PJ-Tertial Augenheilkunde in St. Joseph Stift (7/2024 bis 10/2024)
Station(en)
Augenheilkunde
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Fazit:
Ich kann ein Tertial in der Klinik für Augenheilkunde des St. Josef-Stifts wärmstens empfehlen. Das Ärzteteam ist überaus freundlich und leistet erstklassige Lehre. Dank wohlwollender Assistenzärzte hat man viel Freizeit und allgemein große Freiheiten. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind, gerade wenn man eine Wohnung ergattert, für PJ-Verhältnisse top. Am St. Josef-Stift habe ich mein schönstes und lehrreichstes Tertial absolviert.
Der einzige Wermutstropfen: Die Zusammenstellung des Teams wird sich bald radikal ändern. Ende 2024 werden zwei Oberärzte die Abteilung verlassen. Im Laufe von 2025 werden vermutlich drei Assistenzärzte es ihnen gleichtun. Auch der Chefarzt wird sich in naher Zukunft verabschieden. Wie sich das auf die Arbeitsatmosphäre auswirken wird, bleibt abzuwarten. Jedoch bin ich zuversichtlich, dass aufgrund mancher Besonderheiten der Klinik die Arbeitsbedingungen auch in Zukunft recht gut sein werden, was sich positiv auf die Stimmung auswirken sollte.
Arbeitsalltag:
Mo/Di/Do/Fr beginnt die Arbeit mit einer Frühbesprechung um 7:55 Uhr, mittwochs hingegen bereits um 7:30 Uhr mit einer Fortbildung. Der Arbeitstag endet gegen 17 Uhr, außer am Freitag, da wird bereits um 13 Uhr Feierabend gemacht. Für gewöhnlich entlassen die Assistenzärzte einen an den langen Tagen bereits ab 14:30 Uhr in den Feierabend. Mittags geht man entweder mit den Assistenzärzten oder mit den PJlern essen. Viele PJler treffen sich auch morgens zum gemeinsamen Frühstück.
Arbeitsatmosphäre und Teaching:
Alle Assistenzärzte sind verdammt freundlich und erklären dem PJ-Studenten unheimlich viel. Sie zeigen sich, genau wie die Patienten, sehr geduldig, wenn man an der Spaltlampe und gerade beim Funduskopieren deutlich länger benötigt als die Ärzte. Gerade zu Beginn ist die Lernkurve extrem steil.
Ich wurde stets respektvoll und kollegial behandelt. Die Zeit im Team war nicht nur sehr lehrreich, sondern auch äußerst witzig. Sie sind jederzeit offen für Smalltalk, über Berufliches wie auch über Privates.
Am ersten Tag hat mir ein Assistenzarzt ein Taschenlehrbuch ausgeliehen (Augenheilkunde, G.K. Lang). Ich kann jedem empfehlen, sich das Buch zuzulegen, da man zwischendurch schnell die Theorie zu einzelnen Krankheitsbildern nachschlagen kann.
Blutentnahmen und VVKs werden selten fällig. Selbst dann machen die Ärzte sie für gewöhnlich selbst. Man hat überhaupt keine fixen Aufgaben. Der Fokus liegt auf dem Lernen. Ich durfte so ziemlich jeden (!) Patienten an der Spaltlampe untersuchen. Zwischen den Patienten besprachen wir teils sehr ausführlich den Befund und die Krankheitsbilder.
Eigene Patienten hatte ich keine. Das liegt vor allem daran, dass die Untersuchungszimmer alle durch Ärzte besetzt sind. Eventuell wäre es mit mehr Initiative möglich gewesen.
Rotationen:
Der Chefarzt hat zu Beginn vorgeschlagen, dass ich zunächst 8 Wochen auf der Station, 8 Wochen in der Ambulanz und 2 Wochen im OP verbringen soll. Ich würde das nicht so streng sehen. Eigentlich kann man sich seine Zeit frei einteilen. Es bietet sich an, zunächst 3-4 Wochen auf der Station zu verbringen, um den Umgang mit der Spaltlampe und das Messen des Augeninnendrucks einzuüben sowie sich ein grundlegendes Wissen über die häufigsten Augenerkrankungen anzueignen.
Man muss nicht blockweise in den OP. Man kann (und sollte) auch zwischendurch bei spannenden Operationen zuschauen. Nach ca. drei Wochen hat man alle Operationen mehrfach gesehen.
Ich fand es auch sehr lehrreich, für einen halben Tag den MFAs bei der Bedienung der technischen Untersuchungsmittel zuzusehen sowie für zwei Tage in die Sehschule zu gehen. Die Optometristin dort ist ebenfalls äußerst nett und man sieht Krankheitsbilder, die einem selten in der Ambulanz begegnen. In der Ambulanz wiederum sollte man regelmäßig durch alle vier Untersuchungszimmer rotieren, weil die Behandlungsschwerpunkte sich von Zimmer zu Zimmer unterscheiden.
Außerdem ist eine Fremdrotation über eine Woche in einen gänzlich anderen Fachbereich möglich. Ich suchte mir die Gynäkologie aus. Die Ärzte dort waren mir gegenüber sehr nett und haben mich, obwohl ich ein Mann bin, überall zuschauen lassen.
PJ-Unterricht:
Im Schnitt fanden wöchentlich etwa zwei bis drei Einheiten PJ-Unterricht statt. Er ist für gewöhnlich ganz nett, wenn auch sehr theoretisch. Insbesondere den Radiologie-Unterricht fand ich lehrreich.
Gehalt:
Die Vergütung setzt sich zusammen aus monatlichen 400 Euro, kostenlosem Frühstück und Mittagessen sowie – je nach Verfügbarkeit – einer kostenlosen Unterkunft im Mitarbeiterwohnheim.
Das Essen schmeckt für gewöhnlich sehr lecker. Mittags hat man die Auswahl zwischen drei Gerichten, von denen zumindest eines für gewöhnlich vegetarisch ist. Außerdem kann man sich am Salat- und Dessertbuffet bedienen. Die PJ-Studenten haben jedes Mal ordentlich zugeschlagen.
Leider stehen für die PJ-Studenten nur sechs Apartments zur Verfügung. Aus meinem Tertial haben somit nur die Hälfte der Interessenten einen Platz ergattert. Am Morgen (ca. 9 Uhr) nach dem Schließen des PJ-Portals erhält man diesbezüglich eine Rundmail des Sekretariats, auf welches man sofort antworten sollte.
Die Unterkunft ist großartig. Sie ist 40 Quadratmeter groß, mit getrenntem Bad, Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer sowie einem Balkon. Sie ist vollständig möbliert und hat sogar einen Ofen. Sie liegt etwa fünf Minuten von der Klinik entfernt im Viertel Schwachhausen. Es ist ein gutbürgerliches Viertel mit einer sehr schönen Architektur, geprägt vom sog. Bremer Haus und Jugendstil. Der Bahnhof ist mit der Straßenbahn zehn Minuten entfernt; zum riesigen Stadtpark geht man zu Fuß ebenfalls maximal 15 Minuten. Der nächste See ist mit dem ÖPNV etwa 35 min entfernt
Freizeit:
Bremen als Großstadt hat erwartungsgemäß viel zu bieten, sei es Kultur, Natur oder Gastronomie. Durch die studentenfreundlichen Arbeitszeiten kann man das Großstadtleben durch und durch genießen. Auch die Landschaft und nahegelegene Städte laden zum Entdecken ein. Bremen hat sicherlich große soziale Probleme, die man aber kaum mitbekommt, wenn man sich vorzugsweise in Schwachhausen und allgemein an schönen Orten aufhält.