Unfallchirurgie, Orthopädie, Urologie, Thoraxchirurgie, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Notfall
Einsatzbereiche
Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, OP
Heimatuni
Berlin
Kommentar
Kurzfassung: Ein super Tertial für alle, die noch nicht ganz wissen, ob und was sie chirurgisch machen wollen, oder die, die nur das Tertial abbummeln wollen. Man rotiert viel rum und bekommt Einblicke auf verschiedene chirurgische Abteilungen, kommt viel in OPs, kann jederzeit gucken gehen. Auf dem Notfall betreut man regelmäßig eigene Patient:innen, macht Anamnesen, körperliche Untersuchungen und bespricht Diagnostik und Procedere mit Assistenzarzt oder direkt mit Oberärztinnen. Dort arbeitet man im Schichtsystem (4x früh, 2x frei, 4x spät, 2x frei, 4x Nacht, 4x frei).
Im OP ist man leider oft nur zum Haken halten eingeteilt. Man sieht zwar viele verschiedene OPs, weil man durch die Abteilungen rotiert, und kann jederzeit Fragen stellen, aber hat wenig Möglichkeiten aktiv mehr zu machen. Am Ende nähen ist oft schon ein Highlight.
Teilweise muss man sich die Arbeit auf Station etwas suchen/ einfordern, weil die Assistent:innen bei so viel Durchrotation oft nicht wissen, was die UAs können und wollen. Generell sollte man relativ proaktiv sein.
- An das Schweizerdeutsch gewöhnt man sich, auch wenn es teils etwas länger dauert.
Freizeitmöglichkeiten sind top im Sommer wie im Winter. Die Athmosphäre im Haus ist gut, jeder wird geduzt, man wird anerkannt als Unterassistent:in. Je nach persönlichem Interesse hat man viele Möglichkeiten viel mitzunehmen. Man wird für drei Monate angestellt und darf (im Gegensatz zu den schweizer Studierenden) in der Zeit keinen Urlaub nehmen. Der wird als ganzes am Ende rangehängt. Trotzdem hat man während der Stationsarbeit immer die Wochenenden frei. Die offiziellen Tertialzeiten werden bescheinigt mit entsprechenden Fehltagen. Die Bezahlung von 1000 CHF reichen nach Abzügen auch aus, um ein gutes Leben in der Schweiz zu haben. Man kann relativ günstig im Personalhaus wohnen mit vielen anderen Studis oder Angestellten vom Spital, was top ist!
Lange Fassung:
- die Schweiz ist ein unglaublich schönes Land: wandern, Radfahren, klettern, baden in Seen ist alles in unmittelbarer Nähe gegeben.
- Mit den anderen Studis im Personalhaus zusammenzuwohnen hat viele Vorteile: wir hatten eine große Terasse, auf der regelmäßig gegrillt wurde, abends wurde zusammen gekocht, gegessen und gespielt. Während der EM haben wir öfter die Spiele zusammen geschaut.
- der Arbeitstag ist lang (10h wirken erstmal abschreckend), aber je nach Station und Jahreszeit recht entspannt. Es kommt natürlich auf die Station und Saison an, aber teilweise waren nur 8-10 Patienten auf Station. Wir haben sehr viele Kaffepausen gemacht. Vor allem nach dem Morgenrapport darf der Kaffee nicht fehlen. Es wird kollektiv gemeinsam Mittag gegessen. Oft kann man auch früher gehen, ja nach Lage auf Station und Assistenzärztin/-arzt.
- Fortbildungen für UA sind theoretisch obligatorisch und meistens auch sehr gut. Es gibt jede Woche eine Anästhesiefortbildung; meistens wöchentlich oder alle zwei Wochen eine weitere Fortbildung verschiedener chirurgischer Fachbereiche über verschiedene Themen. Leider finden die oft nachmittags statt kurz vor Feierabend oder danach, was die Motivation nicht gerade steigert. Zusätzlich gibt es ein Schockraumtraining einmal die Woche, bei dem ATLS im Schockraum durchgesprochen wird. Außerdem donnerstags eine Morgenfortbildung für alle Mitglieder des ärztlichen Personals der Chirurgie, vom Chef bis Unterassistenten über verschiedene Themen. Je nach Abteilung gibt es auch interne Weiterbildungen, bei denen Fälle oder Krankheitsbilder durchgesprochen werden in lockerer Athmosphäre. Man kann jederzeit auch an sämtlichen Fortbildungen in der Klinik teilnehmen, auch anderer Fächer.
- die Organisation ist top. Gleich am ersten Tag kriegt man eine Einführung in sämtliche Systeme und Programme, was ehrlicherweise etwas überfordernd und viel ist, aber grundsätzlich eine gute Einführung. Außerdem eine Rundtour durch gesamte Haus, für die Orientierung brauchts aber ein paar Tage. Man bekommt ein eigenes Telefon, einen Badge, mit dem man (fast) überall reinkommt, einen Account fürs System und einen Schlüssel für Büros. Die Arbeitszeit wird via Badge an der Stempeluhr erfasst und auch überprüft, wobei Minusstunden nicht ins Gewicht fallen.
- Vor Beginn der Anstellung kann man seine Wünsche angeben. Die werden meist berücksichtigt, wenn nicht kann man auch während man da ist noch mal nachfragen, ob es Möglichkeiten gibt zu tauschen, wenn man sich ein Fachgebiet anschauen möchte. Ich hatte mit die meisten Rotationen, war dadurch in vielen Fachgebieten (7), allerdings oft nur eine Woche.
- Es gibt Schließfächer, die man während der Schicht benutzen kann, aber am Ende des Tages räumen muss. Grundsätzlich sind aber je nach Unterkunft die Wege ins Spital so kurz, dass man sich auch zu Hause umziehen könnte.
Unfallchirurgie: war meine erste Rotation. Als Unterassitent läuft man erst mal mit, dokumentiert die Visite und macht Berichte fertig. Aufgaben sind Anmeldungen für Röntgenbilder, Reha und Physiotherapie. Je nach Assitent:in kann man auch eigene Patienten visitieren oder in der Visite vorstellen. Mir persönlich war das nach einer Woche etwas zu viel. Leider wurde ich in der Zeit nicht so viel in den OPs eingeteilt, ist wohl je nach Saison auch unterschiedlich. Es gibt genug Zeit für eine Kaffeepause nach dem Morgenrapport, bei dem die Assistenten sehr gerne mal den Kaffe bezahlen, und eine lange Mittagspause. Ich wurde regelmäßig früher nach Hause geschickt. Bei den OPs ist wie oben schon erwähnt die Hauptaufgabe Haken halten und Fragen stellen. Die Stimmung ist aber gut, alle sind nett und erklären vieles. Wenn man Glück hat, kann man am Ende zunähen, dafür wird sich auch die Zeit genommen und erklärt.
Grundsätzlich wird man in OPs des Fachgebiets eingeteilt und benachrichtigt, wenn es los geht. Ab und zu kann man auch angerufen werden, um woanders einzuspringen. Teilweise muss man sich die Arbeit etwas suchen/ einfordern, weil die Assistent:innen bei so viel Durchrotation oft nicht wissen, was die UAs können und wollen. Generell sollte man relativ proaktiv sein, wie schon oben erwähnt.
Orthopädie: von den Aufgaben ähnlich wie Unfallchirurgie, hauptsächlich Dokumentation und Röntgen-, Reha- und Physiotherapieanmeldung. Verläufe schreiben und Austrittsberichte vervollständigen. Man wird fest für 1-2 OPs am Tag eingeteilt (meist Knie- oder Hüft-TP) und ist oft zweite Assistenz. Auch hier recht entspannte Stimmung während meiner Zeit dort. Die Sprechstunden sind interessant und können besucht werden. Oft schaut man dann zu, kann sicher auch etwas proaktiver an die Sache rangehen.
Notfall: ich war für einen Monat auf dem Notfall eingeteilt und fand die Zeit super. Andere waren sechs Wochen dort und relativ geschlaucht am Ende.
Meist arbeitet man eng mit dem jeweiligen Assistenten zusammen und macht erste Anamnese und Untersuchungen, die man dann rückbespricht und gemeinsam die weitere Diagnostik überlegt. Ja nach Situation ist auch dort Zeit für Teaching. Auch hier wieder Dokumentation, Anmeldungen etc. Klassische UA-Aufgabe ist die Wundversorgung, wer vorher nicht nähen kann, lernt Einzelknöpfe auf dem Notfall. Im Sommer kommen die klassischen Sportunfälle: Radfahrer, Wanderer usw. Das KSGR ist Zentrumsspital der Region Ostschweiz und bekommt dementsprechend viele kompliziertere Fälle aus den kleineren Häusern der Umgebung.
Das Schichtsystem ist anders als in den vorherigen Berichten beschrieben mit 4 Tage Arbeit, 2 Tage frei, nach den vier Nachtdiensten hat man vier Tage Kompensation. Während Spät-, Wochenend- und Nachtdienst wird man öfter in den OP gerufen und kann in dem dann meist kleinen Team eigentlich ganz cool was mitnehmen, wenn es nicht überstressig ist. Je nach Lage kann man in den Nächten zwischen 2 und 4 Uhr gehen und ist dann als Pickett zu Hause. Das heißt, man leitet sein Telefon auf die Handynummer um und muss innerhalb von 30min wieder im Spital bereit sein. Während meiner Zeit wurde aber nie jemand angerufen, nachdem er/sie das Spital verlassen hatte.
Viszeralchirurgie: leider war ich nur eine Woche eingeteilt (erzählt das nicht den Landesprüfungsämtern...), aber alle waren unglaublich motiviert mir was beizubringen und zu zeigen. Da das KSGR Lehrkrankenhaus von Bern ist, kommen regelmäßig Blockpraktikanten, die fest auf der Unfall- und Viszeralchirurgie eingeteilt sind, weshalb die deutschen PJler manchmal diese Rotation verpassen. Muss man beachten, wenn man seine Wünsche angibt. Die Zeit war super, total motivierte AA/AÄ, die einen bei der Visite mitnehmen und selber machen lassen. Man kommt viel in OPs als Assitenz (Kamera führen, Trokare setzen, kleinere Aufgaben wie nähen) und es wird sehr viel erklärt. An den Sprechstunden kann man auch teilnehmen. Besonders hier ist mir die sehr gute Stimmung im Team aufgefallen, jeder unterstützt jeden, die Hierarchien sind flach.
Urologie: eine sehr coole Station, ich hatte sehr viel Spaß. Auch hier hat man die klassischen Uhu- Aufgaben mit Verlaufseinträgen, Berichte schreiben, Nachmittgaskränzli vorbereiten..., kann aber auch oft in die Sprechstunde gehen oder bei OPs zuschauen. Während meiner Zeit wurde eher der Assistenzarzt eingeteilt, aber man war immer im Saal willkommen. Auch bei langen Operationen wie DaVinci-assistierten Prostatektomien kann man zuschauen und Fragen stellen. Ich konnte die Patienten bei der Visite vorstellen oder selber die Visite leiten. Es blieb immer genug Zeit für Teachings, zB. Sono, konnte auch immer mal wieder Patienten schallen vor der Entlassung.
Thoraxchirurgie: auch hier war ich nur eine Woche eingeteilt. Während meiner Zeit waren insgesamt 8 Patienten auf Station, oft nur 1-2 pro Tag (habe keine einzige Visite gesehen, weil die Patienten entweder operiert wurden oder der Assistent alleine gegangen ist). Trotzdem war es sehr gut, es gab viel Teaching (wir hatten viel Zeit dafür), spannende Sprechstunden und früh Feierabend. Auch hier war die ausgesprochen gute Stimmung im Team wieder auffällig. Wenn man Interesse zeigt, wird man mit weit offenen Armen empfangen und kann sehr viel mitnehmen.
Dadurch, dass auch die Assistenzärzt:innen selber viel rotieren, trifft man sich immer mal wieder auf verschiedenen Stationen wieder und lernt sich ganz gut kennen. Gerade zum Ende des Tertials habe ich die Zeit im Spital sehr genossen und viel Zeit mit meinen Lieblingsassistenten im Büro verbracht.
PoA: meine letzte Woche habe ich auf dem PoA verbracht, das präoperative Ambulatorium. Hier ist man Schreibkraft und copy pastet sich die Befunde der Patienten aus den bestehenden Berichten zusammen, bevor man eine kurze Anamnese und körperliche Untersuchung macht. Eine absolut langweilige und teils unnötige Aufgabe. Es empfiehlt sich Kopfhörer mitzunehmen, damit man wenigstens etwas Unterhaltung hat. Man hat etwa 4-6 Patienten am Tag und eine halbe Stunde bis Stunde pro Termin Zeit, bis der nächste kommt. Da man relativ viel gut vorbereiten kann, vergeht die Zeit einigermaßen. Alle, die noch an Doktorarbeit o.ä. schreiben, können das auch getrost machen. Trotzdem ist es auch ganz nett eigene Patienten zu betreuen. Bei Fragen ist immer ein Assistent:in nebenan. Nach dem Termin beim UHU kommen die Patient:innen zur Anästhesie. Lange Mittagspausen und früher Feierabend sind garantiert, trotzdem ist man nach einer Woche froh, wenn man wieder auf Station oder Notfall kommt.
Alles in allem empfehle ich ein Tertial am KSGR unbedingt! Man hat eine super Zeit, lernt tolle Menschen kennen im Spital und im Wohnheim, hat in der Freizeit garantiert Spaß mit all den Möglichkeiten in der Umgebung und wird die Schweiz danach bestimmt vermissen. Fachlich kann man viel mitnehmen, gerade durch viele Fortbildungen und Teachings.
Bewerbung
etwa 1-1,5 Jahre im Vorlauf. Ich hatte Glück, dass eine Stelle freigeworden ist und war in der Zeitplanung flexibel. Einfach eine Mail mit der Bewerbung an Frau Belz (karin.belz@ksgr.ch)