OP, Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Diagnostik, Station
Heimatuni
Heidelberg - Fakultaet Heidelberg
Kommentar
Ich habe von Mai 2024 bis September 2024 mein chirurgisches Pflichttertial an der Universitätsklinik in Heidelberg absolviert. Vorneweg kann ich sagen, dass ich (entgegen meiner Erwartungen :D) ein wirklich schönes Tertial hier verbracht habe. Vor allem menschlich (vom Chefarzt bis zum Assistenzarzt, die Teams der OP- und Anästhesiepflege und die Pflege auf Station) habe ich mich sehr wohl gefühlt, klar - Ausnahmen gibt es immer - aber im Großen und Ganzen war die Stimmung gegenüber uns PJlern wirklich wertschätzend. Abzüge gibt es für das Gehalt (= 474€, während die Innere in der Uniklinik 600€ zahlt), den PJ-Unterricht (ist wirklich häufig ausgefallen, wenn er stattgefunden hat, war er dann je nach Dozent von wechselnder Qualität) und die Arbeitszeiten (vor allem in der Viszeralchirurgie bleibt man häufig länger als 16 Uhr, zumindest in der Theorie besteht jedoch die Möglichkeit, sich vom Dienst-PJ auslösen zu lassen)
Organisatorisches: Heidelberg ist für den Start unserer Kohorte endlich dem PJ-Portal beigetreten. Hier bekommt man wirklich IMMER einen Platz in der Chirurgie an der Uniklinik. Nach Portalschluss bekommt man dann eine Mail von der PJ-Koordinatorin. Man kann bis zu 5 Rotationswünsche angeben, von denen bestenfalls 4 berücksichtigt werden, da das 16-wöchige Tertial in 4x 4-wöchige Rotationen aufgeteilt wird. Zur Auswahl stehen: Ambulanz ODER Hipsta (= Heidelberger interdisziplinäre Ausbildungsstation), Viszeralchirurgie (hier sind 8 Wochen Pflicht, davon mindestents 4 Wochen Station, weitere 4 Wochen können in der Ambulanz oder auf Hipsta absolviert werden), Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Urologie, Kinderchirurgie, Orthopädie/Unfallchirurgie (in Schlierbach) und Thoraxchirurgie (in Rohrbach). Ich habe meine Rotationswünsche komplett erfüllt bekommen und bin letztlich in der Ambulanz, auf F0, in der Gefäß- und in der Thoraxchirurgie gelandet. Dazu unten mehr.
Der erste Tag ist ein Einführungstag, an welchem man eine Führung durchs Haus bekommt, die Logbücher und Passwörter für das ISH ausgegeben werden und am Nachmittag noch ein Nahtkurs stattfindet. Man muss während des Tertials 6 Dienste ableisten, davon 4 unter der Woche (von 16 Uhr bis 24 Uhr, nach dem regulären Arbeitstag) und 2 am Wochenende (9.45 Uhr bis 24 Uhr). Im Dienst arbeitet man in der Notaufnahme mit, solange bis die Stationen für Blutentnahmen oder PVKs anrufen oder im OP Unterstützung gebraucht wird. Dienste können bei ausreichend PJlern im Haus zu zweit gemacht werden, dann ist es natürlich deutlich entspannter.
Nun noch ein paar Worte zu meinen Stationen:
Ambulanz: Hier kann man nach kurzer Einarbeitung wirklich viel selbst machen: Anamnese, KU, Sonografie, weitere Diagnostik anmelden, nähen usw. Es hat wirklich viel Spaß gemacht, die Lernkurve war entsprechend der hohen Selbstständigkeit steil. Da auch immer ein Traumatologe im Dienst ist, konnte ich meine opthopädischen KU-Skills auch etwas auffrrischen. Ein bisschen nervig war, dass im Sommer mitunter noch 3 Famulanten da waren (neben uns 2-3 PJlern), was einfach zu viel war. Wir haben uns dann in Früh- und Spätdienste aufgeteilt, was das Ganze etwas entzerrt hat, aber cool war`s irgendwie trotzdem nicht.
F0: Viszeralchirurgische Station, die interdisziplinär mit den Gastroenterologen geteilt wird und auch ein paar IMC-Betten hat. Die eine Hälfte gehört zu Hipsta, ich war allerdings da, als HIPSTA gerade Sommerferien hatte, sodass wir die ganze Station mitbetreut haben. Der Tag startet mit der Frühbesprechung im großen Hörsaal um 7.30 Uhr, danach stehen ein paar Blutentnahmen an (ca. 5 Stück, bei meist 3 PJlern war das mega entspannt :D …jedoch gibt es auf den anderen viszeralchirurgischen Stationen wohl deutlich mehr Blutentnahmen, ich hatte hier einfach Glück) und anschließend konnte man sich der Visite anschließen. Danach (meist gegen 9 Uhr) wurde man entweder in den OP abgerufen (je nach Operateur ist hier neben Haken halten auch mehr drin, ich durfte mal den Darm staplen, Subkutan- und Intrakutannähte üben usw, vor allem intrakutan nähen geht meist immer) oder man hat auf Station mitgearbeitet. Das Team hier war mega, die Ober- und Assistenzärzte haben immer nach sinnvollen Aufgaben für uns gesucht, sodass ich auch hier viel selbst machen konnte (VAC-Wechsel, Briefe schreiben, Konsile anmelden, Visite dokumentieren, Patienten verlegen, Neuaufnahmen usw.). Um 15 Uhr findet die Indikationsbesprechung statt, hier hat man dann die Neuaufnahmen mit OP für den nächsten Tag vorgestellt.
F1: Gefäßchirurgie. Rückblickend war das zusammen mit der Zeit auf der F0 meine beste Rotation. Das Team war hier auch eine 10/10, wenig hierarchisch und super lustig. Als PJler wird man voll integriert, beeindruckend fand ich, dass ich mich einmal namentlich vorgestellt habe und sich Chef-, Ober- und Assistenzärzte auf Anhieb meinen Namen gemerkt haben. Hier startet der Tag ebenfalls mit der Frühbesprechung (2x die Woche um 7.15 Uhr, sonst auch 7.30 Uhr), danach geht es auf Station zum Blutabnehmen, hier helfen die Assistenzärzte mit, sodass man meist auf 3-5 BEs pro Person kam. Danach wird Wert darauf gelegt, dass man bei Visite dabei ist, hier kann man bei den Verbandswechseln mithelfen oder dokumentieren. Es wird viel erklärt und wirklich darauf geachtet, dass man etwas sieht und mitbekommt. Danach wurde man auch hier entweder in den OP abgerufen oder man hat auf Station mitgearbeitet (ABIs, Sono, Neuaufnahmen, Briefe schreiben, …). Sollte es auf Station keine Aufgaben mehr geben, konnte man auch immer im OP bei den endovaskulären Eingriffen zuschauen, sofern man da Lust drauf hatte. Im OP sieht man neben Carotis-TEAs und Femoralis-TEAs auch komplexe Bypass-Operationen sowie offene Aortenprothesenimplantationen. Ich fand vor allem Letzteres sehr beeindruckend. Die Oberärzte und vor allem der Chefarzt sind extrem bemüht, einem während der OP viel zu zeigen und zu erklären und bedanken sich fürs Haken halten. Man fühlt sich wirklich wertgeschätzt.
Thoraxklinik S9: Meine letzte Rotation führte mich nach Rohrbach. Dienstbeginn war auch um 7.30 Uhr. Hier werden keine PJler im OP als Assistenz benötigt, d.h. man kann wirklich frei entscheiden, ob man im OP zuschauen möchte (DaVinci OPs sind sehr zu empfehlen) oder auf Station mithilft. Hier stehen nach der Visite ein paar Blutentnahmen an, dann kommen die Neuaufnahmen, bei denen man Anamnese und KU machen kann. Öfter gibt es aber auch Leerlauf, ich habe dann bei Amboss ein paar Dinge nachgelesen oder einfach gechillt. Da es sich um das Ende meines chirurgischen Tertials gehandelt hat, war zugegebenermaßen vielleicht auch etwas die Luft raus, sodass wir oft ausgiebig Mittagspause im Park der Klinik gemacht haben (das Mittagessen in der Thoraxklinik ist wirklich sehr lecker, kein Vergleich zur Uniklinik). Nachmittags hat man dann noch die am Tag gelaufenen Röntgen der Station in der Indikationsbesprechung vorgestellt und dann ging es meistens gegen 15.30 Uhr nach Hause.
All in all:
Ich kann das Chirurgie-Tertial an der Uniklinik auf jeden Fall empfehlen. Wer Lust hat, hochkomplexe Eingriffe (ich habe Niere-, Pankreas- und Lebertransplantationen mitgemacht) mitzuerleben, ist hier auf jeden Fall richtig. Man muss sich aber bewusst sein, dass man dafür doch häufig erst nach 16 Uhr rauskommt. In kleineren Häusern kann man es sicherlich entspannter haben (sieht dann aber auch entsprechend kleinere Eingriffe). Mein Interesse an Chirurgie wurde auf jeden Fall geweckt :D
Was meine Stationen angeht, hatte ich wohl einfach Glück. Vor allem auf den anderen viszeralchirurgischen Stationen ist man wohl doch häufiger in den klassischen PJ-Aufgaben wie Blutabnehmen und PVKs versunken.
Mein Tipp: Steht für Euch ein! Scheut euch nicht vor Aufgaben, die ihr noch nicht zu 100% beherrscht, ihr seid schließlich zum Lernen hier. Und so simpel wie nervig es auch ist: Stellt euch JEDEM vor, vor allem im OP! Ihr werdet überrascht sein, wie viele sich euren Namen merken und Euch gegenüber positiv gestimmt sind!