Ich war völlig enttäuscht von den 16 Wochen Chirurgie in Liestal. Gelernt habe ich wenig bis nichts. Bis auf manche Assistenzärzte kennt niemand Deinen Namen. Von morgens bis abends wird man in den OP gesteckt und hält Haken bis die Hände abfallen. Ständig wird man verbal angefahren und für sämtliches Misslingen verantwortlich gemacht. Viele Kaderärzte (drei von diesen ausgenommen -diese drei waren immer fair-) sind permanent übel gelaunt und lassen ihren Frust auch gerne an Dir raus. Sie brauchen Dich unbedingt als Hakenhalter, sagen Dir aber während jeder Operation, dass Du unbedingt in die Schweiz und vor allen Dingen nach Liestal habest kommen wollen. Mit den 300 Euro, die monatlich übrig blieben sei man überbezahlt. Du sollest endlich etwas tun für Dein Geld. Jedwedes Personal, auch Assistenz- und Hilfspersonal, versucht einem Kommandos zu geben. Lagerungspfleger genauso wie Anästhesiepfleger, insbesondere letztere. Ein jeder versucht Dich auszunutzen. Studientage gibt es nicht. Fortbildungen habe ich drei erlebt während der ganzen Zeit. Überstunden und Rufdienste, die man nachts bedienen muss, bleiben ohne zeitliche oder finanzielle Kompensation. Je nachdem wie viele bedauernswerte Mitstreiter man hat, so oft bekommt man den Rufdienst. Der Rufdienst muss jeden Tag, 24 Stunden lang an 7 Tagen bedient werden. Dann kann man sich sicher sein, dass man auch nachts in den OP muss. Zum Essen kommt man so gut wie nie. Selbstverständlich wird erwartet, dass man am nächsten Tag wieder zum Dienst erscheint. Ist man auf der Station, ist man der Sekretär. Man füllt Zettel aus oder holt Druckerpatronen aus dem Lager. Überhaupt sind die Aufgaben von Studenten ausserhalb des OPs ein Sammelsurium an Praktikanten- und Botenjobs. Die Eingangsuntersuchungen der Patienten kontrolliert niemand. Untersuchungstechniken zeigt einem auf der Station niemand. Die Stimmung innerhalb der Belegschaft ist schlecht, dies wird durch die Chefetage gefördert. Ein ums andere Mal wird man Dich in Diskussionen um die Verschiedenartigkeit von Deutschen und Schweizern verwickeln, Dir damit das Gefühl geben, dass Du nicht willkommen seist. Unarten und schlechte Angewohnheiten "des Deutschen" sind ein beliebtes Gesprächsthema, und auch, was in Deutschland alles schlecht laufe.
Was ich als positiv empfunden habe, war der Einsatz in der Notaufnahme. Dort konnte man, abhängig aber auch von dem Assistenzarzt, mit dem man eingeteilt war, wirklich etwas lernen und Dinge tun, die unmittelbar mit Medizin in Verbindung stehen. Eine Rotation in die Orthopädie lohnte sich auch noch. Dort ist das Team viel netter und bemüht, einem etwas zu zeigen.
An meine beiden Vorrezensenten: Das meiste von dem, was ihr schreibt stimmt nicht und ihr wisst das auch.
Fazit: Ein Chirurgie-Tertial im Kantonsspital Liestal lohnt sich überhaupt nicht. Es ist dringend davon abzuraten.
Miete (200 Euro), Steuern, Telefongebühren (CHF 1,- pro Tag Grundgebühr plus Gesprächstaxe), Anmeldegebühr bei der Stadtverwaltung CHF 20, Mittagessen in der Cafeteria CHF 9,-; Endreinigung für das Zimmer im Personalwohnheim CHF 80,-