Vorneweg möchte ich euch sagen, dass an anderen (Augen-)kliniken sicherlich entspanntere Arbeitszeiten geboten und weniger Aufgaben zugeteilt werden. Im Gegenzug für das eingebrachte Engagement wird einem als PJ-ler oder PJ-lerin an der Bonner Universitäts-Augenklinik allerdings auch sehr viel geboten und man ist nach dem Tertial schon gut auf die Weiterbildungszeit vorbereitet.
Ich bin, wie auch alle anderen PJ-ler, durch alle Bereiche (4 Wochen Vorderabschnitt, 4 Wochen Netzhaut, 2 Wochen Station, 2 Wochen OP, 4 Wochen Orthoptik) der Klinik rotiert, gerade in der OP-Rotation kann man extrem viel sehen und auch assistieren. Im Team besteht eine sehr hohe Expertise in allen Bereichen der Augenheilkunde und in aller Regel freuen sich die Assistenz-, Fach- und OberärztInnen über jedes Interesse und beantworten gerne Fragen (natürlich nur wenn es hierfür gerade Zeit gibt).
Mein Arbeitstag startete immer gegen 7:30 Uhr mit einigen Blutentnahmen auf Station und Zugängen im ambulanten OP, gegen 7:45 Uhr gibt es an jedem Tag (außer dienstags) eine kurze Fortbildung für die Ärzteschaft (Montags Case Report, Mittwochs Ophtalmopatho, Donnerstag Journal Club, Freitag Assistentenfortbildung mit wechselnden Themen) samt Morgenbesprechung. Danach war ich meistens noch bis 9 Uhr und in Zeiten in denen ich der einzige PJ-ler in der Klinik und viel los war auch mal bis 10 Uhr mit Blutentnahmen und Zugängen beschäftigt.
Danach konnte ich in der jeweiligen Sprechstunde starten. Zu Beginn habe ich in jeder Rotation einen oder zwei Tage bei einer Assistentin oder einem Assistenten gesessen aber man wird relativ früh dazu ermutigt eine eigene Kabine und Patienten zu übernehmen und diese den Fach- und Oberärzt-/Innen vorzustellen. Am Anfang hat mich das überfordert aber man lernt tatsächlich sehr schnell und braucht auch die Zeit allein mit den Patienten um vernünftig die Untersuchungstechniken und insbesondere die Funduskopie zu erlernen. Bei Fragen kann man sich jederzeit an die Assistenten oder (je nach Sprechstunde) auch an die Oberärzte wenden.
Im Laufe der Sprechstunde klingelt immer mal wieder das Telefon wenn im ambulanten OP mal wieder Viggos gelegt werden müssen, ansonsten bleibt man bis Ende der Sprechstunde in der jeweiligen Abteilung. Danach stehen noch die Arztbriefe für die Patienten, die man gesehen hat an, was, gerade zu Beginn auch seine Zeit braucht. Nachmittags gibt es dazu noch regelmäßig Fortbildungen, die alle sehr zu empfehlen sind aber den Feierabend auch weiter herauszögern. Freitags hat eine erfahrene Assistentin den PJ-Unterricht im Form einer Fragestunde abgehalten (es gibt keine dummen Fragen).
In der Klinik herrscht ein hoher Anspruch an das gesamte ärztliche Team und somit auch an die PJ-ler. Auch wenn das zwischendurch überfordernd sein kann ist man primär zum Lernen in der Klinik und niemand reißt einem den Kopf ab wenn man nur sehr langsam vorankommt oder Fehler macht. Gerade die Stimmung im Assistententeam ist sehr kollegial und freundlich. Hier wurde auch darauf geachtet, dass ich als PJ-ler jeden Tag meine Mittagspause nehmen konnte (im Team ist das ansonsten eher unüblich. Nur die Assistenten, die gerade ihre Forschungstage hatten oder auf Station eingeteilt waren konnten regelmäßig ihre Pause nehmen). Insgesamt habe ich in Bonn eine intensive und arbeitsreiche Zeit verlebt, die ich aber nicht missen möchte. Vor allem wenn man es mit einer Karriere in der Augenheilkunde ernst meint ist man hier an der richtigen Adresse.