morgenrapport auf die ärztliche Belegschaft inkl. der anderen UAs. Diese waren leider bereits am Ende ihrer Zeit in Wolhusen (2 PJ'ler aus Deutschland, 1 ärztliche Kollegin, die im EU-Ausland studiert hat, der gesagt wurde sie müsste als Überbrückung bis zur Anerkennung ihrer Auslands-Approbation als UA arbeiten bis ihre Arbeitserlaubnis/Approbationsanerkennung da sei, diese wurde dann nach nem halben Jahr als UA auf einmal verworfen...ziemliches Geschmäckle).
Es gab dann ein Heftchen mit Infos in die Hand und los ging es. Null Einarbeitung o.ä. wie üblich am LUKS (u.a. PC-Schulung des durchaus komplexen und anspruchsvollen PC-Systems). Hätten uns die anderen UA nicht ein paar Sachen gezeigt hätten wir überhaupt fast nichts erledigen können. Wir haben dann mehrfach nachgefragt ob wir die Schulung noch erhalten, das wurde dann erst abgewiegelt bis es verschoben wurde und bis es dann hieß es sei ja jetzt auch nicht mehr nötig/hilfreich. Aber alleine zwei Stationen betreuen ohne jegliche PC-Kenntnisse (Verordnungen, Briefe schreiben, Entlass-/Aufnahmeunterlagen anfertigen) ist schon in Ordnung..ohne Worte.
Es wird ganz überwiegend orthopädisch operiert. Ganz überwiegend heißt, dass man zu >90% in der Orthopädie als 2. Assistenz eingesetzt wird und sich oft den ganzen Tag den Rücken verdrehen darf. Pausen sind oft nicht vorgesehen, teilweise gibt es Ärger, wenn man kurz was zu Mittag essen möchte und dann nicht parat steht während der nächste Operateur sein Programm starten will (bei 8+ Std. durchgehend als 2. Assistenz im OP). Ich habe in meinem ersten Monat nicht einer einzigen nicht-orthopädischen OP beigewohnt/assistiert . Also Lerneffekt Null, Rücksicht Null, Absprachen sind nicht gewünscht und nicht möglich. Zudem weitgehend fachfremd, wie oben erwähnt habe ich vorher schriftlich geklärt welche chirurgischen Abteilungen ich durchlaufen muss vonseiten des LPA/Uni. War alles nichtig.
Auch bei den Belegärzten und den externen Orthopäden (kommen on top teilweise aus Luzern noch zum operieren) muss man als 2. Assistenz Tag ein Tag aus am Tisch stehen.
Da wir vonseiten der UAs massiv unterbesetzt gewesen sind - nachdem die 3 o.g. UA weg waren, waren wir zu 2t, bzw. zeitweise zu 3t, vorgesehen sind wohl mindestens 5, sollten wir zu 2t (da besagter 3. UA keine Dienste machen durfte, da er erst Klinik-Anfänger war) sämtliche Pikett-Dienste übernehmen, zusätzlich zu unseren 50-60h regulären Wochenstunden. Rechtliches Höchstmaß sind 7 Dienste in 4 Wochen + 2 Wochen anschließend Pikett-frei. Das haben wir dann irgendwann angesprochen, weil es absolut nicht leistbar gewesen ist. Dies stieß wiederum auf massives Unverständnis, insbesondere bei den AÄ, da diese überhaupt keine Lust auf Dienste haben und am liebsten alles abturfen und frei machen. Da der Dienstplan der AA+UA weitgehend autark von einer der AÄ geschrieben wird, ist man dem schutzlos ausgeliefert. Nachdem wir mehrmals nachgehakt haben, wurden im Verlauf wenige unserer Piketts von den AA dann übernommen, ohne jedoch jemals annähernd im rechtlichen Rahmen anzukommen. Zusätzlich haben wir im Wechsel jedes Wochenende arbeiten müssen, manche AA haben in 2 Monaten nicht einen Dienst oder ein Wochenende gemacht wohlgemerkt. So kam es dass wir in den zwei Monaten, die wir da waren, so gut wie nie gleichzeitig frei hatten und entsprechend an Unternehmungen nicht groß zu denken war. Insgesamt zur Dienstplanung kann man sagen, auch wenn es einem vor der Ankunft dort ganz anders verkauft wird a la "wir sind alle total nett hier, man kann über die Planung immer mit uns reden" hat man genau null (!!) Einfluss auf irgendwas; eine komplette Fremdsteuerung.
Arbeitsbeginn ist offiziell um 7, wir waren zwecks der Eintritte meist um 6:45 da und sind meist erst gegen 17Uhr rausgekommen - meist hatte dann anschließend einer von uns Pikett-Dienst bis zum nächsten morgen. Dort wurde man zu etwa 50% angerufen um nochmal für OPs reinzukommen.
Letztlich haben wir uns dann bereits frühzeitig entschieden, dass ein ganzes Tertial nicht durchzuhalten ist, da wir bereits nach kurzer Zeit "am Stock" gingen. Sehr schade, da wir wie gesagt eigentlich hochmotiviert nach Wolhusen gekommen sind, das ganz anders vorgestellt haben und uns auch nichts haben zu Schulden kommen lassen. Wir haben somit mithilfe unserer Heimat-Uni nach einer Alternative in D. gesucht und konnten dann nach sehr viel Aufwand, viel Papierkram usw. das Tertial noch splitten. Jetzt am Ende des gesamten Tertials kann ich nur unterstreichen, dass dies trotz des zusätzlichen Aufwandes der absolut richtige Schritt gewesen ist.
Ich habe mir in 2 Monaten ein einziges Mal etwas gewünscht - dass ich bei einer SD-OP eingeteilt werde, damit ich überhaupt mal was Allgemeinchirurgisches sehe. Dort war ich auch erst eingeteilt, wurde dann aber an einem meiner seltenen freien Tage dort aus dem OP-Plan gekickt und natürlich wieder in die Orthopädie gesteckt. Der Umgang mit den AA war von Anfang bis Ende auf allen Ebenen äußerst schwierig, sowohl was Dienstplanung, Alltagsgeschäft wie auch OP-Planung anbelangte! Da das Team alle 2-3 Jahre offenbar auf dieser Ebene wechselt haben wir offenbar im Vergleich mit vorherigen UA großes Pech gehabt (s. alte Berichte).
Der Umgang mit der Pflege war weitgehend gut bis sehr gut, auch am Wochenende bei der alleinigen Stationsbetreuung war dies gut. Dennoch kann ich hier keine 2 geben, da es auch hier eine sehr unangenehme Begegnung gab, bei der die Oberschwester 6 Wochen nach dem Start bei uns ins Büro kam und mich angekeift hat, dass ich (wie alle anderen Mitarbeiter dort auch) Wasser auf Station trinken würde, dies wäre nicht erlaubt..weißte bescheid.
Der persönliche Umgang mit den OA/CA war insgesamt in Ordnung bis gut. Allerdings ist mehrfach durchgedrungen, dass sie entweder gar nicht bescheid wussten, welches Pensum uns vonseiten der AA aufs Auge gedrückt wird oder es ihnen letztlich schlichtweg zugunsten ihrer OPs egal war. Mit den Allgemeinchirurgischen Kollegen hatte man entsprechend wenig zutun. Mit dem Chefarzt Urs Diener (wir waren über ihn in der Chirurgie angestellt), mit dem wir die o.g. Dinge versucht haben zu klären, ist der persönliche Austausch grundsätzlich sachlich und vernünftig möglich. Er meinte mehrfach, dass es bereits mehrere UA gegeben hätte, die ihre Zeit in Wolhusen vorzeitig abgebrochen hätten, die schwierigen Verhältnisse sind also doch mehr bekannt als zunächst erzählt wird. In gut 2 Monaten in Wolhusen habe ich jedoch z.B. nicht ein einziges Mal mit ihm im OP gestanden, was unterstreicht wie wenig Allgemein- und Viszeralchirurgie ich dort gesehen habe.
Zwei "Bonbons" noch zum Schluss: Ich habe - als einziger Mitarbeiter der gesamten Abteilung - alle Tage an Ostern arbeiten müssen, inklusive aller Piketts, konnte mich somit gar nicht vom KH-Gelände entfernen & habe in 8 Tagen ca. 70 Stunden regulär gearbeitet und dazu noch 84 Stunden Pikett-Dienst gehabt. Zu dieser Dienstplanung muss wohl nicht viel hinzugefügt werden. Die AA hatten natürlich ganz überwiegend komplett frei über Ostern. Zusätzlich dazu wollte die Dienstplanerin mir zunächst noch Kompensationstage in der Woche darauf teilweise unterschlagen.
Weiterhin wurden unsere Pikett-Dienste lange Zeit nicht wie vereinbart vergütet. Wir mussten mehrfach bei verschiedenen Stellen persönlich oder per Mail vorstellig werden, um dies "zu erstreiten". So wie es dort gelaufen ist, haben wir jedoch darauf bestanden. Jetzt, Monate nach dem Aufenthalt dort, wurde dies noch entsprechend umgesetzt.
Alles in allem also ein sehr unbefriedigendes halbes Tertial in Wolhusen. Überlegt es euch sehr sehr gut, ob das Bestandteil Eures Praktischen Jahres sein soll.
Viele Grüße
Bewerbung
Beworben habe ich mich ziemlich genau zwei Jahre im Voraus direkt bei der Klinik über Jolanda Wiederkehr. Der Prozess lief soweit reibungslos. Bei sämtlichen anderen Schweizer Spitälern bin ich bereits zu dem Zeitpunkt ausnahmslos auf der Warteliste gelandet. Wohl kein Zufall, dass ausgerechnet dort noch zwei Plätze frei waren ;-)